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Quelle seit Jahren beliebtStadt Mechernich warnt vor Lessenicher Quellwasser

Lesezeit 4 Minuten

In Windeseile hat man sich an der fleißig sprudelnden Quelle in Lessenich mit frischem Wasser versorgt.

Mechernich-Lessenich – Es ist heiß, sehr heiß. Zahlreiche fröhliche Menschen, darunter der Lessenicher Ortsvorsteher Richard Diefenthal und Peter Hagedorn, der Ortsvorsteher aus dem benachbarten Rißdorf, treffen sich an der Wasserquelle in Lessenich und erfrischen sich am kühlen, wohlschmeckenden Nass, das da aus einem Plastikrohr sprudelt.

Quelle von Lessenich zunächst Geheimtipp

Die Wertschätzung des Wassers, das in den Häusern des Dorfes aus den Wasserhähnen kommt, fällt dagegen eher bescheiden aus. Recht negativ äußert sich ein Lessenicher Bürger über das Nass, das man vom Verbandswasserwerk Euskirchen bezieht. Stattdessen laufe „hier erste Wasserqualität in den Bach“.

Die Quelle von Lessenich, die sich am Ortsausgang in Richtung Rißdorf auf der rechten Fahrbahnseite befindet, war zunächst ein Geheimtipp und zieht nun immer mehr Menschen an, die sich vor Ort das munter sprudelnde Wasser in Flaschen abfüllen. „Hier stehen immer mehr Autos“, hat Jan Eschweiler beobachtet. „Das spricht sich rund. Hier kommen so viele, das ist Wahnsinn“, wird gesagt.

Man trinke dieses Wasser schon seit 70 Jahren und habe nie Probleme damit gehabt, heißt es. Und dann wird der schelmische Vorschlag gemacht, man könne doch einen Automaten aufstellen und die erzielten Gewinne der Dorfgemeinschaft zur Verfügung stellen.

Ein Familienvater aus Obergartzem kommt vorbei, in der Hand vier Kästen mit leeren Mineralwasserflaschen. Pascal Floisdorf hält die Flaschen in den Wasserstrahl und erläutert, seine Schwester arbeite als Chemikerin an der Uni Bonn. Sie habe das Wasser für ihn getestet, es sei einwandfrei. „Ich trinke das Wasser seit zwei Jahren und habe meine Schwester gefragt, ob wir es auch den Kleinen geben können.“ Sie habe gesagt, das Wasser sei einwandfrei. „Die wird mir ja wohl keinen Bären aufbinden“, sagt er. Floisdorf glaubt sogar, dass dieses Wasser gesünder als das Leitungswasser ist: „Wir machen alles damit.“

„Ich würde das Wasser nicht trinken wollen“

So einfach darf es sich Helmut Schmitz, der Betriebsleiter der Mechernicher Stadtwerke, natürlich nicht machen: „Die Quelle befindet sich auf einem städtischen Grundstück“, gibt er Auskunft und warnt: „Ich selbst würde das Wasser nicht trinken wollen.“ Denn Trinkwasser unterliege nun mal einer ständigen Aufsicht.

Wollte man das Lessenicher Wasser als Trinkwasser deklarieren, müsse es laufend überprüft werden, was aber nicht geschehe.

Die Quelle befindet sich am 1905 errichteten Wasserbehälter des Dorfes, der sein Wasser von einem 500 Meter entfernten Tal bezieht. In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sei der Ort ans überörtliche Wassernetz angeschlossen worden, erzählen die Lessenicher.

Einer der Bürger hält mit seiner Meinung über die damalige Modernisierung der Wasserversorgung nicht hinter dem Berg: „Hierhin kam eine Kommission, die hatten alle weiße Kittel an. Mit der Taschenlampe haben sie in den Wasserbehälter hineingeleuchtet. Auf dem Wasser schwamm ein kleiner Frosch, das war für die Kontrolleure der Weltuntergang.“

Jede Menge Kalk und Chlor in der Wasserleitung

In den 60er Jahren habe das Verbandswasserwerk die kleineren Gemeinden verrückt gemacht: „Wenn ihr hier nicht mitzieht, könnt ihr euer eigenes kleines Wasserwerk nicht mehr unterhalten“, habe es geheißen. „Die hätten uns das sonst hier unter irgendeinem Vorwand gesperrt, wenn wir nicht mitgemacht hätten. Das war Bangemacherei“, so der Lessenicher.

Und das Ergebnis: Jetzt habe man jede Menge Kalk und Chlor in der Wasserleitung. In der Tat entspricht das vom Verbandswasserwerk den Lessenichern gelieferte Wasser dem Wasserhärtebereich 3 (hart, 18 Grad deutscher Härte). Das führt zu Verkalkungen in Waschmaschine oder Kaffeemaschine, und wer Tee damit kocht, ärgert sich über ein feines Häutchen auf dem Getränk.

„Kein Trinkwasser“

Das Lessenicher Quellwasser ist hingegen weich und schmeckt köstlich. Und manche Menschen tun einiges, um gutes Wasser zu bekommen. Man erinnere sich nur an den ehemaligen Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes, der sich eigens aus Hellenthal weiches Olefwasser für seinen Tee besorgte.

Betriebsleiter Helmut Schmitz gibt jedoch zu bedenken, dass niemand wisse, ob die am Wasserbehälter verwendeten Rohre noch in Ordnung seien. Er erwägt nun, an der Quelle ein Schild mit der Aufschrift „Kein Trinkwasser“ anzubringen. Das dient offenbar der Risiko-Minimierung und funktioniert also ähnlich wie bei einem Verkauf über eBay: Wer dort ein betagtes technisches Gerät anbietet, das durchaus noch funktionieren mag, sagt ausdrücklich, es sei defekt, um jegliche Haftung zu unterbinden. Jeder muss also selbst entscheiden, ob er das Lessenicher Wasser weiterhin trinken will.

Wer das Wasser für Kaffee oder Tee abkocht, ist schon ein wenig mehr auf der sicheren Seite. Und fürs Bügeleisen oder das Aquarium ist das Wasser ohne Einschränkung nutzbar.