AboAbonnieren

25 Jahre on AirRadio Euskirchen sendet immer noch mit Sondererlaubnis

Lesezeit 5 Minuten

„Kinder“ der ersten Stunden: Redakteurin Susanne Edl und Chefredakteur Norbert Jeub haben die 25-jährige Geschichte von Radio Euskirchen miterlebt.

Kreis Euskirchen – Susanne Edl hatte die Wahl: Radio oder Fernsehen. Genauer gesagt: Radio Euskirchen oder Musiksender Viva 2. Die 46-Jährige entschied sich vor 24 Jahren für Radio Euskirchen. Eine Entscheidung, die rückblickend goldrichtig war. Den Radiosender, der aus der Rheinstraße in Euenheim sendet, gibt es nun schon seit einem Vierteljahrhundert. Der Musiksender wurde am 7. Januar 2002 eingestellt. Nur Chefredakteur Norbert Jeub ist noch länger bei Radio Euskirchen. Mit Volontär Sebastian Tittelbach startete er bei Radio Euskirchen. „Wir waren damals ein Projekt“, erinnert sich Jeub.

Sondergenehmigung seit 25 Jahren

Ehedem war eine Sondergenehmigung der Landesanstalt für Medien notwendig, dass man überhaupt live auf Sendung gehen durfte. Die Sondergenehmigung gibt es auch 25 Jahre später noch, doch der Radiosender ist aus dem Kreis Euskirchen nicht mehr wegzudenken, längst zum Marktführer geworden. Dabei stand der Start am 31. August 1997 unter keinem guten Stern. „In der Nacht zuvor war Lady Di gestorben“, erinnert sich Jeub: „Überall herrschte gedrückte Stimmung. Aber wir wollten zum Sendestart eigentlich eine positive Stimmung verbreiten.“

Deshalb habe man entschieden, sich aus den Nachrichten des Mantelprogramms der NRW-Lokalsender, die eigentlich zum Start gesendet werden sollten, auszuklinken. Jeub: „Das war technisch ziemlich umständlich.“ Und dann das: Der Nachrichten-Jingle erklang und brach mittendrin ab. Danach geschah das Schlimmste, was im Radio passieren kann: Stille, nichts als Stille. Was machte Jeub? Das, was Radiomoderatoren am besten können: drauflos reden.

Corona-Pandemie und Flutkatastrophe

Gemeistert hat das Team von Radio Euskirchen seitdem nicht nur unzählige Livesendungen, sondern auch die Corona-Pandemie und die Flutkatastrophe. „Die vergangenen beiden Jahre waren herausfordernder als die 23 Jahre zuvor“, sagt Jeub. Doch in den Krisen habe sich gezeigt, dass die Arbeit zuvor richtig und gut gewesen sein muss. „Die Menschen haben bei uns angerufen, wenn sie Dinge zu Corona wissen wollten. Wir waren eine Art Corona-Hotline, bevor der Kreis eine solche hatte“, erinnert sich Edl. Und auch in der Flut brachten die Bürger aus dem Kreis dem kleinen Radio-Team eine Menge Vertrauen entgegen. „Plötzlich stand ein Euenheimer Ehepaar vor der Tür. Sie sind vor den Wassermassen geflüchtet, haben bei uns noch Licht brennen sehen und haben geklingelt“, so Jeub.

Der Kreis Euskirchen geht künftig selbst live auf Sendung

Radio einschalten im Notfall

Nach der Flutkatastrophe steckte man beim Kreis Euskirchen schnell die Köpfe zusammen. Herausgekommen ist unter anderem, dass die Warnung besser werden muss.

„Der Reflex vieler Menschen bei einem Alarm ist es, das Radio einzuschalten. So wird es von Behördenseite auch empfohlen. Aber gerade kleine Lokalsender wie Radio Euskirchen stoßen in Zeiten, in denen die Redaktionen vor Ort nicht besetzt sind, an ihre personellen Grenzen“, berichtet Norbert Jeub, Chefredakteur von Radio Euskirchen. Daher biete die in Planung stehende technische Lösung die Chance, für den Katastrophenschutz des Kreises, in entsprechenden Situationen direkt aus der Leitstelle über das Lokalradio Warnhinweise zu geben. Dafür müsse kein Redakteur oder Moderator im Studio sitzen, und es wird viel Zeit gewonnen, erklärt Jeub.

Hoher Stellenwert

Das sieht auch der Kreis Euskirchen so. „Als lokaler Hörfunksender mit einer hohen Reichweite hat Radio Euskirchen für den Katastrophenschutz des Kreises Euskirchen einen hohen Stellenwert“, sagt Martin Fehrmann, Leiter der Gefahrenabwehr im Kreis: „Über das lokale Radioprogramm erreicht der Sender Tausende Menschen, was gerade in einer Katastrophenlage von großer Bedeutung ist.“

Warnungen im Katastrophenfall

Da Radio Euskirchen aber nicht rund um die Uhr aus dem Studio in Euenheim sendet, arbeiten die Kreisverwaltung und der Lokalsender aktuell an einer technischen Lösung, um auch in den Zeiten die Menschen erreichen zu können, in denen das überregionale Mantelprogramm von Radio NRW läuft. Sobald die neue Leitstelle und das neue Lagezentrum im Kreishaus in Betrieb genommen würden, habe die Kreisverwaltung die Möglichkeit, sich live ins Programm einzuklinken, so Fehrmann: „Über diesen direkten Weg könnten im Katastrophenfall Warnungen und weitere Hinweise an die Bevölkerung ohne Zeitverzögerung weitergegeben werden.“

Zudem sei ihm ein Anruf eines Euskircheners nahegegangen. Er habe bei der Leitstelle und der Polizei niemanden erreicht, weil die Leitungen zusammengebrochen waren. In seiner Verzweiflung rief der Mann im Sender an und berichtete dem Chefredakteur, dass in der Kreisstadt ein Mann bis zum Hals im Wasser stehe und dringend Hilfe benötige. Gegen 23.20 Uhr ging dann auch bei Radio Euskirchen an diesem 14. Juli 2021 nichts mehr. Eine Schwankung in der Stromversorgung mitten in einem Hochwasser-Update machte ein wichtiges Gerät unbrauchbar. Die Folge: 20 Stunden Sendeausfall. Nach und nach ging das Team wieder auf Sendung, schob zahlreiche Überstunden, um die Kreisbürger auf dem Laufenden zu halten. „Wir mussten gegen ganz viele Gerüchte ansenden“, so Jeub.

Vergangenheit hat Vertrauen in Sender gestärkt

Bei aller Tragik habe die Katastrophe das Vertrauen in den Sender vertieft. Und wie geht es weiter? Vor einem Vierteljahrhundert hätten viele Menschen dem Sender keine fünf Jahre gegeben. Entsprechend sei es schwierig, eine Prognose abzugeben. „Wir werden uns als Radiosender weiter verändern. Wir machen ja längst nicht mehr nur Radio, sondern verschicken Push-up-Nachrichten aufs Smartphone und bespielen Social-Media-Kanäle“, so Jeub.

Das könnte Sie auch interessieren:

Dass sich die Medienlandschaft weiter verändere, sei klar. Und welchen Wunsch hat er zum Geburtstag? „Mehr Personal“, sagt der Chefredakteur: „Alle weiteren kleineren Wünsche gehen mit diesem großen Wunsch einher“, fügt er hinzu. Drei festangestellte Redakteure umfasst das Team aktuell – eben ein Sender mit Sondergenehmigung, der den Fernsehsender Viva 2 locker überlebt hat.