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Luftreinigung in SchulenRat Euskirchen fasst umstrittenen Beschluss

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Symbolbild

Euskirchen – Die Stadt Euskirchen wird in ihren Schulen raumlufttechnische Anlagen installieren, um den Corona-Infektionsschutz zu verbessern. Die Baumaßnahme gilt für Räume der Schüler und Schülerinnen der Jahrgangsstufen 1 bis 6. Diese Beschlüsse hat der Rat mit großer Mehrheit gefasst. Er setzte sich damit über einen Vorschlag der Verwaltung hinweg.

Über den Nutzen von Luftreinigungsanlagen in Schulen wird in Euskirchen seit langem kontrovers diskutiert. In den politischen Gremien hatte das Thema zum ersten Mal schon vor etwa eineinhalb Jahren auf der Tagesordnung gestanden.

Die Stadtverwaltung berief sich stets auf eine Expertise des Umweltbundesamtes. Demnach sei die „möglichst natürliche Belüftung von Schulräumen die wirksamste und gesündeste Möglichkeit zur Vermeidung einer Übertragung des SARS-CoV-2-Erregers durch Aerosole“.

Eine technische Aufrüstung sei nur sinnvoll, wenn „eine natürliche Belüftung von Schulräumen aus baulichen Gründen nicht erfolgen kann“. Dies sei in den städtischen Schulen aber nicht der Fall.

Im Juni forderte der Stadtrat die Verwaltung dennoch auf, Förderanträge für den Einbau der Anlagen einzureichen, für den verbleibenden Eigenanteil einen Finanzierungsplan aufzustellen und bei den Schulkonferenzen den Bedarf abzufragen.

Die Kosten

Der Stadtbetrieb Zentrales Immobilien-Management (ZIM) hat in der Zwischenzeit als Investitionssumme knapp 8,4 Millionen Euro ermittelt. An Fördermitteln wurden 4,3 Millionen Euro zugesagt, weitere 506 000 Euro könnten hinzukommen, wie der Erste Beigeordnete Alfred Jaax jetzt dem Rat mitteilte. Bleibt ein städtischer Anteil von 3,6 Millionen.

Die Verwaltung

Jaax bekräftigte, dass die Verwaltung den Einbau von raumlufttechnischen Anlagen nach wie vor ablehne. Er führte weitere Argumente an: Erstens würde dadurch der Schulbetrieb belastet, zweitens wegen der Kosten, drittens fehle ZIM das Personal, zumal die Beseitigung von Flutschäden Vorrang habe. Nicht zuletzt seien die Anlagen „klimapolitisch fragwürdig“, so der Dezernent.

Die Schulen

Jaax verwies auch auf die Stellungnahmen der Schulen. Sie hatten mit Blick auf die „schwierige fachliche und rechtliche Einschätzbarkeit“ die bei der Bezirksregierung angesiedelte Schulaufsicht um Rat gefragt. Das Ergebnis: Eine Entscheidung über den Einbau von Filteranlagen falle nicht in die Zuständigkeit der Schulkonferenzen.

Die Entscheidung liege vielmehr beim Schulträger, ergänzten Gesamtschule, das Emil-Fischer-Gymnasium und das Gymnasium Marienschule. Sie erbaten darüber hinaus „eine fachliche Expertise hinsichtlich der Folgewirkungen der Anlagen“, wie der Beigeordnete es formulierte.

Er lenkte den Blick noch auf einen weiteren Aspekt: Die Schulleitungen hätten erklärt, dass es sich bei Covid-19-Erkrankungen in den Schulen stets um „Einzeleinträge von außen“ gehandelt habe. Eine Infektionskette in einer Schule habe sich bisher in keinem Fall nachweisen lassen.

Die Eltern

Die Grundschulen sahen die Abfrage durch die Stadt ebenfalls kritisch. Einige befragten die Eltern nach deren Meinung. Die Mehrheit befürwortete zwar generell eine Installation der Geräte. Gleichzeitig formulierten die Grundschulen aber Fragen, etwa zu Art und Größe der Anlagen, zum Geräuschpegel und zu anderen Beeinträchtigungen des Unterrichts.

Der Stadtrat

CDU-Chef Klaus Voussem wunderte sich über den Beschlussvorschlag der Verwaltung, auf den Einbau der Anlagen zu verzichten. Der Rat habe doch eine Entscheidung gefällt, die nur noch auf ihre Umsetzung warte. Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos) sah die Dinge anders: Der Rat habe sich dafür ausgesprochen, in den Schulen den Bedarf abzufragen und zu klären, ob Fördermittel fließen. Einen Einbau-Beschluss habe er aber nicht gefasst.

Voussem erwiderte, dass das Vorhaben, die Schulkonferenzen zu beteiligen, nicht funktioniert habe. Grünen-Sprecherin Dorothee Kroll ergänzte: „Wenn ein Teil des Ratsbeschlusses nicht umsetzbar ist, entfällt er eben.“ ZIM solle die Anlagen installieren, forderten Kroll und Voussem und hatten damit Manfred van Bahlen (FDP), Claudia Hegeler (Linke) und Richard van Bonn (UWV) auf ihrer Seite. Er sagte: „Die Diskussion dreht sich seit 18 Monaten im Kreis. Jetzt soll es mit dem Einbau schnellstmöglich losgehen.“

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Die SPD wollte das Thema zurück in den Schulausschuss verwiesen. „Der Förderbescheid liegt zwar vor, aber die Umstände haben sich geändert“, sagte der Fraktionsvorsitzende Michael Höllmann: „Anfangs hatte es geheißen, wir müssten kaum einen Eigenanteil leisten, jetzt sind es fast vier Millionen Euro. Und ZIM muss sich nach der Flut zuerst um den Wiederaufbau von Schulen und Kitas kümmern. Wir sollten überlegen, uns auf die Grundschulen zu beschränken.“ Vielleicht entwickele sich die Pandemie zudem so, „dass wir die Anlagen nicht mehr brauchen“, ergänzte Höllmann.

Eine Vertagung lehnten die anderen Fraktionen aber ab. Stattdessen beschloss der Rat gegen drei Stimmen aus den Reihen der AfD, dass die Verwaltung die Geräte installieren soll.