Schleiden – In dem abgedunkelten Raum ist es angenehm kühl. Auf dem Tisch stehen Wassergläser. Karin A., Isolde F. und Marlis W. sitzen und schweigen. Sie sind gekommen, um über ihr ehrenamtliches Engagement zu berichten. Keine leichte Aufgabe für sie, immer wieder geraten sie ins Stocken. Sie zögern, was sie preisgeben wollen und was nicht. Wenn sie erzählen, dann mit Bedacht.
Die drei Frauen sind Sterbebegleiterinnen beim ambulanten Hospizdienst des Caritasverbands für die Region Eifel. Sie kümmern sich mit um Menschen, deren Lebensweg zu Ende geht. Sie halten Hände, lesen vor, gehen spazieren oder sind einfach nur da. Manchmal gehe es auch schlicht darum, „dass die Angehörigen mal mit einem guten Gefühl das Haus verlassen können“, sagt Karin A.. Für sie und ihre Kolleginnen ist ihr Engagement etwas Besonderes, etwas Intimes, das nicht zur Schau gestellt werden soll.
Die schönsten und schwierigsten Momente sind privat
„Männer sind einfach unglaublich Gold wert“
Ehrenamtliche Sterbebegleitung kann im Prinzip jeder machen. Interessierte müssen aber zuvor eine zwölf- bis 14-monatige Ausbildung absolvieren. Insgesamt beinhalte diese rund 100 Stunden, berichtet Ute Braun. Die Ausbildung sei grob in drei Themenfelder gegliedert, sagt sie weiter. Ein Drittel der Zeit gehe es um die Selbsterfahrung der Teilnehmer, welche Lebenskrisen sie schon erlebt haben und auch darum, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Das zweite Drittel der Ausbildung thematisiere Kommunikation, so Braun. Es gehe darum, zu lernen, wie man als Ehrenamtler mit den Menschen, die man begleiten soll, eine Verbindung aufbauen könne. Im letzten Drittel werde den Teilnehmern Rüstzeug an die Hand gegeben. Methoden und Tipps, die für ihre Arbeit hilfreich sein könnten, erklärt Braun.
Wichtiger Bestandteil der Ausbildung sei auch, dass die Ehrenamtler ihre eigenen Grenzen zu definieren lernten. Für ihre Arbeit sei es notwendig, zu wissen, was sie leisten können und was nicht, sagt Braun. Dadurch entwickelten die Teilnehmer auch immer eine konkretere Haltung.
Der Hospizdienst betreut nur Erwachsene, für Kinder brauche es ganz andere Schulungen, erklärt Braun. Aber sie seien mit den Kinderkliniken und -hospizen um Umkreis gut vernetzt und können im Zweifel weitervermitteln. Ansonsten begleiten die Ehrenamtler Menschen jeden Alters. Aber: „Es werden immer mehr Jüngere“, sagt Braun. Aktuell habe die Zahl der 40- bis 70-Jährigen gravierend zugenommen, berichtet Berg. Viele davon seien Krebspatienten.
Das Gros der Ehrenamtler sei bereits im Rentenalter, berichtet Braun weiter. Die meisten sind Frauen. „Es gibt auch immer mal wieder Männer, aber ganz selten“, fügt sie hinzu. Sie und ihre Kollegin Barbara Berg wünschen sich mehr Männer für den Dienst. „Männer sind einfach immer unglaublich Gold wert“, formuliert es Berg. Manchen der zu Begleitenden sei ein Mann an ihrer Seite einfach lieber. Diesen Wunsch können die beiden zurzeit nur bedingt erfüllen.
Seit 2002 gibt es den Hospizdienst des Caritasverbands für die Region Eifel schon. Doch Ute Braun hat das Gefühl, man könne die Leute auf der Straße danach fragen und kaum einer wüsste etwas davon. Sie und Berg finden das ziemlich schade. Gerade die frühzeitige Beratung könne dazu beitragen, möglichst bis zuletzt im eigenen Zuhause bleiben zu können.
Mit dem Hospizdienst betreuen sie den gesamten Eifelteil des Bistums Aachen, von Mechernich über Blankenheim und Hellenthal bis nach Roetgen. Ideal sei es, wenn der Begleiter in der Nähe des Menschen wohne, der eine Begleitung wünsche. Immer gelinge das aber nicht. Gerade im Raum Blankenheim mangele es noch an Ehrenamtlern. Wer Interesse an einer Mitarbeit oder Begleitung hat, kann sich telefonisch unter 02445/8507216 oder per E-Mail beim Hospizdienst melden. (jre)
hospiz@caritas-eifel.de
Die schönsten und schwierigsten Momente, die sie in diesem Ehrenamt bisher erlebt haben, behalten sie deshalb lieber für sich. Ihren vollen Namen möchten sie nicht in der Zeitung lesen. Sterbende erzählten ihren Begleitern oft andere Dinge als ihren Angehörigen, sagt Ute Braun. Zusammen mit Barbara Berg leitet sie den Hospizdienst. Die Menschen, die sie betreuen, müssten sich darauf verlassen können, dass nicht einfach alles weitererzählt werde, was die Begleiter bei ihnen erfahren und hören. Deshalb gibt es auch eine Schweigepflicht für die Ehrenamtler. Das sei für diese aber oft kein Problem, sagt Braun.
