Cyberkriminalität und GrenzschutzInnenminister Herbert Reul zu Besuch in Mechernich
Mechernich – Jedes Problem zuerst benennen. Und dann geduldig sein. Dieser einfache Grundsatz half Herbert Reul schon beim Kampf gegen Clankriminalität und Kindesmissbrauch. „Über Probleme reden und mit kleinen Nadelstichen gegen sie vorgehen – das war alles. Wunder haben auch wir keine vollbracht“, sagte der nordrhein-westfälische Innenminister während seines Besuchs in Mechernich.
Reul war zu Gast bei einer Diskussionsrunde im Gymnasium am Turmhof. Mit den Anwesenden und CDU-Bundestagskandidat Detlef Seif hat er über Innere Sicherheit gesprochen – und darüber, was er von der Gesellschaft erwartet.
Klare Vorstellung von Aufgaben der Polizei
Klare Vorstellungen hat der Innenminister davon, welche Aufgaben auf die Polizei zukommen. „Die Zukunft der Polizei ist nicht auf der Straße, sondern im Digitalen. Die großen Straftaten verlagern sich ins Netz“, sagte Reul: „Und für diese Aufgaben brauchen wir ganz neue Leute, IT-Experten zum Beispiel.“ Das Thema Cyberkriminalität werde noch immer von vielen Unternehmen falsch eingeschätzt: „Jetzt aber werden viele mit Schadsoftware erpresst. So langsam wachen sie auf.“
Wie er gegen Lügen und Hetze in den Sozialen Medien vorgehen wolle, fragte eine Teilnehmerin der Diskussionsrunde. „Grundsätzlich hat jeder erstmal das Recht, für seine Meinung zu werben“, sagte Reul: „Aber es braucht natürlich mehr Regeln im Netz. Es hat sich dort eine Kultur entwickelt, die jede Form der Regulation als einen Anschlag auf die Freiheit betrachtet.
Aber in der Gesellschaft muss man auch mal diskutieren: Wo ist Schluss?“ Informationen über Terrorismus oder Kindesmissbrauch kämen häufig von US-amerikanischen Geheimdiensten. „Wir haben da ganz klar eine Informationslücke“, sagte Reul. Seif pflichtete dem Innenminister bei und sprach von der „Verhinderungstaktik Datenschutz“: „Bei jeder guten Idee kommt direkt das Argument Datenschutz. Darüber ärgere ich mich sehr, weil es unsere Arbeit enorm stört.“
Auch zum Thema Afghanistan äußerte sich Innenminister Reul. Ein ehemaliger Soldat aus dem Publikum sprach ihn auf die Ortskräfte an – und ob geprüft werde, wer überhaupt nach Deutschland komme. „Wir müssen die Menschen, die zu uns kommen, sehr sorgfältig prüfen. Das kann nur mit klaren Kriterien gehen. Alle Innenminister waren sich da einig“, erläuterte Reul. Detlef Seif warnte vor einer großzügigen Aufnahmepolitik: „Wenn wir zu viele holen, dann übersteigt das unsere Kapazitäten. Wir müssen ordnen, steuern, begrenzen.“
Reul will in Polizei investieren
Pläne für die Zeit nach der Bundestagswahl stellte Reul ebenfalls vor. Wie in den vergangenen Jahren will er die Polizei in NRW besser ausstatten. Und das nicht nur materiell, sondern auch personell.
Auch die Polizeiwache Schleiden steht auf seinem Themenzettel: Am Mittwoch stattet er der von der Flut stark betroffenen Wache einen Besuch ab. Bürgermeister Schick bat ihn gleich um eine weitere in Mechernich. Dazu äußerte sich Reul aber nicht direkt.
Um Geduld bat Reul bei der Ausstattung der Polizei: „Das kann dauern. Aber ich werde mein Wort halten.“ (maf)
Reul stellte sich auch einer Frage von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick. Der Mechernicher Verwaltungschef erinnerte an die schwierige Lage in der Flutnacht und den Tagen danach. Dass jeder, egal welcher Partei er oder sie angehöre, in einer derartigen Situation überfordert sei, sei nur zu verständlich. Daher fragte Schick, ob es nicht sinnvoll sein könnte, in den Krisenstäben auch hauptamtliche Katastrophenschützer einzusetzen. Eine fertige Antwort habe er nicht, antwortete Reul. „An zwei Lösungen haben wir schon gearbeitet. Zum einen bieten wir Schulungen an“, antwortete der 69-Jährige. Daran könne nicht nur der jeweilige Verwaltungsvorstand, sondern auch der Ordnungsdezernent teilnehmen.
„Zum anderen habe ich 2018 die Sirenen wieder eingeführt. Das hat man damals nicht ernst genommen und ich wurde heftig dafür kritisiert“, so Reul. Für Reul sind im Katastrophenfall vor allem drei Dinge wichtig: „Anpacken, mitmachen, Verantwortung übernehmen.“ Im Kreis Euskirchen sei das gut gelaufen: „Ich bin von der Solidarität begeistert. Das ist die Gesellschaft, die ich mir vorstelle.“