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Mehr als 15 Jahre im DienstPflegedirektor Thur verlässt Kreiskrankenhaus

Lesezeit 4 Minuten
Kreiskrankenhaus Mechernich

Markus Thur verlässt das Kreiskrankenhaus, Martina Pilgram  führt sie nun alleine, ihr werden fünf Abteilungsleiter zur Seite stehen.

Mechernich – Als Arbeiten zwischen zwei Mühlsteinen skizzierte Geschäftsführer Manfred Herrmann am Donnerstag die Arbeit der Pflegedirektion: Auf der einen Seite sind die Vorgaben und Wünsche der Geschäftsführung umzusetzen, auf der anderen Seite stehen die Mitarbeiter in den Pflegeberufen, die genau damit zuweilen nicht einverstanden sind.

Mehr als 15 Jahre hat Markus Thur diese Aufgabe gemeistert, insgesamt war er gut 27 Jahre im Kreiskrankenhaus Mechernich beschäftigt. In den vergangenen zehn Jahre n bildete er eine Doppelspitze mit Martina Pilgram. Mit dem Abschied Thurs wird die Führung in der Pflege umstrukturiert: Pilgram wird auch Thurs Bereiche übernehmen, zudem gibt es von Oktober an fünf Abteilungsleiter.

Andauernder Veränderungsprozess

Rund 800 Pflegekräfte sind in den Kliniken in Mechernich und Schleiden beschäftigt, viele davon in Teilzeit. Und Thur, so Geschäftsführer Martin Milde, habe für sie immer „gekämpft wie ein Löwe“. Dabei sind die Pflegekräfte in den vergangenen Jahrzehnten einem Veränderungsprozess ausgesetzt gewesen, der längst nicht beendet ist.

Deutlich professionalisierter sei die Arbeit inzwischen, was nach Thurs Einschätzung auch an der deutlich gesunkenen Verweildauer liegt. Dadurch sind womöglich nicht so viele Patienten zu betreuen, dafür aber wesentlich mehr schwere Fälle. Zudem haben die Pflegekräfte die Dokumentation zu stemmen, was rund 40 Prozent der Arbeitszeit ausmacht. Puls, Blutdruck und Temperatur aufschreiben, wie es früher einmal war, reicht da längst nicht mehr aus.

Auch ist laut Thur das Selbstbewusstsein der Pflegekräfte deutlich gestiegen. „Wir müssen weg vom Klatschen und hin zur Wertschätzung“, beschreibt es Thur – und die drücke sich auch in einer adäquaten Bezahlung aus. Unverständlich ist es für ihn, dass Beschäftigte in der Automobilindustrie deutlich weniger Verantwortung tragen als die Pflegekräfte – aber mehr verdienen.

Neue Aufgabe

Veränderungen stehen auch beim Caritasverband für die Region Eifel an, wo Geschäftsführer Rolf Schneider zum Jahresende ausscheidet.

Am 1. Oktober wird Markus Thur dort seine neue Stelle antreten. Als Vorstand wird er künftig mit Ute Stolz die Geschicke des Verbandes lenken.

In Sachen Bezahlung ist das Kreiskrankenhaus an den Tarifvertrag gebunden. Aber das Finanzielle, so Herrmann, sei auch nicht alles. Es gelte, ansprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Etwa dadurch, so Geschäftsführer Thorsten Schütze, dass überall im Haus mehr Kräfte eingesetzt sind, als es gesetzlich durch die Pflegepersonaluntergrenze vorgeschrieben sei.

Auch werden Prozesse weiter optimiert: So werde ab Oktober in einem Pilotprojekt eine operative Aufnahmestation eingerichtet. dort findet dann morgens die Aufnahme der Patienten statt – auf die eigentliche Station kommen sie erst nach ihrer Operation. Dies entlaste die Stationen, weil dort nicht mehr zeitgleich Aufnahmen und Entlassungen stattfinden.

Arbeit auf Augenhöhe

Eine Gleichberechtigung zu den Ärzten nennt Schütze als weiteren Baustein – auch wenn sie wegen der unterschiedlichen Qualifikationen nicht auf monetärer Ebene erreicht werden kann. Dies ist ein Punkt, den Martina Pilgram ebenfalls oben auf ihrer Liste hat. Als Beispiel nennt sie den OP-Bereich, wo sie einiges an Entwicklungs- und Kommunikationsbedarf sieht, damit alle Beteiligten in den Operationssälen auf Augenhöhe arbeiten. Dass sie in einigen Bereichen dicke Bretter zu bohren hat, ist Pilgram bewusst – doch sie will diese Aufgaben genauso mit Freude angehen wie die strategischen Konzepte, die Entlastungen für die Pflegekräfte schaffen sollen.

Gerade in Krisen zeige sich, wie eine Belegschaft zusammenrücken könne. Das sei in der Corona-Phase schon so gewesen, jüngst auch nach der Hochwasserkatastrophe, die laut Herrmann etwa 100 Mitarbeiter massiv getroffen hat. Gerade nach der Flutnacht sei es, so Thur, schwierig gewesen, die Versorgung der Patienten sicherzustellen: Viele Kollegen hatten keine Chance, ihren Arbeitsplatz zu erreichen, zudem war die Kommunikation zusammengebrochen – viele waren in Sorge um ihre Familien, eine Verbindung zum Kreis war nur über Fahrdienste möglich.

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In der Folge habe sich auch im Kreiskrankenhaus große Solidarität entwickelt. Mehr als 100000 Euro beispielsweise haben Mitarbeiter für ihre Kollegen gespendet. 20 Mietwagen hat der Konzern kostenlos zur Verfügung gestellt, um den Mitarbeitern, die über kein Auto mehr verfügten, Mobilität zu ermöglichen. Zudem habe man denen, die ihr Heim verloren haben, Wohnungen angeboten.

Ein derartiges Geben und Nehmen und der Geist, der in einem Haus herrscht, sind für Thur und Schütze auch wichtige Kriterien im Werben um die Fachkräfte. Die hauseigene Schule für Pflegeberufe liefert da einen wichtigen Baustein. Doch angesichts der Tatsache, dass 20 Prozent der Pflegekräfte des Hauses in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, ist es laut Milde entscheidend, die Fachkräfte zu bekommen, sie in die „Familie“ Kreiskrankenhaus zu integrieren – und zu halten.