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Kultur am TurmhofKabarettist Jürgen Becker präsentierte sich in Mechernich in Hochform

Lesezeit 3 Minuten
Der Kabarettist Jürgen Becker bei seinem Auftritt in Mechernich.

Einen Blick in die Zukunft warf in der Aula des Gymnasiums am Turmhof in Mechernich der Kölner Kabarettist Jürgen Becker.

Der Kabarettist Jürgen Becker war mit seinem neuen Programm vor 400 Zuschauern im Mechernicher Turmhof-Gymnasium zu Gast.

Harte Zeiten sind angeblich gute Vorlagen für gelungenes Kabarett. Dies stellte der Kölner Kabarettist Jürgen Becker am Mittwoch mit seinem Programm „Die Ursache liegt in der Zukunft“ unter Beweis. Scharfzüngig sezierte er den Zustand der deutschen Gesellschaft und wusste noch aus fast jedem Missstand eine Pointe zu entwickeln. Rund 400 Zuschauer waren in die Aula des Turmhof-Gymnasiums in Mechernich gekommen und amüsierten sich prächtig über die gut gesetzten Gags.

Natürlich widmete sich Becker kaum der Zukunft – ist doch gerade der Grund für die Unsicherheit, die die Deutschen erfasst hat, dass eben nicht klar ist, was geschehen wird. Schließlich sei die Zukunft immer ungewiss. Inzwischen würden Menschen abends Horrorfilme sehen, um endlich mal heile Welt zu erleben, so Becker. Allein, dass nun immer wieder Länder Nachbarschaftsstreit entwickelten, sei erschreckend. „Das ist, als würde Frankreich das Saarland angreifen. Na gut, das ist ein schlechtes Beispiel, das können sie haben“, ulkte er.

Jürgen Becker: „Was wäre Deutschland schön ohne Bayern...“

So hätten Studien ergeben, dass Menschen in kleinen Ländern wie Finnland oder Dänemark zufriedener seien. Deshalb könne es nicht darum gehen, Fläche hinzuzugewinnen, sondern im Gegenteil etwas loszuwerden. Bayern zum Beispiel. „Was wäre Deutschland schön ohne Bayern...“, schwärmte Becker und führte drei unfähige Verkehrsminister in Folge und eine langweilige Fußball-Bundesliga als Beleg an.

Gekonnt spießte Becker die aktuelle Politik auf, ohne in die bei modernen Comedians so beliebte Nabelschau zu verfallen und seine eigenen Befindlichkeiten zu thematisieren. Stattdessen wirbelte er thematisch durch den deutschen Alltag, immer auf dem Weg zur sorgfältigen Vorbereitung der nächsten Pointe, als würde er ein Thema nur aufgreifen, weil der dazugehörende Gag so gut war. Wie bei dem Bären, dem die Zukunft egal sei, der plane schließlich keine Heizung, der gehe in Winterschlaf. „In der Biologie heißt das Hibernation, in Köln Stadtverwaltung“, landete Becker den abschließenden Treffer.

„China hat künstliche Intelligenz, wir suchen noch die natürliche“

Viele Aspekte hätten die modernen Zeiten, ob Digitalisierung oder die moderne Datensammelwut, die zur Verunsicherung beitrügen. „Wenn Sie zehnmal FDP googeln, bekommen Sie nur noch Werbung für Antidepressiva“, behauptete er, um flott zu China überzuleiten. Das sei der Motor der Weltentwicklung und es habe selbstfahrende Autos, während Deutschland einen Verkehrsminister Scheuer gehabt habe. „Die haben künstliche Intelligenz, und wir suchen noch die natürliche, werden aber auch bei Wissing nicht fündig“, so Becker.

Die Politik sei dagegen wie die Lindenstraße. „Da kann man auch mal ein paar Jahre verpassen und kommt sofort wieder rein“, so der Kabarettist. Kaum eine der Seltsamkeiten des aktuellen Alltags ließ Becker aus. Und legte eine jede mit einer gekonnten Spitze bloß. Ein gelungenes Programm mit vielen überraschenden Pointen ohne aufgesetzten Bildungsauftrag, dargeboten von einem Jürgen Becker in Hochform, war der Garant für einen gelungenen Kabarettabend.