Denn viele Ehrenamtler, die zum Hospizdienst kommen, suchten etwas „nur für sich“. Etwas, worüber sie selbst nicht mit ihrer Familie sprächen. Damit die Ehrenamtler dennoch die Chance haben, das Erlebte zu verarbeiten, stehen Braun und Berg immer zu Gesprächen bereit – es gibt Supervisionen und Gruppentreffen mit allen Ehrenamtlern. Karin A., Isolde F. und Marlis W. sind nämlich nicht alleine. Derzeit arbeiten etwa 40 Menschen im Hospizdienst, berichtet Braun.
Unterschiedliche Männer und Frauen im Alter von 40 bis Mitte 80. Sie alle eint, dass sie selbst schon einmal einen Schicksalsschlag erlebt haben. Viele würden erst dadurch sensibel für das Thema Tod und Trauer, berichtet Braun. Entweder sie hätten in diesen Momenten Hilfe gehabt und wollten diese Erfahrung nun weitergeben, oder sie hätten keine Hilfe gehabt und wollten das nun besser machen, beschreibt Braun die Motivation der Ehrenamtler. So ging es auch Karin A., Isolde F. und Marlis W.. Ob es der Verlust von geliebten Menschen war oder eine schwere Krankheit – alle drei haben schon eine Lebenskrise durchwandert.
Karin A. sagt, sie habe durch ihre eigene Geschichte viel gelernt. Vor allem eins: „Man bleibt nicht ewig in einem dunklen Loch gefangen.“ Diese Perspektive wolle sie gerne an andere weitergeben und ihnen damit helfen. Die drei Frauen sind bereits seit einigen Jahren beim Hospizdienst. Verändert einen über diese lange Zeit die Arbeit mit Menschen, die wissen, dass ihr Leben zu Ende geht? Karin A. und Isolde F. können das für sich nicht bestätigen. Marlis W. schon. Die Veränderung mache sich insoweit bemerkbar, „dass ich in mir spüre, dass ich mehr Dankbarkeit entwickle“.
„Wir haben schon Begleitungen über Jahre gehabt“
Mal begleiten sie die Menschen nur eine paar Tage, mal Monate lang. „Wir haben schon Begleitungen über Jahre gehabt“, berichtet Braun. Manchmal könne so eine Begleitung durchaus lebensverlängernd wirken, sagt Berg. Die Ehrenamtler betreuen immer nur eine Person. Wann und wie oft sie diese besuchen, ist ihnen selbst überlassen. Im Durchschnitt seien sie etwa einmal die Woche da, berichten die drei Frauen. Manchmal aber auch häufiger. „Wenn ich spüre, da geht es zu Ende, dann zieht es mich immer wieder dahin“, sagt Marlis W..
Braun und Berg achten darauf, dass der Ehrenamtler und der zu begleitende Mensch zusammenpassen. Meistens werde der Hospizdienst von Angehörigen oder Einrichtungen, beispielsweise Altenheimen, kontaktiert, berichtet Braun. Dann fährt sie oder Berg erst einmal zu dem Betroffenen und führt erste Gespräche. Währenddessen merke sie meist recht schnell, welcher ihrer Freiwilligen zu diesem Menschen passen könne, sagt Braun. Dann fragt sie den Ehrenamtler, und die beiden werden einander vorgestellt. Wenn es passt, bleibt der Begleiter und unterstützt nach den Wünschen des Betroffenen.
Den Menschen, die sie begleiten, tue es oft gut, „selber als Person neu gesehen zu werden“, berichtet Karin A. aus ihrer Erfahrung. Sie und die anderen sprechen nicht gerne von Sterbenden. Sie begleiteten das Leben, sagt Braun. „Wir sitzen ja nicht bei einem Verstorbenem am Bett. Dafür ist der Bestatter zuständig.“ Es sei auch nicht immer nur traurig bei den Menschen, die sie begleiteten, berichtet Isolde F..
„Für mich ist das was Schönes, was Sinnvolles“
Sie und die anderen beiden Frauen haben noch einen Grund, warum sie nur zögerlich über ihr Ehrenamt sprechen. In ihrem Umfeld stoßen sie häufig auf Irritationen, wenn sie davon berichten. Die Menschen verstünden oft nicht, warum sie sich freiwillig mit dem Tod befassten. Sterben sei nach wie vor ein gesellschaftliches Tabuthema. Die Frage „Warum willst du nicht etwas Schönes machen?“ sei eine häufige Reaktion des persönlichen Umfelds, bestätigt auch Berg. Die Frauen verstehen diese Frage nicht. „Für mich ist das was Schönes, was Sinnvolles“, sagt Isolde F., und die anderen nicken zustimmend.
