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Projekt gestartetSo werden im Kreis Euskirchen aus Steingärten blühende Landschaften

Lesezeit 4 Minuten
Das Bild zeigt einen Landschafts- und Gartenbauer, der Blumen einpflanzt.

Mit professioneller Hilfe wird der Vorgarten in Dürscheven entsiegelt und aufgewertet.

Marion Baier aus Dürscheven entsiegelt mithilfe eines Förderprojekts des Kreises ihren Vorgarten. Weitere Anträge können gestellt werden.

Wer in Rente geht, tut dies meist nicht ohne eine lange To-do-Liste. Auch Marion Baier hat sich für die Zeit nach der Arbeit einiges vorgenommen – unter anderem den versiegelten Steinvorgarten in eine blühende Landschaft zu verwandeln.

Dieses Projekt wird nun mithilfe des Kreises Euskirchen in die Tat umgesetzt. 200.000 Euro stellt der Kreis aus dem Förderprogramm „Land4Climate“ für sogenannte Entsiegelungspatenschaften zur Verfügung. „Durch die Umwandlung von Beton- und Asphaltflächen in naturnahe Grünflächen wird der lokale Wasserhaushalt verbessert, Lebensraum für Pflanzen und Tiere geschaffen und die städtische Hitzebelastung gesenkt“, sagt Saskia Gall-Röhrig, Klimawandelanpassungsmanagerin beim Kreis Euskirchen.

Steinvorgarten war früher praktisch, heute soll es an der Stelle blühen

Einen kleinen Teil zum Kampf gegen den Klimawandel will auch Marion Baier beitragen. „Früher hat man das mit den Steinen zugemacht. Es war ja auch praktisch“, so die 64 Jahre alte Dürschevenerin. Schön sei es nicht unbedingt gewesen, aber da kaum Unkraut durch die versiegelte Fläche gewachsen sei, sei es praktisch gewesen. Nun sollen auf der Fläche vor dem Einfamilienhaus an der Bahnhofstraße Bodendecker, Wildrosen und andere heimische Pflanzen wachsen und Insekten anlocken.

Ausgewählt wurden die Pflanzen für den „neuen“ Vorgarten von der Schwiegertochter. Die sei Feldbotanikerin, berichtet Marion Baier. Mit dem familiären Wissen und einer Liste des Kreises seien die Pflanzen schnell bestimmt gewesen. Aber auch wer kein Vorwissen habe, könne sich beim Kreis für einen entsiegelten Vorgarten bewerben, sagt Saskia Gall-Röhrig. Sowohl der Kreis als auch das Projekt begleitende Gartenbauunternehmen bieten der Klimaexpertin zufolge immer wieder Beratungsgespräche für „Spätblüher“ an.

14 Menschen im Kreis Euskirchen lassen sich den Vorgarten umgestalten

Neben der Familie Baier aus Dürscheven beteiligen sich laut Kreis 13 weitere Menschen aus dem gesamten Kreisgebiet an dem Projekt, bei dem zunächst ein wenig Sand im Getriebe war. „Auf unsere erste Ausschreibung hatten sich kein Landschafts- und Gartenbauer gemeldet“, berichtet Saskia Gall-Röhrig. Erst im zweiten Anlauf meldete sich das Unternehmen J & M Strick aus Zülpich, das auch den Zuschlag erhielt.

Auch die Zahl von 14 Interessierten hätte aus Sicht des Kreises größer sein dürfen. Budget für eine zweite Runde ist laut Gall-Röhrig jedenfalls noch genügend vorhanden. Aber, so die Klimawandelanpassungsmanagerin, es gebe auch schon fünf Bewerber. Weitere Bewerber seien „sehr willkommen“. Der Kreis hoffe dabei auf Menschen wie Marion Baier. „Ich habe schon kräftig die Werbetrommel gerührt. Das ist einfach ein tolles Projekt“, sagt die Rentnerin.

Das Bild zeigt einen Vorgarten, der von Steinen dominiert wird. Grün ist kaum zu sehen.

So sah der Garten von Marion Baier vor der Umgestaltung durch den Kreis Euskirchen aus.

Das Bild zeigt einen Landschafts- und Gartenbauer, der eine Wildrose einpflanzt.

