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Hilfsangebot33 Akteure bilden nun den Gemeindepsychiatrischen Verbund im Kreis Euskirchen

Lesezeit 3 Minuten
Alle 33 Akteure posieren vor dem Kreishaus in Euskirchen für ein Foto.

Gemeinsam und „wie aus einer Hand“ kümmern sich künftig 33 Akteure aus Institutionen und Kommunen um Menschen, die einen komplexen Hilfebedarf haben.

Der Gemeindepsychiatrischer Verbund will künftig ein umfassendes Versorgungsangebot für Menschen mit komplexem Hilfebedarf bieten.

„Es geht um die Menschen, die uns häufig verloren gehen. Um diejenigen, die immer wieder durch die Maschen des Hilfenetzes hindurchfallen“, sagt der Sozialpsychologe Dr. Klaus Obert. Für diese Fälle wurde im Kreis Euskirchen der Gemeindepsychiatrische Verbund (GPV) gegründet. Einzelne Hilfeleistungen sollen hier zusammenspielen und zu einer ganzheitlichen Versorgung der „schwierigsten Fälle“ führen, wie Obert sie nennt.

Als Beispiele für solche Fälle nennt Obert wohnungslose, psychisch kranke und drogenabhängige Menschen. Menschen mit einer Tendenz zur Aggression und einer geringen Bereitschaft, sich auf bereits bestehende Hilfsformate einzulassen. Es kann sich Obert zufolge um psychisch kranke Straftäter handeln, die nach ihrer Haftentlassung keine Betreuung und Begleitung finden. Oder um drogenabhängige und psychisch auffällige, ältere Menschen, die Pflege benötigen. Eines haben sie laut Obert gemeinsam: Es seien immer Menschen mit einem komplexen Hilfebedarf.

Betroffene brauchen Kombi-Lösungen unterschiedlicher Einrichtungsträger

„Diese benötigen nicht selten gleichzeitig oder nacheinander Leistungen ganz unterschiedlicher Einrichtungsträger“, erklärt Landrat Markus Ramers. Es sei wünschenswert, wenn Betroffene Hilfe künftig „wie aus einer Hand“ erlebten. Das setze voraus, dass es eine koordinierende Bezugsperson gibt, die Hilfsangebote maßgeschneidert und sie lokal zusammenstellt. Dies übernimmt im Kreis nun Silke Toennes.

Das bedeute auch, dass gemeinsam nach Lösungen und alternativen Unterstützungsformen gesucht werden müsse, falls einmal kurzfristig kein Hilfsangebot unterbreitet werden könne. „Wenn große Lösungen nicht zum Tragen kommen, muss Raum geschaffen werden für die Trampelpfade“, sagt GPV-Koordinatorin Toennes. Das Prinzip formulierte Ramers: „Eine gemeinsam getragene Verantwortung.“

Wenn große Lösungen nicht zum Tragen kommen, muss Raum geschaffen werden für die Trampelpfade.
Silke Toennes, GPV-Koordinatorin

Die Idee zur Gemeindepsychiatrischen Verbundversorgung entstand nachfolgend zur Psychiatrie-Enquete 1975. Damit versucht man der weiteren Ausdifferenzierung des Versorgungssystems entgegenzuwirken. Das Land NRW hat 2022 ein Förderprojekt zur Verankerung Gemeindepsychiatrischer Verbünde aufgelegt. Obert hat ein vergleichbares Modell in Stuttgart mit entwickelt und konnte seinen Kollegen im Kreis Euskirchen wichtige Tipps geben.

Wichtig sei etwa, dass die Akteure sich regelmäßig an einen Tisch setzten. Ziel sei dabei nicht nur, dass alle Mitwirkenden den Menschen, der Hilfe benötige, stets im Blick behalten. Es gehe es auch darum, dass die Hilfeleistenden sich untereinander kennen, schätzen und verstehen. So könne man einem eventuellen Konkurrenzverhalten und Machtkämpfen entgegenwirken. Denn, das wollte Obert aus seiner Erfahrung in Stuttgart nicht verschweigen: Auch das könne passieren. Doch in Stuttgart habe man dies schnell eindämmen können.

Die 33 Mitglieder im GPV sind alle Städte und Gemeinden im Kreis Euskirchen von Bad Münstereifel bis Zülpich sowie zahlreiche Institutionen: Arbeitsgemeinschaft Innovative Sozialprojekte, ASB Regionalverband Rhein-Erft/Düren, AWO Rhein-Erft/Euskirchen, B-B-C Terwort GmbH, die Caritas-Verbände Euskirchen und Eifel, die Marienborn Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, das Clemens-Josef Haus, der Paritätische im Kreis Euskirchen, Diakonisches Werk, Donum Vitae, die Katholische Beratungsstelle für Ehe- und Familien, IFD Rhein-Erft/Euskirchen, das Jobcenter EU-aktiv, Lebenshilfe, Marienhospital Euskichen, Nordeifel Werkstätten, Wirkstatt, Wohnverbund Sanden und Haus Sonne. Sie alle sollen künftig das Auffangnetz bilden, dessen Motto laut Toennes sein wird: „Keiner darf verloren gehen und keiner kann es alleine.“