In den vergangenen Monaten konnten sie ihrem Ehrenamt trotz seiner Sinnhaftigkeit nicht nachkommen. Die Corona-Pandemie zwang den Hospizdienst zu einer Pause. Alle Begleitungen, bei denen es nicht deutlich aufs Ende zuging, mussten aussetzen, berichtet Braun. „Wir Koordinatorinnen durften noch gehen, aber nur, wenn jemand wirklich im Sterben lag.“ Und dann auch nur in Schutzkleidung und ohne den Sterbenden berühren zu dürfen. Das sei schwer gewesen, berichten Braun und Berg. „Sie schaffen es nicht wirklich, eine Beziehung aufzubauen“, beschreibt Braun die Situation. Seit Mitte Juli dürfen die Ehrenamtler wieder arbeiten. Einer der Menschen, die sie begleitet haben, verstarb in der Zeit der Corona-Pause.
Die Wassergläser sind leer. Draußen neigt sich der Tag dem Ende entgegen. Karin A., Isolde F. und Marlis W. stehen auf. In wenigen Minuten beginnt das monatliche Gruppentreffen der Ehrenamtler. Auch ihre Kollegen haben die drei in den vergangenen Monaten nicht oft gesehen.
„Männer sind so unglaublich wichtig“
Ehrenamtliche Sterbebegleitung kann im Prinzip jeder machen. Interessierte müssen aber zuvor eine zwölf- bis 14-monatige Ausbildung absolvieren. Insgesamt beinhalte diese rund 100 Stunden, berichtet Ute Braun. Die Ausbildung sei grob in drei Themenfelder gegliedert, sagt sie weiter. Ein Drittel der Zeit gehe es um die Selbsterfahrung der Teilnehmer, welche Lebenskrisen sie schon erlebt haben und auch darum, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Das zweite Drittel der Ausbildung thematisiere Kommunikation, so Braun. Es gehe darum, zu lernen, wie man als Ehrenamtler mit den Menschen, die man begleiten soll, eine Verbindung aufbauen könne. Im letzten Drittel werde den Teilnehmern Rüstzeug an die Hand gegeben. Methoden und Tipps, die für ihre Arbeit hilfreich sein könnten, erklärt Braun.
Wichtiger Bestandteil der Ausbildung sei auch, dass die Ehrenamtler ihre eigenen Grenzen zu definieren lernten. Für ihre Arbeit sei es notwendig, zu wissen, was sie leisten können und was nicht, sagt Braun. Dadurch entwickelten die Teilnehmer auch immer eine konkretere Haltung.
Der Hospizdienst betreut nur Erwachsene, für Kinder brauche es ganz andere Schulungen, erklärt Braun. Aber sie seien mit den Kinderkliniken und -hospizen um Umkreis gut vernetzt und können im Zweifel weitervermitteln. Ansonsten begleiten die Ehrenamtler Menschen jeden Alters. Aber: „Es werden immer mehr Jüngere“, sagt Braun. Aktuell habe die Zahl der 40- bis 70-Jährigen gravierend zugenommen, berichtet Berg. Viele davon seien Krebspatienten.
Das Gros der Ehrenamtler sei bereits im Rentenalter, berichtet Braun weiter. Die meisten sind Frauen. „Es gibt auch immer mal wieder Männer, aber ganz selten“, fügt sie hinzu. Sie und ihre Kollegin Barbara Berg wünschen sich mehr Männer für den Dienst. „Männer sind einfach immer unglaublich Gold wert“, formuliert es Berg. Manchen der zu Begleitenden sei ein Mann an ihrer Seite einfach lieber. Diesen Wunsch können die beiden zurzeit nur bedingt erfüllen.
Seit 2002 gibt es den Hospizdienst des Caritasverbands für die Region Eifel schon. Doch Ute Braun hat das Gefühl, man könne die Leute auf der Straße danach fragen und kaum einer wüsste etwas davon. Sie und Berg finden das ziemlich schade. Gerade die frühzeitige Beratung könne dazu beitragen, möglichst bis zuletzt im eigenen Zuhause bleiben zu können.
Mit dem Hospizdienst betreuen sie den gesamten Eifelteil des Bistums Aachen, von Mechernich über Blankenheim und Hellenthal bis nach Roetgen. Ideal sei es, wenn der Begleiter in der Nähe des Menschen wohne, der eine Begleitung wünsche. Immer gelinge das aber nicht. Gerade im Raum Blankenheim mangele es noch an Ehrenamtlern. Wer Interesse an einer Mitarbeit oder Begleitung hat, kann sich telefonisch unter 02445/8507216 oder per E-Mail beim Hospizdienst melden. E-Mail: hospiz@caritas-eifel.de