MarienbornDr. Sara Bienentreu ist neue Chefärztin

„Ich bin beruflich wie privat angekommen“, sagt Sara Bienentreu, seit 1. Juli neue Chefärztin in der Fachklinik Marienborn. Die 37-Jährige ist die drittjüngste im Ärzteteam der Klinik in Hoven.
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Zülpich-Hoven – „Ich weiß bis heute nicht so ganz genau, was alles zu meinen Aufgaben gehört. Am entspannendsten und schönsten ist es, wenn ich bei meinen Patienten zur Behandlung bin“, berichtet Dr. Sara Bienentreu mit einem herzerfrischenden Lachen.
Seit 1. Juli ist sie die Chefärztin der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Marienborn gGmbH. „An diesem Tag habe ich das erste Mal in meinem Leben einen Festanstellungsvertrag unterschrieben“, so die 37-Jährige.
In Jülich geboren und aufgewachsen hatte sich Sara Bienentreu bereits während ihrer Zeit als Gymnasiastin für Psychologie interessiert. Für sie stand damals bereits fest, dass sie Humanmedizin studieren und die Fachrichtung Psychologie/Psychiatrie einschlagen wollte.
„Psychologen waren für mich immer die Ärzte ohne Rezeptblock, die dann gefragt sind, wenn die anderen Ärzte nicht weiterkommen. Aber auch für Neurologie habe ich mich damals schon interessiert“, so die Chefärztin.
Mit einem Abitur-Durchschnitt von 1,7 und einem „ziemlich guten Medizintest“ bewarb sie sich in Heidelberg, Münster und Köln um einen Studienplatz . „Ich dachte damals, wenn der erste und damit Wunsch-Studienplatz nicht greift, kämen automatisch die beiden anderen Orte in die Auswahl. Aber weit gefehlt. Weil Heidelberg nicht klappte, waren Köln und Münster damit auch von der Liste.“
Stattdessen bekam die Abi
turientin einen Brief von der Zentralen Studienplatzvergabe. Sie könne ihr Medizinstudium in Rostock beginnen, war darin zu lesen. „Das war 1994, also nicht so lange nach der Wende, und mit Rostock konnte ich damals gar nichts anfangen. Ich habe erst mal meinen Schulatlas herausgeholt und Rostock in der BRD gesucht – und natürlich nicht gefunden“, sagt Bienentreu schmunzelnd.
Als sie die Hansestadt schließlich in der ehemaligen DDR ausgemacht hatte, zögerte sie noch, dorthin zu gehen. „Ich überlegte mir, ein Wartesemester einzulegen oder vielleicht für ein Jahr ins Ausland zu gehen.“ Schließlich nahm sie den Studienplatz in Rostock an, zog in den Vorort Reutershagen und wartete ein gutes halbes Jahr auf einen Telefonanschluss. „Rückblickend würde ich sagen, die zwei Jahre Rostock hätte ich mir sparen können.“
So bewarb sie sich jedes Semester neu auf einen Studienplatz in westdeutschen Städten „Doch da nur das Physikum deutschlandweit anerkannt wurde, im Gegensatz zu den Scheinen, die ich in Rostock zuvor gemacht hatte, wollte ich bis zum Physikum durchhalten“, erinnert sich die junge Chefärztin.
Nach drei Jahren erhielt sie einen Studienplatz in Aachen. „Ich packte sofort meine Koffer und fuhr erst einmal nach Hause nach Jülich. Da hatte ich dann auch noch die Studienplatz-Zusagen für Heidelberg im Briefkasten.“
Aachen oder Heidelberg? Jetzt hatte sie die Qual der Wahl. „Nach zwei Jahren fern der Heimat in Rostock war mir Aachen auf einmal doch zu nah an zu Hause“, so Bienentreu, und so ging sie für insgesamt 14 Jahre nach Heidelberg, als Studentin und später als Ärztin an der Uniklinik – zuletzt als Oberärztin des Zentrums für Psychosoziale Medizin.
Als 2009 dort die ärztliche Leitung wechselte, zog vermehrt die Forschung in die Uniklinik Heidelberg ein. „Für Forschungsarbeiten sind Unikliniken ja auch da. Doch mir war die Patientenversorgung immer wichtiger als Studien und Publikationen. Die Stelle als Oberärztin ermöglichte es mir, die Forschung anderen zu überlassen.“
Obwohl sie eine tiefenpsychologische Ausbildung hatte, arbeitete sie in Heidelberg vor allem verhaltenstherapeutisch. So entdeckte sie ihr Interesse für das biologische Denken in der Psychologie, für die Pharmakotherapie, die psychologische Erkrankungen medikamentenunterstützend behandelt und hier insbesondere für die Medikamentensicherheit. Dabei geht es um die Wechsel- und Nebenwirkungen der eingesetzten Medikamente.
Hierüber hielt sie auch Vorträge und wurde unter anderem in die Fachklinik Marienborn nach Zülpich-Hoven eingeladen. „Da stellte sich mir schon wieder die Frage: Zülpich, wo ist das denn? Obwohl ich ja aus Jülich stamme, hatte ich von Zülpich nie zuvor gehört“, gibt Sara Bienentreu lachend zu. Diesmal war es nicht der alte Schulatlas, der sie aus dem Tal der Unwissenden holte. „Diesmal habe ich gegoogelt.“
Weil sie viel zu früh in der Römerstadt ankam, sah sie sich ein wenig in Zülpich um und auch die Fachklinik an. Und was sie sah, gefiel ihr auf Anhieb: „Ich merkte schnell, die rheinische Mentalität liegt mir doch im Blut. Hier fühlte ich mich sofort wohl.“
Positiv überrascht war sie auch von der Resonanz der Marienborner Ärzte auf ihren Vortrag: „Nach drei Stunden haben wir immer noch diskutiert. Ich fand die Ärzte hier richtig gut, weil sie auch mit eigenen Ideen kamen.“ Überrascht war sie aber, als sie etwas später einen Anruf von Dr. Ioan Teodor Marcea erhielt: „Er sagte mir, ein guter Bauer kümmere sich schon um seine Nachfolge, solange er das Feld noch bestelle und forderte mich auf , eine Bewerbung für seine Nachfolge abzugeben.“
Die 37-Jährige wägte ab: Ihre nicht uninteressante Arbeit an der Uniklinik Heidelberg, allerdings mit einem befristeten Vertrag gegen die Festanstellung in Marienborn und die Nähe zu den Eltern. „Die werden schließlich nicht jünger und als Einzelkind habe ich irgendwie die Verantwortung für ihre spätere Betreuung.“
Es war schließlich auch die Liebe zum rheinischen Karneval, die sie wieder in heimische Gefilde zog. Sie schickte ihre Bewerbung nach Zülpich. Nach einem Kongress in den USA erreichte sie auf dem Frankfurter Flughafen die Mitteilung per Handy: Sie war als neue Chefärztin und Nachfolgerin Marceas auserkoren.
Seit einem halben Jahr wohnt sie inzwischen in Obergartzem. Dort hat sie sich gut eingelebt und kommt in Kontakt mit den Dorfbewohnern, wenn sie im Landmarkt einkauft. Nur ihr Hobby, das Tauchen, muss noch bis zum nächsten Urlaub warten.
In der Fachklinik ist sie die drittjüngste Ärztin im Team. Nach anfänglichem Beschnuppern ist sie als Chefin voll akzeptiert. „Ich kann fürchterlich stur sein, aber kann auch über mich selbst lachen. Nach einem halben Jahr kann ich privat wie beruflich sagen: Ich bin angekommen.“