Mechernich-Satzvey – Raphael Dederichs ist aufgeregt. Während die aufgehende Sonne sich langsam über die Bäume schiebt, bereiten Männer in Arbeitshose und Schutzhelm das Abladen von einem 100 Jahre alten Eisenbahnwaggon vor. Im Hintergrund rauscht die Regionalbahn vorbei.
Der Waggon gehört Dederichs. Gekauft hat er ihn von einem Privatbesitzer in Neustadt an der Weinstraße, etwa 260 Kilometer entfernt. Hier im Gewerbegebiet von Satzvey will er dem verrosteten Gefährt mit seiner Geschäftspartnerin Christel Jonas neues Leben einhauchen. Die Idee dazu kam ihm vor gut drei Jahren während eines Urlaubs. Da habe er einen derartigen gesehen, der auf einem Kreisverkehr stand.
„Altes Zeug finde ich schön“, sagt er. Und da er in dem alten Bahngebäude in Arloff wohne, wollte er sich auch einen anschaffen und in den Garten stellen. „Da hätte er schön hingepasst“, sagt der 55-Jährige. Doch der Waggon, den er nun erstanden hat, sei dafür zu groß.
Den Kontakt zum privaten Verkäufer habe ihm Professor Ralf Rudolph, Leiter des Eisenbahnmuseums in Neustadt, vermittelt. Mit einem kleinen Modell-Waggon war Dederichs ins Museum gegangen, auf der Suche nach einem identischen Exemplar in entsprechender Größe. Doch im Museum sei der Kauf eines Waggons nicht möglich gewesen, berichtet Dederichs. Rudolph schickte ihn deshalb zu dem Privatmann. Und der hatte genau so einen, wie ihn sich Dederichs gewünscht hatte.
Die grüne Farbe ist zwar etwas abgeblättert, aber ansonsten sieht der Waggon tatsächlich genau so aus wie das kleine Modell. Der bisherige Besitzer habe das Teil als Kneipe und Partyraum genutzt, weiß Dederichs. Er selbst will daraus eine Art Künstlercafé oder Erlebnis-Gastronomie machen: „Wir müssen mal sehen, was die Stadt uns erlaubt. Zurzeit hat er nur eine Genehmigung, den Waggon auf dem Grundstück abzustellen. 30 000 Euro habe ihn das Projekt bislang gekostet, der Preis für das Grundstück noch nicht mit eingerechnet. Aber er sei noch in den schwarzen Zahlen, so Dederichs.
Eine Transportfirma hat die rund 20 Tonnen schwere Donnerbüchse, wie der Waggon unter Eisenbahnern genannt wird, über Nacht und mit Polizeibegleitung nach Satzvey gebracht. „Das war schon eine Höllentour und hat auch viele Nerven gekostet“, erzählt Dederichs. Sie hätten Straßen befahren, in die würden sich viele Autofahrer nicht trauen, weil sie so eng seien. Aber der Waggon schaffte es unbeschadet nach Satzvey.
Um ihn auf dem Grundstück abstellen zu können, haben Dederichs und Jonas in Eigenarbeit historische Schienen aus dem Jahr 1899 verlegt. Und nun wird ein Kran den alten Waggon darauf heben.
Bedächtig zieht der Kranführer die Donnerbüchse nach oben und schwenkt langsam nach rechts. Dederichs und weitere Helfer ziehen den Waggon zusätzlich mit langen Tauen und achten darauf, dass die Räder passgenau auf den Schienen abgestellt werden. Das Ganze sieht schon ziemlich spektakulär aus.
Als der Waggon sicher steht, ist Dederichs die Erleichterung deutlich anzumerken. Der schwierigste Part ist nun geschafft.