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KulturscheuneEin altes Gemäuer in Nettersheim bietet viel Platz für Kunst

Lesezeit 4 Minuten
Drei Frauen, Claudia Meyer (v.l.), Renate Lorentzen und Lisa Zimmermanns, stehen in ienem Innenhof in Nettersheim, in dem viele Pflanzen wachsen. Im Hintergrund ist ein altes Haus zu sehen.

Auf viele Besucher hoffen Claudia Meyer (v.l.), Renate Lorentzen und Lisa Zimmermanns beim Haus- und Hoftrödel.

Ein wohnlich wirkendes Gesamtkunstwerk ist in einer alten Scheune in Nettersheim entstanden. Ein Besuch im Atelier beim Haus- und Hoftrödel lohnt.

Man weiß gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll. Auf die schönen alten, freiliegenden Fachwerkbalken, auf die unzähligen Bilder an den Wänden oder auf die vielen liebevoll platzierten Kleinigkeiten. Die Wirkung ist jedenfalls überwältigend, aus einer alten Scheune in Nettersheim ist ein Gesamtkunstwerk geworden, das trotzdem keineswegs künstlich, sondern ausgesprochen wohnlich wirkt.

Im rechten Winkel zum Fachwerkgebäude steht das Haupthaus der alten Hofanlage, gleichfalls liebevoll hergerichtet, gleichfalls ein Ort der Kunst. Und davor ein Garten, in dem die blühenden Wicken das Regiment übernommen haben, in dem der Lavendel duftet und Wasser plätschert.

Am Sonntag, 11. August, kann man dieses Idyll an der Nettersheimer Grafschaftsgasse betreten. Dann findet der dritte Nettersheimer Dorftrödel statt. Zu diesem Anlass laden Renate Lorentzen, Lisa Zimmermann und Claudia Meyer zum offenen Atelier ins kleine Atelierhaus und in die Kulturscheune ein.

Renate Lorentzen hat den Hof in Nettersheim aus- und umgebaut

Renate Lorentzen lebt seit 1993 auf dem Hof, und sie kann quasi zu jedem Stein, zu jedem Balken eine Geschichte erzählen. Kein Wunder, die 76-Jährige hat das meiste mit eigenen Händen auf- oder umgebaut. „Die Scheune war teilweise eingestürzt, es lag noch Heu und Stroh darin“, erinnert sie sich. Geld sei knapp gewesen, also habe sie selbst angepackt. Habe Balken abgeschliffen, Stahlträger versetzt, Böden verlegt. Einfach getan, was zu tun war.

Im Atelier von Lisa Zimmermanns in Nettersheim sind zahlreiche Bilder und Malutensilien zu sehen.

In ihrem Atelier malt und zeichnet Lisa Zimmermanns nicht nur, sondern unterrichtet auch.

Kleine Holzskulpturen von Claudia Meyer bilden ein Ensemble, das an einen Miniatur-Spielplatz erinnert.

Die Welt im Kleinformat: Aus Holz hat Claudia Meyer einen Miniatur-Spielplatz erschaffen.

Ein Gemälde von Renate Lorentzen steht in Nettersheim auf einer Staffelei vor einer alten Holztür.

Aus der alten Scheune hat Renate Lorentzen ein Gesamtkunstwerk gemacht. Ihre Bilder sind eher zurückhaltend in der Farbgebung.

Renate Lorentzen ist gelernte Krankenschwester und Physiotherapeutin, zwei Jahre hat sie an der Kunstschule in Basel studiert. Heute malt sie mit Fineliner und Aquarell und fertigt Collagen. Aus dem Hof an der Grafschaftsgasse hat sie eine Oase der Kreativität gemacht.

Im Haupthaus wohnt und arbeitet Lisa Zimmermanns. Die studierte Grafikdesignerin betreibt dort eine Malschule für Kinder und Erwachsene. Im Rahmen des Landesprogramms „Kultur und Schule“ weckt sie auch in Kindern den Mut, sich mit Pinsel, Stift und Farbe auszudrücken. „Mir ist es wichtig, den Menschen den Zugang zu ihrer eigenen schöpferischen Kraft zu eröffnen“, sagt Zimmermanns. Das passt gut zu Renate Lorentzens Haltung. Bei ihr trifft sich eine Gruppe zur „Gemeinsamen Frei-Zeit-Kunst“.

In Nettersheim ist eine fast schon verwirrende Vielfalt zu entdecken

So kommt es, dass in beiden Gebäuden nicht nur die Arbeiten der Bewohnerinnen zu sehen sind, sondern auch unzählige Bilder, die in den Kursen oder eben in der schöpferischen „Frei-Zeit“ entstanden sind. Das schafft eine Vielfalt, die fast ein bisschen verwirrend ist, zumal manche Bilder auch Gemeinschaftsarbeiten mehrere Schöpferinnen sind. Aber wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt – und die sollte man unbedingt mitbringen ins Atelierhaus und in die Kulturscheune –, sind die Arbeiten der beiden Künstlerinnen eindeutig zu identifizieren.

Renate Lorentzens Bilder sind meist in der Farbigkeit zurückgenommen, deuten Menschen und Szenerien nur an. Lisa Zimmermanns ist Harmonie wichtig: „Ich möchte, dass man meine Arbeiten gern aufhängt.“

Nicht aufhängen, aber gern aufstellen möchte man die hölzernen Miniaturen von Claudia Meyer. Die Journalistin hat von einer Freundin eine Schreinerwerkstatt geerbt und sich an das Handwerk herangetastet, das sie eigentlich hatte erlernen wollen. Doch damals waren weibliche Auszubildende in Handwerksberufen noch die absolute Ausnahme.

Erst habe sie Gartenmöbel gebaut. Als dann der Walnussbaum gestutzt werden musste, brachten die Äste sie auf die Idee, es mal im Kleinen zu versuchen. Anfangs entstanden Schachteln, mit immer ausgefeilteren Verschlüssen. Dann kamen die Miniaturen: ein Fernsehzimmer, ein Schreibtisch samt Schreibmaschine, ein Kinderspielplatz mit Wippe, Rutsche und Kletterwand. „Ich kann meiner ungebremsten Fantasie freien Lauf lassen“, freut Claudia Meyer sich.


Haus- und Hoftrödel

Zum dritten Mal findet in diesem Jahr der Nettersheimer Haus- und Hoftrödel statt: Am Sonntag, 11. August, 10 bis 18 Uhr, bieten Trödelfreunde in der Hofeinfahrt, Garage oder Scheune wieder jede Menge Haushaltswaren, Dekoartikel, Kleidung oder Spielzeug an – alles, was nicht mehr gebraucht wird, aber zu schade zum Wegwerfen ist.

Mit dem Termin in den Ferien hoffen die Nettersheimer, eine Lücke im Kalender der Trödel-Fans zu besetzen. Denn da ist das Angebot in anderen Orten eher dünn. In vergangenen Jahr hatten mehr als 70 Familien mitgemacht. Jetzt hoffen die Veranstalter auf noch mehr Resonanz bei Teilnehmern und Besuchern.

Pro Haushalt wird ein Beitrag von 10 Euro erhoben, der in den Tagen vor der Veranstaltung eingesammelt wird. Anmeldungen sind weiterhin per E-Mail unter haus-hof-nettersheim@gmx.de möglich. Für die Besucher gibt es am Veranstaltungstag einen Lageplan (digital und analog) mit den Adressen der Teilnehmer.