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Museums-Marktplatz in KommernDie Suche nach der seltenen Tankstelle

Lesezeit 5 Minuten

Spektakulärer Transport: Vor fünf Jahren wurde das Quelle-Fertighaus über die Autobahn nach Kommern gefahren. 

  1. Im Kommerner Freilichtmuseum entsteht ein Marktplatz aus einer anderen Zeit.
  2. Das nächste Ausstellungsstück wird eine legendäre Milchbar aus Brühl.
  3. Die Verantwortlichen sind noch lange nicht fertig. Die Suche nach einem besonderen Stück gestaltet sich schwierig.

Mechernich-Kommern – Ein Eiserner Schutzmann, ein Bungalow aus dem Katalog, eine Kneipe, in der Nostalgie genauso wichtig ist wie das kühle Bier, eine gelbe Telefonzelle. Der Marktplatz Rheinland weckt Erinnerungen, lädt zur Zeitreise ein. Seit zehn Jahren wächst die Baugruppe im Kommerner LVR-Freilichtmuseum kontinuierlich. „Die Baugruppe ist ein Alleinstellungsmerkmal. Eins, für das die Besucher gerne ins Museum kommen. Eins, mit dem sie sich identifizieren können“, sagt Museumsleiter Dr. Josef Mangold. Auf dem Areal wolle man zeigen, wie sich Dörfer verändert hätten.

„Deshalb gehören Fachwerkhäuser genau so dazu wie moderne Steinbauten. Oder eben die Kombination. Ein Fachwerkhaus, in dem es plötzlich eine große Glasscheibe gibt, weil ein Friseurgeschäft betrieben wird“, sagt der Experte.

Ein Gebäude pro Jahr nach Mechernich

Pro Jahr komme ein Gebäude hinzu. 20 bis 25 sollen es laut Mangold werden – inklusive Kino, Tankstelle, Eisdiele und geflicktem Straßenbelag. „Die Ausstattung ist leichter zu bekommen als das entsprechende Gebäude“, sagt Carsten Vorwig, der im Museum für den Freilichtbereich zuständig ist. Im Magazin lagern 250 000 museumsreife Stücke. Darunter auch: die orangefarbenen Sessel und der Filmprojektor aus dem Kino Gemünd.

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Auch die komplette Einrichtung einer Eisdiele aus den 1960er Jahren lagert in Kommern – inklusive einer Preistafel, die mit Nagellack ausgebessert worden ist, weil die schwarzen Plastikzahlen abgebrochen sind. Und das Kriegerdenkmal aus Stotzheim, das lange an der Phönixstraße stand. „Auch solche Dinge gehören zu einem stimmigen Bild eines Orts nach dem Zweiten Weltkrieg“, erklärt Mangold.

Der Transport

In der Nacht zum 25. August wird in der Carl-Schurz-Straße in Brühl schweres Gerät aufgefahren. Die legendäre Milchbar soll gegen 1 Uhr auf einen Tieflader gehoben und in einem Stück ins Kommerner Freilichtmuseum gefahren werden – inklusive Straßensperrungen. Genau wie der Quelle-Bungalow im Mai 2014.

Das nächste Objekt, das im Freilichtmuseum eine neue Heimat erhält, erinnert an die Zeit von Rock’n’ Roll und Milchshakes. In wenigen Wochen reist eine Milchbar von Brühl nach Kommern. Als „Milchbar“ war die Kneipe von Mike Smith bekannt, einst ein Kulttreffpunkt der 1950er Jahre. Plattenhüllen der Rolling Stones, Santana und Jimi Hendrix zierten die Wände. Gleich zwei Zeitabschnitte wollen die Historiker des Landesmuseums für Volkskunde nach entsprechender Restaurierung mit der Milchbar sichtbar machen.

Die historische Gastwirtschaft Watteler aus Eschweiler ist das Herzstück der neuesten Baugruppe.

Zum einen den Blick in eine für die Mitte der 1950er-Jahre typische Milchbar, zum anderen soll der Wandel zur Musikkneipe in den 1970er-Jahren deutlich gemacht werden. Wirt Mike Smith zelebrierte die Ära der Musikkneipe bis zuletzt. Sein letztes Konzert feierte er mit einer Rockband am 29. Dezember 2017. „Uns ist wichtig, dass wir Geschichte mit Geschichten verbinden, emotionale Momente fördern. Das funktioniert mit der entsprechenden Einrichtung, mit vielen kleinen Details“, sagt Vorwig.

