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Maßnahmen für die nächste FlutNettersheim will dem Wasser Stauräume schaffen

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Einer Seenlandschaft glich die Bahnhofstraße in Nettersheim zu Beginn der Flutkatastrophe am 14. Juli.

Nettersheim – Konkrete Formen nehmen die Pläne für Hochwasserschutzmaßnahmen in der Gemeinde Nettersheim an. Die Verwaltung plant, über das interkommunale Hochwasserkonzept hinaus Sofortmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Der aktuelle Stand des gemeindlichen Konzepts wurde am Dienstagabend im Entwicklungs-, Planungs-, Bau- und Umweltausschuss präsentiert.

„Wir sind im Hochwasserschutz interkommunal mit den Wasserverbänden unterwegs und stimmen uns dort ab“, so Bürgermeister Norbert Crump. Dieser Prozess werde aber mehrere Jahre dauern. Um den Bürgern der Gemeinde so schnell wie möglich Schutz gegen Hochwasser zu bieten, sollten auch eigene Beschlüsse umgesetzt werden, die in Abstimmung mit den interkommunalen Partnern erarbeitet werden. „Wir müssen eigene Wege gehen, die dem Gesamtkonzept dienlich sind“, sagte Crump. Eventuell sei es möglich, die Sofortmaßnahmen im Herbst in Angriff zu nehmen. „Zur Not müssen wir die aus eigenen Mitteln finanzieren“, kündigte er an. Die Öffentlichkeit solle frühzeitig beteiligt werden, im April solle in einer Bürgerversammlung über die Planung informiert werden.

Nettersheim: Modellrechnungen sind nötig

Wilfried Claesgens, Geschäftsführer des Ingenieurbüros Gotthardt und Knipper, stellte die Planungen vor. „Die alten Erkenntnisse passen nicht mehr“, sagte er. Nicht nur, dass die Voraussagen übertroffen worden seien, nun haben sich auch die Gewässer verändert. Hochwasserschutz sei vor allem vor und hinter dem Ort Nettersheim möglich. Es könnten aber niemals genug Maßnahmen außerhalb der Orte geschaffen werden – dem stünden Nutzung und Besitzverhältnisse entgegen. „Deshalb brauchen wir auch Objektschutz, da nicht alles zu verhindern ist“, erläuterte er. Notwendig seien Modellrechnungen, um bessere Karten auszustellen und Maßnahmen zu berechnen.

Auch müsse ein Schutzziel definiert werden, was gerade durch Land und Bezirksregierung erarbeitet werde. „Was im Juli passiert ist, war HQ-Extrem“, sagte er. Im Hochwasserschutz habe es aber nur HQ-100 gegeben – also ein Hochwasser als Maßstab genommen, das rechnerisch alle 100 Jahre vorkommt. „Der Regen im Juli war so groß, dass es keine Entsprechung gibt“, betonte er. Der Boden sei nass gewesen und habe kein Wasser mehr aufnehmen können. Ziel sei, einen schadlosen Abfluss des Wassers auch bei Starkregen zu erreichen.

Römerplatz: Bereich soll abgesenkt werden

In vier Bereichen sollen Sofortmaßnahmen umgesetzt werden: an Kuhbach/Erft, Genfbach, Urft und in Nettersheim. So wird für die Entlastung von Holzmülheim ein Regenrückhaltebecken bei Frohngau projektiert.

Drei konkrete Maßnahmen sind für Nettersheim in Planung. So soll ein Bereich am Römerplatz abgesenkt werden, um eine Aufstauung zu ermöglichen, bevor das Wasser in den Ort kommt. Ein Rechen soll eingebaut werden, um Treibgut abzufangen, das Brücken blockieren könnte. Dazu gebe es Gespräche mit dem Grundstücksbesitzer. „Hiermit können viele Häuser geschützt werden“, sagte der Ingenieur. Um den Bereich Steinfelder Straße/Bahnhofstraße zu schützen, soll Pfaffenbenden teilweise abgesenkt und mit einer Abschlussmauer versehen werden. Hier stehen laut Crump noch Gespräche aus, da einige Grundstücke in Privathand seien. Auch der Kirmesplatz soll als Überflutungsfläche gestaltet werden. Um das Wasser zu lenken, soll eine Barriere zur Steinfelder Straße geschaffen werden, die auch temporär errichtet werden könnte.

Besonders für den Genfbach seien die Kartierungen bereits sehr weit, da dieser Bereich im Zusammenhang mit der Entwässerung der A1 bereits untersucht sei. Hier gebe es elf Möglichkeiten. Zwei davon, die im Hauptstrom liegen, könnten kurzfristig realisiert werden. Denkbar sind Dämme oder Regenrückhaltebecken, die auch in Kaskadenbauweise errichtet werden können. „Das sind keine Riesenbauwerke, aber sie sind durch die Vielzahl wirksam“, kündigte er an. Ein Problem seien die FFH-Gebiete, die bislang für Bauwerke tabu seien. Ähnliche Untersuchungen werden demnächst auch im Bereich der Urft vorgenommen, wo bisher noch keine genauen Daten erhoben worden seien.

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Das gesamte Projekt Hochwasserschutz müsse aber interkommunal betrachtet werden. „Nettersheim hat einen Anteil an der Urft. Es kann Unterlieger schützen und sich selbst, aber nicht die ganze Urft“, so Claesgens. „Wir müssen mit anderen Kommunen weitergehen, weil es auch andere betrifft“, so Crump.

Am 5. April sei ein Workshop mit den anderen Kommunen des Südkreises und dem Wasserverband Eifel-Rur geplant, in dem neben der Trägerschaft der Fördermaßnahmen auch eine mögliche Förderung von Sofortmaßnahmen besprochen wird.