Weihnachtsgeschäft im Kreis Euskirchen: Für Händler wird es schwieriger, Menschen in die Innenstädte zu locken.
WeihnachtsgeschäftEinzelhandel macht sich im Kreis Euskirchen große Sorgen
Die Vorweihnachtszeit beginnt, und damit das Vorweihnachtsgeschäft der Läden. Doch den Einzelhandel plagen Sorgen. Dies geht jedenfalls aus einer Umfrage des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen hervor. Der Verband hat auch den Grund dafür ausgemacht: „Es wird für die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in der Region immer schwieriger, Menschen in die Innenstädte zu locken und diese dann auch für das Einkaufen zu gewinnen“, sagt Jannis Vassiliou, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen.
Doch wie kommt es, dass 43 Prozent der Befragten ein schlechteres Weihnachtsgeschäft als in den Vorjahren erwarten, während weitere 43 Prozent glauben, dass es weder besser noch schlechter sein wird und nur 14 Prozent ein besseres Weihnachtsgeschäft für möglich halten?
Wirtschaftliche Situation wirkt sich auf den Einzelhandel aus
Für den Einzelhandelsverband liegen die Gründe, weshalb die Händler bei den Kunden eine Kaufzurückhaltung spüren, auf der Hand. Das sei auf die aktuelle wirtschaftliche Situation zurückzuführen. Vassiliou: „Die Inflation und steigende Preise haben einen klaren negativen Einfluss – verständlicherweise – auf das Konsumverhalten der Bürger. Der finanzielle Spielraum der Bürger ist massiv eingeschränkt, so dass auch die Geschenke-Budgets niedriger ausfallen werden als in den Vorjahren.“
Gerade der Online-Handel macht es für die Kommunen – und damit auch für den Einzelhandel – schwieriger, Kunden in die Städte zu locken. Das veranlasste die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer zu Aachen, Anfang des Jahres das Positionspapier „Impulse für attraktive Innenstädte“ zu veröffentlichen, das sowohl auf Groß- als auch auf Mittel- und Kleinstädte übertragbar sei. Darin sind Ideen enthalten, um die Attraktivität der Innenstädte und damit auch die Verweildauer von Passanten zu erhöhen.
Innenstädte im Kreis Euskirchen befinden sich mitten im Strukturwandel
Auf 22 Seiten werden städtebauliche Maßnahmen und Empfehlungen präsentiert, die auf Basis von Kundenerwartungen abgeleitet und von Mitgliedern des Handelsausschusses der IHK Aachen in zwei Workshops ausgearbeitet worden sind.
Die Innenstädte, so schreibt Peter Heinrichs, Vorsitzender des Handelsausschusses der IHK Aachen, im Positionspapier, befänden sich inmitten eines tiefgreifenden Strukturwandels. Durch eine immer stärkere Bedeutung des E-Commerce, dem anhaltenden Trend zur Filialisierung der Geschäfte sowie dem Nachfolge-Mangel bei inhabergeführten Einzelhandelsunternehmen verliere der stationäre Einzelhandel teilweise seine prägende Bedeutung für die Innenstädte.
Für die Attraktivität der Innenstädte bleibe ein leistungsstarker, vielfältiger Einzelhandel jedoch unerlässlich. Es gelte, in Zukunft entsprechende Frequenzen für den Handel zu schaffen.
„Wir wollen lebendige und attraktive Innenstädte, gedacht aus Kundensicht“, bekräftigt Gisela Kohl-Vogel, Präsidentin der IHK Aachen. Kohl-Vogel: „Je nach Alter und Lebenssituation haben Kundinnen und Kunden spezielle Ansprüche an Angebote, Erlebnisfaktoren oder die Erreichbarkeit der Innenstädte.“
Der Einkauf als alleiniger Grund, Innenstädte aufzusuchen, verliere zunehmend an Bedeutung. Vielmehr nehme der Erlebnisfaktor eine immer stärkere Rolle ein, heißt es im Positionspapier der IHK. Eine erhebliche Rolle bei der Entscheidung, eine Innenstadt aufzusuchen, spielen eine ausgeprägte Gastronomie, die zum Verweilen einlädt, und ein Erlebnisfaktor, etwa durch Stadtfeste.
