Für Umweltbildung haben die Nettersheimer 30 Jahre keine Förderung erhalten. Für die Bildung für nachhaltige Entwicklung gibt es 230.000 Euro.
230.000 Euro FörderungNettersheim ist nun Regionalzentrum für nachhaltige Bildung
Eine ganze Reihe von Wirkungstreffern musste das Herzstück der gemeindlichen Aktivitäten in Nettersheim hinnehmen. Zuerst kamen die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, danach die Schäden durch die Flutkatastrophe. Im Sommer 2021 wurde das Naturzentrum am Römerplatz so mitgenommen, dass es eigentlich erst seit Herbst vergangenen Jahres wieder nutzbar ist. Darunter hat auch die Arbeit im Naturerlebnisdorf schwer gelitten.
„Der Konzern“ – so nennt Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump das Naturzentrum ein wenig scherzhaft. Jedoch: Mit dieser Namensgebung liegt Crump nicht so wirklich falsch. Denn seitdem das Naturzentrum im Jahr 1989 gegründet wurde, hat sich eine ganze Reihe von Einrichtungen in seinem Umfeld etabliert.
Nettersheim vermarktet Natur, Fossilien und römische Funde
Nettersheim vermarktet nun seit 35 Jahren mit Geschick das, was es hat: Natur, Fossilien und die archäologischen Funde aus der Römerzeit. Ob Jugendgästehaus, Taverne, Alte Schmiede, Eifelhaus und nun auch das Kloster – alle diese Orte und Einrichtungen bespielen einen anderen Bereich dessen, womit Nettersheim in guten Zeiten auch stets seinen Gemeindehaushalt hat stabilisieren können: die Erwachsenenbildung, Klassenreisen, aber auch Workshops für Familien.
Einen Schwerpunkt bildet dabei die Umweltbildung. Dies ist allerdings ein Begriff, der aus der Mode gekommen zu sein scheint. Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) heißt es stattdessen inzwischen – es ist ein Begriff, den die Vereinten Nationen prägten. Mit ihr sollen die Menschen zu zukunftsorientiertem Handeln befähigt werden. Nun ist das Naturzentrum in Nettersheim als Regionalzentrum für BNE zertifiziert worden. Gleichzeitig wurde der Einrichtung eine Förderung von 230.000 Euro bei einem Fördersatz von 80 Prozent zugesprochen.
Mit anderem Namen gibt's nun Geld für die Umweltbildung
„Die Umweltbildung war immer im luftleeren Raum“, sagt Wolfgang Düx, Leiter des Naturzentrums. Wer dafür zuständig war, sei nicht klar definiert gewesen. Die Folge: Es habe auch keine Förderung dafür gegeben. „Wir hängen also seit über 30 Jahren mit unserer Umweltbildung ohne Förderung im luftleeren Raum“, sagte er. Durch die neue Formel sei der Bereich zu einem Landesprojekt geworden.
„Diese Auszeichnung ist ein Meilenstein“, freute sich daher auch Bürgermeister Crump über die Zertifizierung. Dadurch könne sich das Naturzentrum mit Schulungen und der weiteren Vernetzung mit anderen Naturzentren fortentwickeln.
Eines von 29 Regionalzentren für BNE ist das Nettersheimer Naturzentrum nun und hat damit in der Region eine Alleinstellung. Denn sowohl in der Städteregion Aachen als auch in der Stadt Aachen gebe es nichts Vergleichbares, so Alexander Mauel, Leiter des Naturerlebnisdorfes.
Die Förderung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) könne sowohl für Personalkosten als auch Material verwendet werden. Grundlage für die Zertifizierung und die Förderung sei gewesen, dass die von der UN definierten 14 Nachhaltigkeitsziele beachtet worden seien. Auch sollte sich BNE in den Programmen des Naturzentrums wiederfinden. Bestimmte Angebote können zum Beispiel Schulklassen in Zukunft kostenlos nutzen.
In Nettersheim wird interdisziplinär gearbeitet
So wird im März und im November eine Wochenendakademie für Schüler und Lehrkräfte von weiterführenden Schulen und Berufskollegs über Lichtverschmutzung und den Schutz der natürlichen Nacht durchgeführt. Auch „Baden im Wald“ für Senioren, „Marmor, Stein und Eisen“ für nicht sehende Menschen oder solche mit Sehbeeinträchtigung wurden in diesem Rahmen entwickelt.
Dafür zuständig waren die Archäologin Linda Lorbach und die Biologin Anne Heser. „Das Thema geht alle an“, so Lorbach. In Nettersheim sei es möglich, interdisziplinär damit umzugehen. „Es ist schon eine Besonderheit, dass eine kleine Gemeinde wie Nettersheim über derartige akademisch ausgebildete Fachkräfte verfügt“, sagte Crump.
Durch die Förderung werden die Programme nun ausgebaut, fuhr er fort. Sie seien alle nach dem Leitmotiv des Naturzentrums, „Begreifen durch Erleben“, gestaltet worden. „Wir wollen BNE an die Menschen heranbringen“, sagte der Bürgermeister.
„Durch die Ziele wird die Sicht erweitert“, ergänzte Düx. Es sei nun möglich, ganz neue Zielgruppen zu erreichen und alle Programmpunkte, die es vorher gab, auf neue Möglichkeiten hin zu überprüfen.
Das Programm des Naturzentrums ist online verfügbar.