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Aus 18. und 19. JahrhundertRheinbacher Schreiner restauriert historische Kutschen

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Bewegte Geschichte: Bereits um 1900 wurde ein Bild dieser Kutsche gemacht, weiß Hanns-Georg Mostert.

Kreis Euskirchen/Rheinbach – Kleine Lackreste zwischen zwei fest verschraubten Teilen – mehr braucht es nicht für Hanns-Georg Mostert, um eine vollkommen ramponierte Kutsche wieder in ihrem ursprünglichen Glanz erstrahlen zu lassen. Der Schreinermeister restauriert originalgetreu in seiner Werkstatt in Rheinbach Kutschen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

Je ramponierter die Kutsche, desto besser. Originalerhaltene Kutschen „fährt man nicht“, erklärt Mostert. „Mir ist es sehr wichtig, die Kutschen wieder so herzurichten, wie sie mal gewesen sind“, sagt Mostert. Der eigene Farbgeschmack zählt für ihn nicht. Bevor es an die Restauration geht, dokumentiert Mostert alles, was an der Kutsche noch erkennbar und verwertbar ist: Er sammelt Stoffreste der Sitze, Farbreste und mögliche Wappen oder ähnliches, die noch erkennbar sind.

Münze und Zeitung aus dem 19. Jahrhundert gefunden

Beim Zerlegen der Kutsche in ihre Einzelteile versucht Mostert, möglichst viele Originalteile zu erhalten, um sie später wieder einbauen zu können. Dabei ist ihm auch schon so manch interessanter Gegenstand in die Hände gefallen. „Ich habe mal eine Münze unter einem Sitz gefunden oder in einer Tasche eine Zeitung aus dem 19. Jahrhundert. Die konnte man auch noch lesen“, erzählt Mostert.

Mostert erledigt fast alles selbst. Nur die Sitze mit neuem Stoff bespannen und die Eisenreifen auf die Räder aufziehen lässt er von anderen Fachleuten erledigen. Bei den Polsterarbeiten unterstützt ihn ein Unternehmen aus Euskirchen, bei den Reifen arbeitet er mit einem Schmied zusammen.

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Die Sitze im Inneren der Reiseberline, die wahrscheinlich einem Richter gehörte, konnten zu einem Liegewagen umgeklappt werden. 

Meist können die Originalmetalle noch verwendet werden, sagt Mostert: Der Schmied bringt sie wieder in Form, weitet sie, zieht sie auf die Holzräder auf und spannt sie neu. Bis zu 50 Jahre halten die Räder dann wieder, so Mostert.

„Jede Kutsche ist ein Einzelstück“, sagt der Schreinermeister. Und genau das mache den Reiz für ihn aus. Die Faszination und Leidenschaft hat Mostert von seinem Vater, der ebenfalls Kutsche gefahren ist, die Wagen restauriert und auch gesammelt hat. „Ich bin mit dem Sammeln und Restaurieren großgeworden“, sagt Mostert. Zwölf Fahrzeuge habe Mostert bereits restauriert, darunter auch einen Leichenwagen und einen Pferdeschlitten.

Kutsche der Gräfin mit Heizung und Schirmständer

Daneben steht bei ihm auch eine Kutsche von Schloss Gymnich aus Erftstadt, die extra für die Gräfin Metternich gebaut worden sein soll – inklusive Heizung, Schirmhalterung und Springrollos im Inneren und dem Wappen an der Tür. Auch einen Wagen, der auf Burg Ringsheim in Flamersheim gefunden wurde, steht bei Mostert.

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Mosterts Gesellenstück: Den heruntergekommenen Friesentilbury hat der Schreiner originalgetreu wiederhergestellt.

Eine besondere Kutsche ist das sogenannte Galacoupé aus Frankreich von Mitte 1800. Mostert geht davon aus, dass das Coupé einem französischen Diplomaten gehörte, der die Kutsche zu Repräsentationszwecken nutzte, beispielsweise, um damit am französischen Palast vorzufahren. Es existiert sogar noch ein Originalfoto aus der Zeit um 1900, auf dem die Kutsche mit zwei Bediensteten, einem Kutscher und zwei Pferden zu sehen ist.

Restauration ist nicht Mosterts sein Brotberuf

Kurz hatte Mostert überlegt, die Restauration beruflich zu machen. Mitte des 19. Jahrhunderts habe es noch große Kutschenbauerwerkstätten gegeben, sagt Mostert. Die seien ein wenig wie heutige Autofabriken gewesen, da viele Gewerke an einer Kutsche beteiligt gewesen seien. Heute sei die Nachfrage gering und die Restauration teuer. Deswegen hat er sich dagegen entschieden und lieber eine Schreinerlehre absolviert und sich eine eigene Werkstatt aufgebaut.

Die Restauration sei zwar mehr als ein Hobby, ein „Liebhaberthema“, wie Mostert sagt, aber eben nicht sein Hauptberuf. Denn das Hobby ist zeitaufwendig und wäre in Arbeitsstunden kaum zu bezahlen. 2000 bis 3000 Stunden investiert Mostert manchmal, je nach Modell und Zustand der Kutsche.

Verzierungen standen für den Wohlstand der Besitzer

So auch bei seinem Gesellenstück, ein Friesentilbury aus dem 19. Jahrhundert. Die Kutsche sei in einem sehr schlechten Zustand gewesen, so Mostert. Einige der Verzierungen, die an dem Wagen waren, konnte er retten und wieder verbauen. Verzierungen, so der Fachmann, seien keine Eigenart eines Wagens, sondern regionale Besonderheiten, die auch den Wohlstand der Besitzer widerspiegeln sollten. Der Friesentilbury habe wahrscheinlich einer reichen Bauernfamilie aus Flandern gehört.

Privates Kutschenmuseum

Kostenlose Besichtigung

Das Kutschenmuseum in Rheinbach kann jederzeit zu den Öffnungszeiten der Schreinerei, montags bis donnerstags von 8 bis 17 Uhr und freitags von 8 bis 13 Uhr, kostenlos besichtigt werden. Um vorherige Anmeldung wird gebeten, telefonisch unter 0 22 26/91 17 040 oder über die Homepage.

Irish-Folk-Session

Jeden ersten Freitag im Monat ab 20 Uhr findet im Coach-House die Irish-Folk-Session statt, zu der jeder ohne Anmeldung kommen kann. Das Coach-House kann auch für Veranstaltungen bis 76 Personen gebucht werden. (jes)

Zur Finanzierung seines Hobbys veranstaltet Mostert regelmäßig Kulturveranstaltungen im Coach-Haus. Außerdem bietet er Kutschfahrten an. Sei es zur Hochzeit oder einfach nur so durch die Region. Im Winter geht es mit dem Schlitten auch durch die Eifel. Denn der Schreinermeister restauriert die Wagen nicht nur, er fährt auch selbst leidenschaftlich gerne Kutsche und ist Mitglied im Fahrverein St. Medardus Zülpich.

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Passend zu den historischen Kutschen kleidet sich Mostert dann auch nach historischem Vorbild: mit Zylinder, Stiefeln und Sakko. Aktuell habe er aber keine Kutsche, an der er arbeitet, denn die Auftragsbücher der Schreinerwerkstatt seien nach der Flut gut gefüllt.