Den bieten Innenstadtbereiche in der Vorweihnachtszeit mit ihren Weihnachtsmärkten, weihnachtlichen Dekorationen, Ständen, Attraktionen für Kinder, Musik und verkaufsoffenen Sonntagen, die das Shopping zum echten Familienangebot machen sollen.
Verkaufsoffene Sonntage sind kein Allheilmittel
Doch auch verkaufsoffene Sonntage sind aus Sicht der Einzelhändler offenbar kein Allheilmittel, um ein müdes Weihnachtsgeschäft anzukurbeln. Der Verband befragte auch dazu Einzelhändler – wobei die Antworten eher verhalten ausfallen. „Es zeigt sich, dass 62 Prozent der Befragten keinen wirtschaftlichen Vorteil aus einem verkaufsoffenen Sonntag ziehen, wobei hohe Personalkosten und niedrige Umsatzerwartungen jeweils von über 70 Prozent genannt werden“, fasst Vassiliou das Ergebnis zusammen.
Trotzdem ergab die Umfrage unter den Mitgliedern einen mehrheitlichen Zuspruch (55 Prozent) für verkaufsoffene Sonntage in der Weihnachtszeit. Der Einzelhandelsverband empfiehlt daher den Kommunen die Durchführung von Kulturveranstaltungen und Sonntagsmatinées während der Frühlings-und Sommermonate sowie ein Stadtfest, in dessen Rahmen, dann ein verkaufsoffener Sonntag stattfinden könne.
„Die Mehrzahl der verkaufsoffenen Sonntage sollten dann während der Adventswochenenden stattfinden, damit gestresste Bürger einen weiteren Tag Zeit haben, in ihren Stadtzentren einzukaufen und den Weihnachtsmarkt zu besuchen, um damit den lokalen Handel zu unterstützen, anstatt Weihnachtsgeschenke im Online-Handel zu bestellen, was im Übrigen auch der Umwelt schadet“, so Jannis Vassiliou.
Seit der Änderung des Ladenöffnungsgesetzes NRW 2018 können Kommunen mehr verkaufsoffene Sonntage ermöglichen. Acht sind es im Regelfall. Wobei Sonntagsöffnungen in der Vergangenheit oft kontrovers diskutiert wurden und auch Rechtsstreitigkeiten nach sich zogen, etwa im Rahmen von gewerkschaftlichen Interventionen. Allerdings limitiert das Land die Sonntagsöffnungen auf einen, bei beschränkten Freigaben (etwa in Bezirken) auf zwei Adventssonntage.
In der Kreisstadt Euskirchen wird es etwa am 17. Dezember in Verbindung mit dem an diesem Wochenende stattfindenden Weihnachtsdorf und dem Winterzauber in der Stadt einen verkaufsoffenen Sonntag geben.
Die Stadt Bad Münstereifel, in der von 24. November bis zum 30. Dezember ein Weihnachtsmarkt lockt, und das dortige City-Outlet laden am 3. Dezember zum Sonntagsshopping ein. Bad Münstereifel geht sowieso recht offensiv mit Sonntagsöffnungen um: Die Stadt ermöglicht die vom Land freigegebenen acht verkaufsoffenen Sonntage pro Jahr.
Sachgründe für Sonntagsöffnungen nötig
Das alleinige Umsatzinteresse von Geschäftsinhabern rechtfertige nach gängiger Rechtsprechung eine Ladenöffnung allerdings ebenso wenig wie das Shopping-Interesse der Kunden, erklärte das NRW-Wirtschaftsministerium in einem Kommunikationspapier zum Entfesselungspaket und zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes in 2018. Der Ausnahmecharakter der Ladenöffnung müsse nach außen sichtbar werden.
Alle Gerichte betonten, dass für jede Ladenöffnung ein Sachgrund von so großem Gewicht vorliegen müsse, dass eine Ausnahme vom Sonn- und Feiertagsschutz gerechtfertigt sei, zumal sich das Freizeit- und Einkaufsverhalten der Bevölkerung geändert habe. Fünf Sachgründe geben den Kommunen, die Sonntagsöffnung per Satzung beschließen können, aber einigen Spielraum. Danach genügt es, wenn die Öffnung im Zusammenhang mit einer örtlichen Veranstaltung, etwa einem Stadtfest, erfolgt.
Die Eröffnung sollte der Stärkung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes und zentraler Versorgungsbereiche dienen und die Innenstädte und Ortskerne beleben und die Kommune überörtlich als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen sichtbar machen. (ch)