Schavener Heide – Die Enttäuschung ist groß, das Unverständnis auch. Eine beliebte Mountainbike- und Dirtbike-Strecke auf dem Bundeswehrübungsplatz Schavener Heide wird schon bald der Vergangenheit angehören. In wenigen Wochen soll schweres Gerät anrücken und die Sprunghügel abtragen. Andere Bereiche wiederum sollen zugeschüttet werden.
Damit wird die Bundeswehr, die das Hoheitsrecht über die Schavener Heide hat, zum Spielverderber. Die Strecke ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen sehr beliebt. „Immer wieder wird sich darüber beklagt, dass keiner mehr in der Natur und an der freien Luft spielt. Hier gibt es Kinder, die genau das tun. Und nun wird es ihnen unmöglich gemacht“, ärgert sich Kathrin Magno.
Ihre Söhne seien begeisterte Radsportler, die viel Zeit auf der Strecke verbringen – und dies am liebsten auch künftig tun wollen. Mit diesem Wunsch stehen die Magnos nicht alleine da. „Wir haben in Firmenich und Satzvey mehr als 200 Unterschriften für den Erhalt der Strecke gesammelt. Das ist ein Stimmungsbild, das eine eindeutige Sprache spricht“, berichtet Kathrin Magno im Gespräch mit dieser Zeitung.
Die Unterschriftenlisten sollen nun Ortsvorsteherin Heike Waßenhoven überreicht werden, damit diese bei der Mechernicher Politik vorstellig wird. Geht es nach Magno und anderen Eltern, sollen sich die Politiker für den Erhalt der Mountainbike-Strecke stark machen. „Es würde ja schon reichen, wenn ein Teil der Strecke weiter nutzbar bliebe. Damit wäre den jungen Sportlern ja bereits geholfen“, sagt die Mutter.
Der Feldwebel für Standortangelegenheiten, Christian Küpper, kann den Unmut der Eltern und die Enttäuschung der Kinder nachvollziehen, sagt aber: „Die Strecke befindet sich in einem ausgewiesenen Naturschutzgebiet und darf dort leider nicht sein.“
Nutzung der Strecke mehr oder weniger geduldet
In den vergangenen Jahren sei die Nutzung der Strecke mehr oder weniger geduldet worden. „Das geht aber nun seitens des Bundes- und Landesforstbetriebs nicht mehr, da der Bereich zuletzt stetig erweitert wurde und auch immer mehr Müll in dem Naturschutzgebiet liegengeblieben ist“, so der Soldat. Er stellt gegenüber der Redaktion klar, dass der Standortälteste, Brigadegeneral Roland Brunner, nicht derjenige sei, der diese Strecke nicht mehr haben wolle. Der Feldwebel sagt: „Wir können als Bundesbehörde nicht gegen Bundesgesetz verstoßen. Uns sind in dem Fall schlicht die Hände gebunden.“ Es sei sicherlich nicht schön, die Strecke beseitigen zu müssen, aber leider biete die gültige Gesetzeslage hier keinen Spielraum.
Das Gebiet, in dem in den vergangenen Jahrzehnten die Strecke entstanden ist, gehört laut Küpper zum Bereich 4 des Übungsplatzes: „Wenn eine Einheit in diesem Bereich üben möchte, dann kann sie das im gesamten Areal tun – auch im Abschnitt der Mountainbikestrecke. Dann besteht Gefahr für Leib und Leben.“ Es habe schon seinen Grund, warum der etwa 350 Hektar große Bereich zwischen Schaven, Firmenich, Satzvey und Kommern-Süd von Montag bis Freitag zwischen 7 und 17 Uhr für Zivilisten gesperrt sei. Das gelte auch für die Jugendlichen, die sich in den Weihnachtsferien auf der Strecke tagsüber austobten, weil es schon dunkel sei, wenn die Schavener Heide für die Öffentlichkeit freigegeben sei.
Bußgeld von bis uz 50.000 Euro
Feldwebel Küpper: „Täglich klären wir die Menschen über die Gefahren auf. Die meisten sind nach den Gesprächen einsichtig. Mit manchen reden wir aber auch mehrmals in der Woche.“ Nach dem Landesnaturschutzgesetz können Ordnungswidrigkeiten mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Seit 2011 sei das Areal nämlich ein Naturschutzgebiet.
„Das mag komisch klingen, aber es tut der Natur gut, dass wir hier immer wieder mit Panzern und anderen großen Fahrzeugen üben“, versichert der Feldwebel: „In den Fahrspuren sammelt sich Wasser. Die Mini-Tümpel bieten beispielsweise Kröten einen Lebensraum.“ Sobald sie die Militärfahrzeuge hörten, so Küpper, flüchteten sie.
„Da darf die Natur Natur sein“
Wie der Feldwebel versichert, steht die Bundeswehr im ständigen Austausch mit der Biologischen Station, dem Nabu und dem BUND. „Es gibt Bereiche, die werden von uns komplett gemieden. Da darf die Natur Natur sein“, so Küpper. Unter anderem habe deshalb der Ziegenmelker die Schavener Heide für sich entdeckt. „Die Vogelart war früher weit verbreitet. Mittlerweile ist sie selten. Umso schöner ist es, dass sich hier ein paar Brutpaare angesiedelt haben“, freut sich Küpper.
Er öffnet den Eltern und der Politik aber ein Hintertürchen – wenn auch nicht im direkten Bereich der Schavener Heide. Es gebe sicherlich die Möglichkeit, in einem Waldstück, das an den Truppenübungsplatz grenzt, eine neue Mountainbikestrecke anzulegen – auch mit Hilfe der Bundeswehr. Dazu müsse aber das Gespräch mit dem Landesforstbetrieb gesucht werden.
Historie
Mit dem Bau der Panzerstraße zwischen Wißkirchen und Firmenich fing 1954 alles an. Damals verteidigten Bauern mit Knüppeln und Dreschflegeln ihr Land gegen die belgischen Kettenfahrzeuge – letztlich erfolglos. Vier Jahre später wurde die Schavener Heide bereits von der belgischen Armee als Truppenübungsplatz genutzt.
Bis 1977 rollten belgische Panzer aus Euskirchen in Richtung Schavener Heide. Das Gelände ließen sie nach ihrem Abzug ziemlich verwüstet zurück. Die Bundeswehr forstete den Bestand wieder auf, die Natur erholte sich. Bis 1996 trainierte das Euskirchener Jägerbataillon 532 Reservisten in dem Areal zwischen Firmenich, Satzvey, Schaven und Kommern-Süd.
Für Zivilisten ist der Truppenübungsplatz von Montag bis Freitag zwischen 7 und 17 Uhr gesperrt. Informationen zu den Schließzeiten gibt es unter Tel. 0 22 51/ 9 53 22 77. (tom)