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Mord in Sötenich„Lebenslang“ für Ralf Schiesberg

Lesezeit 4 Minuten

Ralf Schiesberg, hier im Gespräch mit Verteidiger Albert Stumm, wurde  wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Aachen/Sötenich – Es war Mord. So sehen es die Aachener Richter, die den Sötenicher Ralf Schiesberg gestern zu lebenslanger Haft verurteilten. Der Angeklagte habe seinen Freund in einem Werkstatt-Keller in Sötenich „heimtückisch erschossen“, so der Vorsitzende Richter Dr. Gerd Nohl.

Der 45-jährige Angeklagte nahm das Urteil äußerlich gefasst zur Kenntnis. Auch während der Begründung zeigte er kaum Regungen, schaute abwechselnd vor sich auf den Tisch oder in Richtung des Richters.

Der rekapitulierte in seiner Urteilsbegründung die Tat so, wie sie sich nach Auffassung der Kammer zugetragen hat. Das 32-jährige Opfer aus dem Stadtgebiet Mechernich sei am 17. Januar kurz vor 13 Uhr an einem Werkstattgraben gestorben. „Der Mann ist Opfer eines heimtückischen Mordes geworden“, so der Vorsitzende Richter. Es sei ein außergewöhnliches Verbrechen gewesen, das von „absolutem Vernichtungs- und Tötungswillen“ zeuge. Bereits der erste Schuss im Keller der Sötenicher Autowerkstatt habe dem Opfer das „Herz zerrissen“. Der zweite Schuss mit Schrot-Munition sei ein „absoluter Nahschuss gewesen – mitten ins Genick“. „Jeder Schuss für sich war absolut tödlich“, sagte der Richter.

Nur durch Zufall ans Licht gekommen

Das Verbrechen sei, so Nohl, nur durch einen Zufall ans Licht gekommen. Nur weil beim Planieren auf einer Bauschuttdeponie in Erftstadt-Kierdorf, wo der Angeklagte das Opfer abgeladen hatte, ein Bein zum Vorschein gekommen sei.

„Man stelle sich vor, das Bein wäre nicht zu sehen gewesen. Die Tat wäre wahrscheinlich nie aufgeklärt worden“, so der Aachener Richter. Es sei denn, das schlechte Gewissen hätte einen der vielen Beteiligten und Helfer geplagt. Hier nannte Nohl etwa die „Leichen-Fund

ort-Reinigerin“, eine Frau, mit der Ralf Schiesberg eine Affäre gehabt und die beim Saubermachen der Werkstatt geholfen hatte. Oder den „Mann für alle Fälle“ aus dem Gemeindegebiet Kall, der bei der Beseitigung der Leiche hätte helfen sollen. Oder den „Waffenbeseitiger“, einen Mann, der das Schrotgewehr in mehrere Teile gesägt und in den Rursee geworfen hatte.

Dass der Aachener Richter Dr. Gerd Nohl offenbar Eifel-Krimis von Jacques Berndorf liest, zeigte sich, als er zur Verdeutlichung der Helfertätigkeiten Berndorfs Protagonisten Siggi Baumeister heranzog. Nohl: „Das hätte selbst Siggi Baumeister mit all seiner Lebenserfahrung nicht für möglich gehalten, dass sie alle so bedenkenlos an der Beseitigung von Spuren, der Leiche und der Waffe beteiligt waren.“ Was diese Helfer alle übereinstimmend ausgesagt hätten, sei, dass der Angeklagte ihnen gegenüber niemals erklärt habe, dass einer der Schüsse versehentlich losgegangen sei. Denn Schiesberg hatte im Verfahren zunächst ausgesagt, beide Schüsse hätten sich unbeabsichtigt gelöst. Später sagte er aus, dass lediglich der zweite Schuss aus Versehen losgegangen sei. „Wir sind der Auffassung, dass Ralf Schiesberg hier der Wahrheit zuwider ausgesagt hat“, sagte Richter Gerd Nohl. Die Kammer stützte ihre Auffassung auf die Aussagen der Helfer und die Einschätzung eines Sachverständigen, der ausgesagt hatte, dass sich aus einer solchen Waffe ein Schuss nur schwerlich aus Versehen lösen könne.

Vieles in diesem Verfahren bleibe jedoch im Dunkeln. Mit Blick auf die Angehörigen, die sich in dieser Hinsicht sicherlich Klärung gewünscht hätten, sagte Nohl: „Ralf Schiesberg hat uns leider bei der Suche nach einem Motiv wenig geholfen.“ Nichtsdestotrotz kommen die Aachener Richter zu dem Schluss, dass Ralf Schiesberg seinen „Freund heimtückisch erschossen hat“. Eine besondere Schwere der Schuld sei nicht gegeben. Auch den Extremfall eines strafmindernden „Tyrannen-Mordes“ habe die Kammer nicht feststellen können.

Revision wird „ernsthaft geprüft“

Das sieht Verteidiger Albert Stumm anders. „Ich finde mich in der Begründung der Kammer in ganz vielen Dingen wieder“, so Stumm. Nur in der Bewertung liege man auseinander. „Da bin ich natürlich enttäuscht“, so der Anwalt, der für seinen Mandanten lediglich sechs Jahre Freiheitsstrafe wegen Totschlags gefordert hatte. Das Gericht habe etwa festgestellt, dass es sich um eine spontane Tat gehandelt habe.

Und es habe die verzweifelte Lage seines Mandanten gesehen. „Er wusste sich nicht mehr anders zu helfen“, sagte Stumm. Daher sehe er sehr wohl Anzeichen für eine Bewertung analog zu einem „Tyrannen-Mord“. „Ich denke, dass dieser Fall dazu geeignet ist, dass der Bundesgerichtshof seine Ausführungen, ob es sich in solch einem Fall um Mord oder um Totschlag handelt, präzisiert“, so Stumm. Daher werde er mit seinem Mandaten „sehr ernsthaft das Rechtsmittel der Revision prüfen“. Und so könnte es sein, dass das letzte Kapitel dieses „Eifel-Krimis“ noch geschrieben werden muss.