Der Geburtenreichtum stellt Nettersheim vor teure Herausforderungen. Das Familienzentrum macht Angebote für alle Generationen.
Kinderreiche KommuneNettersheim investiert Millionenbeträge in Schulen und Kitas
Es seien schwierige Zeiten. Das wiederholt Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump vielleicht nicht gern, aber oft, wenn es um die Folgen von Corona, Geflüchtetenunterbringung, Ukraine-Krieg und Flutkatastrophe für seine Kommune geht. Doch trotz aller Schwierigkeiten gibt es mindestens ein Thema, bei dem er sich wohlfühlt: Familien und Kinder. „Wir haben Kinder ohne Ende“, sagt er angesichts des Zuwachses der Gemeindebevölkerung.
Hatte noch vor wenigen Jahren die Bertelsmann-Stiftung in ihren Studien über die demografische Entwicklung auf dem Land ein trostloses Bild gezeichnet, so hat sich der Trend umgekehrt. 570 Kinder im Alter bis zu sechs Jahren sind in der aktuellen Kindergartenbedarfsplanung für Nettersheim erfasst. „Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl haben wir die meisten Kinder im Kreis“, hat Crump ausgerechnet.
Gemeinde Nettersheim investiert Millionen-Beträge in den Kita-Ausbau
Demoskopisch gesehen ist die Entwicklung erfreulich, birgt aber auch Herausforderungen. Mehr Kinder bedeuten mehr Bedarf an Kindergartenplätzen, später an Plätzen in den Schulen. Doch Crump hat für seine Gemeinde eine gute Nachricht für die Eltern: „Für jedes Kind steht ein Kindergartenplatz bereit.“ Dabei sind die Plätze nicht aus dem Himmel gefallen, denn noch in den Jahren 2006 bis 2011 mussten in der Gemeinde Kitas geschlossen werden, weil es keine Kinder gab.
Fast zehn Millionen Euro investiert die Gemeinde deshalb in dieser Legislaturperiode in Kitas, so Crump. Fünf kommunale Einrichtungen gibt es, außerdem zwei von externen Trägern, dazu den Bauwagen – „und alles pickepackevoll“, so Crump. 2,5 Millionen Euro werden in der Kita in Engelgau verbaut, wo bis zum Ende der Sommerferien Raum für zwei neue Gruppen geschaffen wird. Am Nettersheimer Annex, wo über drei Millionen Euro investiert werden, findet eine neue Gruppe Platz neben den bereits bestehenden zwei Kitagruppen.
Auch in die Schulen muss weiter investiert werden
Erfahrungsgemäß bleiben die Kinder nicht in den Kitas, sondern drängen bald in die Schulen. Auch hier stehen größere Investitionen an. Den Sanierungsbedarf in den Grundschulgebäuden in Zingsheim und Marmagen bezifferte Crump mit rund zwei Millionen Euro, die nötigen Investitionen in das Gesamtschulgebäude in Nettersheim mit sieben, in Blankenheim mit 14 Millionen Euro. „Ich bin total dankbar, wir haben einen tollen Rahmen geschaffen“, so Crump. Dazu gehörten auch die soeben beschlossenen Zuschüsse für das Mittagessen und die Kindergartenbeförderung. Es sei schließlich die Aufgabe einer Kommune, Vorsorge für Kinder zu treffen und nicht an ihnen zu sparen.
Doch so werde es nicht weitergehen, sagt Crump: „Wir haben die Spitze erreicht und kommen jetzt in ruhigeres Fahrwasser.“ Kreisweit sinken die Geburtenzahlen nach einem Hoch mittlerweile wieder etwas. „Wir werden dieses Level in den nächsten Jahren halten können.“ Es sei auch daran gedacht worden, dass vielleicht auch wieder Zeiten kommen, in denen weniger Kitaplätze benötigt werden. „Wir haben da vorgesorgt. Alle neuen Gebäude können für eine Folgenutzung verwendet werden“, so Crump.
Familienzentrum Nettersheim mit Angeboten für alle Generationen
Mit seinem Jahresprogramm wirbt das Familienzentrum Nettersheim für zahlreiche Kurse. Dabei ist viel Altbewährtes zu finden, aber auch Neues. Besonders erfreulich sei, dass auch die Neuerungen aus dem vergangenen Jahr gut angenommen worden seien, sagt Bürgermeister Norbert Crump. Und: „Wir haben Zulauf ohne Ende.“ Bereits im vergangenen Jahr sei der Bogen von den Kindern über die Eltern bis zu den Senioren gespannt worden: „Die gehören ja auch zur Familie.“
„Der neue Kurs zum Seniorinnentanzen war ein Selbstläufer“, so Brigitte Wies, die in der Gemeindeverwaltung für das Familienzentrum zuständig ist. Gleich drei Kurse hatten wegen der starken Nachfrage eingerichtet werden müssen. Neu komme in diesem Jahr das Paartanzen dazu. Auch die Ausflüge für Familien, die im vergangenen Jahr neu ins Programm gekommen waren, seien gut nachgefragt worden. Fast alle Kurse, die 2023 angeboten worden seien, seien auch zustande gekommen, informiert Wies. Über 1000 Teilnehmer haben an den rund 100 Kursen teilgenommen – viele davon kamen auch aus anderen Kommunen.
Rund 20 Honorarkräfte leiten die Kurse. Doch sei dabei ein Mangel festzustellen. Mehr Kurse seien möglich, so Wies. „Wir haben beim Kinderturnen mehr Nachfrage als Plätze und würden auch gern eine weitere Spielgruppe anbieten“, sagte sie. Doch selbst über den Kreissportbund und die Sportvereine sei es nicht möglich gewesen, Kursleiter zu finden. „Wer einen Kurs anbieten kann, ist herzlich willkommen, sich bei mir oder Iris Beging zu melden“, warb Wies um Kursleiter.
Programm umfasst rund 100 verschiedene Kurse
Rund 100 Kurse für das Alter von 0 bis 100 finden sich im Programm. „Das ändert sich aber noch, denn einige Kurse stehen noch nicht drin“, sagt Iris Beging. Diese würden aber im Gemeindeblatt oder über die Sozialen Medien beworben werden. Neu seien in diesem Jahr PC- und Handykurse für Senioren. „Die wurden auch gleich gut gebucht“, sagte Wies. Auch gebe es Informationsveranstaltungen über Pflege.
Erweitert worden sei das Angebot von Ausflügen mit der Familie, wo es von der Actionboundrallye mit dem Handy bis zum Alpakaspaziergang gehe. Auch gebe es Workshops zum Abnehmen, Power Yoga oder einen Vortrag zum Familienglück. Als Veranstaltungsort wird nun auch das Haus Nikolaus in Tondorf genutzt. „Da haben wir schnell auf das neue Konzept reagiert“, so Wies.
„Das komplette Angebot ist kostenneutral und finanziert sich über die Teilnahmebeträge“, so Crump. Seit 2007 gebe es das Familienzentrum, das vom ersten Tag an zertifiziert sei. „Die Besonderheit, die wir hier haben, ist, dass das Angebot generationsübergreifend ist“, erklärte er.