In der Anfangszeit des Museums habe vor allem das Gebäude im Mittelpunkt gestanden. Mittlerweile sei es genauso wichtig, die Geschichte der Menschen erzählen zu können, die in dem Gebäude gelebt, es zu ihrem Zuhause gemacht hätten.

Fachwerkhäuser aufgereiht

Das soll auch mit dem Fachwerkhaus aus Roggendorf gelingen, das im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert als Stockwerkbau mit Krüppelwalmdach errichtet wurde. Es diente viele Jahre zu Wohnzwecken und ist eines der typischen Fachwerkgebäude, wie sie vielfach an den Dorf- und Marktplätzen im Rheinland zu finden waren. Am Marktplatz Rheinland soll das Fachwerkhaus aus Roggendorf neben dem Torhaus aus Schöneseiffen stehen.

Etwas kleiner, in seiner Wirkung aber nicht minder groß, wird wohl das Fachwerkhaus aus Herkenrath. „Bei einer Grundfläche von 20 Quadratmeter handelt es sich um ein Kleinstwohnhaus. Vermutlich zeitgleich mit dem Wohnteil wurde nach hinten ein Stall angebaut“, erklärt Museumsleiter Mangold.

Bauhistoriker Carsten Vorwig konzipiert den Marktplatz Rheinland im Kommerner Freilichtmuseum.

Aus den fertigen Wandelementen der Baracke errichteten die Eigentümer laut Mangold im hinteren Bereich des Hauses den Stallanbau. Dort zeige sich deutlich das Improvisieren und Wiederverwenden von Materialien nach dem Zweiten Weltkrieg. „Die noch im Original vorhandene Möblierung der 1950er/60er Jahre konnte mit übernommen werden und soll im Museum wieder ausgestellt werden“, sagt Mangold, der seit 13 Jahren das Freilichtmuseum leitet, stolz.

Stolz sei er auch, dass das Konzept „Marktplatz Rheinland“ so gut angenommen werde, es in den Köpfen der Menschen angekommen sei. „Wir sind auf Tipps aus der Bevölkerung angewiesen“, sagt Historiker Mangold. Ohne es abwerten zu wollen, spricht der Museumschef gerne von „zweitrangigen Denkmälern“, auf die man es abgesehen habe. „Gebäude, die bereits unter Denkmal stehen, sind für uns tabu“, erklärt Vorwig.

Die Suche nach der Tankstelle

Als schwierig gestalte sich die Suche nach einer Tankstelle. „Wir suchen eine aus den End-50er-Jahren, eine mit Pilzdach und einem verglasten Tankstellenwärter-Häuschen“, beschreibt Mangold seine Traumvorstellung. Das Problem sei, dass viele unter Denkschutz stünden oder das Areal anderweitig genutzt werde – beispielsweise als Gebrauchtwagen-Verkaufsstelle.

Natürlich fehlt in der Baugruppe der Gartenzwerg nicht.

Zudem sei man auf der Suche nach einem kleinen Kino. Zwar habe man sich die Ausstattung des Gemünder Lichtspielhauses gesichert, das Gebäude sei aber zu groß fürs Museum gewesen, sagt Bauhistoriker Vorwig. Ebenfalls gesichert: sechs Gewächshäuser, die das Aussehen eines durchgeschnittenen Fußballs haben. Mit den Kolping-Gewächshäusern war in den 1980er-Jahren eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eng verbunden.

„Wir können auch in diesem Fall die Geschichte mit den Geschichten der Menschen verbinden“, so Mangold. Ein Umstand, der auch beim Quelle-Fertighaus, der Notkirche aus Overath und dem Bungalow aus Kahlenbusch funktioniert. „Ich weiß nicht, wie viele Besucher sagen, eine orange Küche hatten wir auch. Bei uns standen auch Geranien auf der Fensterbank“, sagt Mangold. Genau das sei das Ziel der Zeitreise in der Baugruppe. (mit Oliver Tripp)