Entlang der Hauswand werden Wildrosen gepflanzt.

Doch wie funktioniert eine Bewerbung für eine blühende Landschaft im Kreis Euskirchen? Dazu müssen sich Interessierte mit Name, Adresse, Nachweis des Grundstückeigentums (Grundbucheintrag), Daten des Flurstücks und einem Foto der zu entsiegelnden Fläche auf dem Service-Portal des Kreises Euskirchen bewerben. Die Flächen werden im Anschluss von der Kreisverwaltung mithilfe eines Punktesystems bewertet und ausgewählt. Die Bewertungskriterien beruhen auf einer Klimarisikoanalyse und der Flächengröße.

Als Mindestgröße hat der Kreis zehn Quadratmeter zu entsiegelnde Fläche angesetzt. Maximal seien derzeit 200 Quadratmeter vorgesehen. In Ausnahmefällen seien aber auch größere Flächen möglich. Der Kreis rechnet nach eigenen Angaben damit, dass zwischen 100 und 150 Gärten mit dem Fördertopf gestalten werden können.

Eine pflanzfertige Fläche benötigen wir. Dann kann es losgehen.
Saskia Gall-Röhrig, Klimawandelanpassungsmanagerin

Nach der Zusage für das Projekt durch den Kreis haben die Bürger zwei Monate Zeit, ihre Fläche zu entsiegeln. Das ist, abgesehen von der digitalen Bewerbung, praktisch die einzige Vorleistung, die die Paten in Eigenregie durchführen müssen. „Eine pflanzfertige Fläche benötigen wir. Dann kann es losgehen“, so Gall-Röhrig.

Wie Marion Baier berichtet, sei es „ganz schön Arbeit gewesen, die Fläche zu entsiegeln.“ Zwei Tage habe man im Familien-Team benötigt. Aber es habe sich gelohnt. Schon jetzt, obwohl es noch eher zarte Pflänzchen als ausgewachsene Blumen seien, habe der Vorgarten ein Upgrade erhalten. Und die ersten Mauerbienen summten am Dienstagmorgen schon neugierig über die Fläche an der Bahnhofstraße. In den kommenden zehn Jahren dürfte das weiter der Fall sein.

So lange verpflichten sich die Paten nämlich den entsiegelten Vorgarten weiter blühen zu lassen. „Natürlich dürfen in der Zeit mehr Blumen oder Sträucher gepflanzt werden“, so Gall-Röhrig. Bepflanzt wurde der Garten von Heiko Hanisch, Bereichsleiter beim Landschaftsbauer Strick, und Azubi Simon. „Für uns sind zufriedene Kunden die beste Werbung“, so Hanisch, der nun unter anderem nach Weilerswist, Dahlem, Mechernich und Billig ausrückt, um weitere Vorgärten mit heimischen Pflanzen, Sträuchern und Bäumen zu bestücken.


Zwei weitere Klimaprojekte des Kreises Euskirchen

Der Kreis Euskirchen hat zwei weitere Maßnahmen, um dem Klimawandel zu begegnen, umgesetzt. Zum einen sind zwei Klimaparks und ein Mini-Wald im innerstädtischen Bereich von Euskirchen angelegt worden. Der Mini-Wald befindet sich im Bereich der Zülpicher Straße. Dort erstreckt er sich über eine Fläche mit mehr als 300 Quadratmetern. „Das wird einen großen Effekt auf das Klima in diesem Viertel haben“, sagt Saskia Gall-Röhrig, Klimawandelanpassungsmanagerin beim Kreis Euskirchen.

Die Klimaparks sind gegenüber dem Kreishaus im Bereich zweier Mehrfamilienhäuser der Eugebau angelegt worden. „Dort erhalten wir natürlich den Bestand, der schon eine gewisse ökologische Wertigkeit hat“, sagt Gall-Röhrig. Man habe geschafft, „die Rasenwüsten zu entzerren und den Bereich mit Stauden, Gehölzen und Obstbäumen aufzuwerten“, so Gall-Röhrig. Beide Projekte sollen am Mittwoch, 14. Mai, ab 16.30 Uhr offiziell vorgestellt werden.