Wie viel man im Straßenkarneval im Kreis Euskirchen erleben kann, hat Et Elena als Karnevalsnovizin aus dem Norden erfahren. Nach der Nubbelverbrennung zieht sie Bilanz.
Bilanz nach der SessionIst Karnevalsazubi Et Elena ein echter Jeck geworden?
Eine Erkältung macht das jecke Programm komplett
Meine erste richtige Karnevalssession ist zu Ende. Aschermittwoch ist für Jecke ein trauriger Tag, habe ich mir sagen lassen. Das kann ich von mir nicht unbedingt behaupten. Meine Karnevalswoche war aufregend, spannend und vielfältig. Ich habe viel Neues erlebt, was ich sonst nicht gesehen hätte. Dafür bin ich dankbar. Aber verdammt, ich bin auch richtig froh, dass wieder Alltag einkehrt und ich meine Ruhe habe. Ich habe mir zwei Tage frei genommen. Und, um wirklich das gesamte karnevalistische Pflichtprogramm zu durchlaufen: Erkältet bin ich jetzt auch.
Die große Frage, die jetzt noch beantwortet werden muss, lautet: Bin ich nun ein Karnevalsjeck geworden oder nicht? Ein bisschen jeck bin ich jetzt vielleicht. Manches hat mir richtig gut gefallen – Kamelle schmeißen macht schon Spaß. Es ist ein tolles Gefühl, Kinder mit ein paar Süßigkeiten so glücklich zu machen. Der Lichterzug war wunderschön. Der Geisterzug war kurios, ebenso der Ähzebär.
Ich war sogar noch bei der Nubbelverbrennung. Die fand ich ein wenig makaber. Als ich hörte, dass der Nubbel eine Strohpuppe ist, die für die Sünden an Karneval verbrannt wird, dachte ich an eine kleine Handpuppe. Stattdessen erwartete mich ein Strohsack in Menschengröße und -form. Als dem karnevalistischen Sündenbock der Prozess mit allerlei Vorwürfen gemacht wurde, gewöhnte ich mich aber schnell an den kuriosen Brauch. Das lag vor allem an den lustigen Zwischenrufen der Karnevalisten, die den Nubbel für ihr Trinkverhalten verantwortlich machten und ihn als „Drecksack“ bezeichneten.
Ein paar Karnevalsveranstaltungen haben mich also überzeugt. Andere sind nicht so meins. Aber ich glaube fast, das geht den meisten Menschen so, selbst euch Rheinländern, oder nicht? Wer macht schon das komplette Programm? Wahrscheinlich die wenigsten. So gesehen war es auch ein Privileg und etwas Besonderes, was ich die vergangenen Tage erlebt habe.
Nächstes Jahr werde ich definitiv wieder Karneval feiern, nur eben mit einem abgespeckten Programm. Das Wichtigste, was ich in dieser Woche aber gelernt habe: Ab jetzt nehme ich mir über die jecken Tage frei. Arbeiten, wenn alle anderen feiern und trinken, ist anstrengend.
Zu guter Letzt möchte ich allen Beteiligten danken, die dieses Projekt möglich gemacht haben: den Karnevalsvereinen, die mich auf ihren Wagen mitfahren oder in ihrer Fußgruppe haben mitgehen lassen. Festartikel Zündorf für die riesige Kostüm-Auswahl und Radio Euskirchen fürs jecke Interview. Den Menschen und Freundesgruppen, die dem Karneval verbunden sind und mich in die Musik eingeführt haben oder mir ihre Traditionen gezeigt haben. Und natürlich den zahlreichen Jecken, die mich in den vergangenen Tagen angesprochen haben. Einige von euch haben mir sogar etwas geschenkt, wie etwa die Blauen Funken. Bei mir zu Hause liegen jetzt viele Orden. Danke, dass ihr mich unterstützt und mir das ein oder andere Lächeln ins Gesicht gezaubert habt. Mit diesen Worten lege ich mein Einhorn-Kostüm ab und trete ab jetzt in der Zeitung wieder in den Hintergrund. Vielleicht sehen wir uns auf dem nächsten Ortstermin.
Dem Ähzebär guckt Et Elena ausnahmsweise nur zu
Ein Mann lässt sich in kiloweise Erbsenstroh binden, um dann zwei bis drei Stunden bei direkter Sonneneinstrahlung an einer Leine durchs Dorf geführt zu werden. „Der kann weder selbst was essen oder trinken, noch auf die Toilette gehen!“, erzählt mir Ernst Pingen, Mitglied des Kommerner Karnevalsvereins Greesberger. