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Song-AdventskalenderDer Ex-Musikchef aus Kreuzweingarten und seine Lieblingslieder zum Fest

Lesezeit 4 Minuten
Ein älterer Herr mit Brille sitzt in einem Raum und hält zwei Plattencover in den Händen. Im Hintergrund sind haufenweise CDs in Regalen zu sehen, die bis an die Decke ragen.

Inmitten seiner Sammlung von LPs und CDs spricht Wolf Werth über passende und unpassende Weihnachtslieder.

Wolf Werth präsentiert weihnachtliche Songs, die einen besonderen Stellenwert für ihn haben. Dabei verteilt der Euskirchener Lob und Tadel.

20.000 LPs und 12.000 CDs – die Musiksammlung in Wolf Werths Keller ist beeindruckend. Bis an die Zimmerdecke reihen sich die CDs in mehreren Regalen aneinander. 40 Jahre lang hat er als Musikredakteur beim Deutschlandfunk gearbeitet, 20 Jahre davon als Leiter der Abteilung Musik und Information. Weihnachtslieder kennt er entsprechend viele. Und er hat eine deutliche Meinung: „In den 1960ern haben etliche Schlagerstars Alben à la ‚Weihnachten mit ...‘ herausgebracht. Das klingt alles gleich, da krieg' ich Pickel.“

Ähnlich vernichtend fällt sein Urteil für Weihnachtsmarkt-Klassiker aus: So eigne sich „Last Christmas“ von Wham! höchstens zur Berieselung in einem Discounter, wie er feststellt: „Das geht gar nicht!“ Bei „All I Want for Christmas is You“ von Mariah Carey komme gar keine Stimmung auf. Gerüchteweise soll die 30 Jahre alte Aufnahme im Sommer und nicht im Winter entstanden sein – in einem Studio mit Plastik-Mistelzweigen, das höre man, erläutert Werth seine Abneigung.

Kreuzweingarten: Wolf Werth ist Fan traditioneller Weihnachtslieder

„Es gibt für Weihnachten passende und unpassende musikalische Rahmungen“, ordnet er weiter ein. Der 82-Jährige sitzt im schwarzen Pullover vor seiner Privatsammlung an Tonträgern. Passend – das heißt für ihn: „Ich bin absoluter Fan von traditionellen deutschen Weihnachtsliedern.“ Und dass, obwohl er aktives Mitglied bei den Jusos gewesen sei, sagt er und lacht. Lieder wie „Still, still, still“ oder „Stille Nacht, Heilige Nacht“ seien zwar eher getragen und schwermütig, gleichzeitig aber auch stimmungsvoll und intim.

„Das Beispiel schlechthin ist: ‚Maria durch ein‘ Dornwald ging'“, schwärmt Werth. Zu der getragenen Melodie komme hier ein Text, der intellektuell zwar nicht anspruchsvoll sei, aber emotional sofort seine Wirkung entfalte. „Man sitzt da und denkt: ‚Boah, das ist schön‘“, beschreibt es Werth. „Da haben die Dornen Rosen getragen“ sei so eine Textpassage. „Da kann selbst ein Schlagerstar aus den 1960ern nichts kaputtmachen“, scherzt der Musikexperte.

Lied von Reinhard Mey hat einen besonderen Platz bei Ex-Musikchef

Bis heute feiere seine Familie Weihnachten so wie in seiner Kindheit. Werth ist 1942 geboren, ein Kriegskind. Nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die Menschen etwas aufzuholen gehabt, was Weihnachten angehe, berichtet er.

Eine CD zeigt das Gesicht von Reinhard Mey. Der Tonträger liegt auf einem Plattenspieler.

Handsigniertes Präsent: Reinhard Mey hat Wolf Werth eine Weihnachts-CD geschenkt.

Entsprechend feierlich sei Heiligabend begangen worden. Zuerst habe man am Nachmittag gemeinsam den Weihnachtsgottesdienst besucht. Danach ging es nach Hause zur Bescherung. Bevor die Kinder in die Weihnachtsstube durften, wurden die Kerzen am Weihnachtsbaum entzündet, dann läutete ein Glöckchen und die Familie versammelte sich vor dem Baum.

Vielleicht kommt daher seine Vorliebe für die Klassiker der Weihnachtsmusik. Da haben es ihm im Übrigen nicht nur die deutschen angetan. Auch im Englischen gebe es sehr schöne klassische Songs, sagt Werth. „I Wonder as I wander“, „Little Drummer Boy“ und „Have Yourself a Merry Little Christmas“, zählt er auf.

Und dann ist da noch Reinhard Mey. Der Sänger sei ein guter Freund, sagt Werth. Viele Jahre lang habe Mey ihm für den Deutschlandfunk Weihnachtssendungen aufgezeichnet. Seine deutsche Interpretation von „The Twelve Days of Christmas“ hat für Werth deshalb einen besonderen Stellenwert.

Er nimmt eine CD von der Ablage, legt sie in einen alten CD-Spieler und drückt Play. Wenig später erklingt Reinhard Meys unverkennbare Stimme: „Am ersten Weihnachtstage, da schenkt die Liebste mir. Ein höchst ungewöhnliches Tier.“ Werth sitzt in seinem Schreibtischstuhl und wippt fast unmerklich, gelegentlich mit dem Fuß.

Das ist die Idee hinter dem Song-Adventskalender:

24 Türchen gilt es bei klassischen Adventskalendern zu öffnen, dann ist Weihnachten. Bei unserem musikalischen Adventskalender ist das Prinzip ähnlich. Da der erste Dezember in diesem Jahr allerdings ein Sonntag ist, fangen wir schon einen Tag früher an. Von nun an stellen hier jeden Tag, an dem die Zeitung erscheint, Musikerinnen und Musiker sowie Musikkenner aus dem Kreis Euskirchen ihre ganz persönlichen Lieblingsweihnachtslieder vor.

Von „Driving Home for Christmas“ bis „Maria durch ein Dornwald ging“, von Klassik bis Pop – alles ist dabei. Und immer gibt es zu den Lieblingsweihnachtsliedern eine Geschichte. Und so entsteht Türchen für Türchen bis Heiligabend eine bunte Weihnachtsplaylist, die es auch hier bei Spotify zu hören gibt. Komplettiert wird sie dann mit den Weihnachtslied-Highlights der Redaktion. (jre/ges)