Gerade in ländlichen Gebieten wie der Eifel ist die Nachfolgesuche für Apotheker schwierig: Weitere Wege für Kunden im Kreis Euskirchen sind die Folge.
Medikamenten-VersorgungWarum im Kreis Euskirchen die Zahl der Apotheken abnimmt
Nasenspray gegen Heuschnupfen, Tabletten gegen Kopfschmerzen, Magentropfen gegen Übelkeit – Apotheken sind ein essenzieller Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Und doch gibt es immer weniger davon. In den vergangenen 23 Jahren haben laut Apothekerkammer Nordrhein in ganz NRW jedes Jahr mehr Apotheken geschlossen als neue eröffnet. Auch im Kreis Euskirchen ist dieser Negativtrend zu beobachten.
Waren es 2012 noch 46 Apotheken, sind es heute nur noch 39 (Stand Dezember 2022). Die Apothekendichte im Kreis sei „deutlich rückgängig“, sagt Dr. Werner Klinkhammer, Sprecher des Apothekerverbandes Nordrhein für den Kreis Euskirchen. Und ein Ende dieses Trends sei nicht in Sicht: „Es wird zu einer Konzentrierung kommen.“ Bedeutet: Gerade auf dem Land werden die Apotheken rarer. Grund zur Panik bestehe allerdings nicht: „Es werden nicht alle Apotheken verschwinden. Aber es wird unkomfortabler für die Kunden.“
Wege zur Apotheke werden weiter
So geschehen in Ahrhütte. Vor zehn Jahren gab es hier noch eine Apotheke. Heute nicht mehr. Die nächste ist in Blankenheim, neun Kilometer entfernt. Für junge und mobile Menschen sei ein weiterer Weg nicht so schlimm, sagt Klinkhammer. Bei alten Leuten, die nicht mehr Auto fahren können und irgendwo auf dem Dorf wohnen, sehe das schon ganz anders aus. Gerade in der Eifel hätten die Apotheken deshalb schon jetzt einen relativ großen Radius für ihren Botendienst.
Neben der Apotheke in Ahrhütte haben im ganzen Kreis in den vergangenen zehn Jahren noch acht weitere geschlossen – drei in Euskirchen und jeweils eine in Kommern, Gemünd, Kall, Arloff und Tondorf. Zwei neue Apotheken haben eröffnet. In Arloff gibt es nun keine Apotheke mehr, an den übrigen Standorten wurden die Schließungen durch andere Apotheken vor Ort abgefedert. Der Grund für die Schließungen ist laut Klinkhammer einfach: eine alternde Apothekerschaft, die besonders auf dem Land große Schwierigkeiten habe, Nachfolger zu finden.Dazu komme im Kreis noch die Flut. So seien in Euskirchen und Gemünd Apotheken nach der Katastrophe aufgegeben worden.
Doch warum mangelt es an Nachfolgern? Ist der Beruf nicht mehr attraktiv? Im Gegenteil, sagt Klinkhammer. Die Zahl der ausgebildeten Apotheker und Apothekerinnen sei in den vergangenen Jahren gleichgeblieben, nur gebe es inzwischen viel mehr Berufsfelder für sie. Behörden, Krankenkassen, Pharmaunternehmen – die Auswahl sei heute einfach größer, so Klinkhammer. Das mache den Beruf zwar attraktiv, heize aber gleichzeitig die Konkurrenz an. Und ein junger Mensch überlege es sich bei der Auswahl zweimal, ob er eine Selbstständigkeit auf dem Land auswähle, wo er fast jede Woche Nacht- und Notdienst machen müsse.
Als Land-Apotheker häufiger im Notdienst
Denn: In Deutschland ist es Pflicht, dass man im Notfall zu jeder Tageszeit eine Apotheke aufsuchen kann. Deshalb gibt es den Nacht- und Notdienst der Apotheken. In ländlichen Gebieten muss dieser innerhalb von 30 Kilometern erreichbar sein. Und da es gerade dort nicht so viele Apotheken gebe, seien sie auch häufiger mit den Diensten dran als eine Apotheke in der Stadt. „Die Notdiensthäufigkeit steigt, je abgelegener man ist“, fasst Klinkhammer es zusammen. Das mache ein Apotheker-Dasein in Ahrhütte oder anderen kleinen Orten nicht attraktiver.
Ein weiterer Konkurrenz-Faktor seien die Online-Apotheken – gerade auf dem Land. Ein Antibiotikum bestelle sich zwar so schnell keiner im Internet, aber für das alljährliche Nasenspray gegen Heuschnupfen sei das für einige doch komfortabler, als bis zur nächsten Apotheke zu fahren. Im Südkreis gebe es auch immer wieder grenzüberschreitenden Apothekentourismus: Die Leute fahren nach Belgien oder in die Niederlande, um sich mit Medikamenten zu versorgen. Hierin sieht Klinkhammer aber kein Problem, denn umgekehrt habe er in seiner Apotheke in Mechernich auch immer wieder Kunden aus den Nachbarländern.
Um den Negativtrend zu stoppen, sieht Klinkhammer nur eine Lösung: Die Politik müsse bald etwas unternehmen und Anreize für Nachfolger schaffen. Bisher passiere da einfach zu wenig: „Die Probleme sind jetzt noch nicht da, aber es sind noch keine Weichen gestellt, die das in der Fläche verbessern.“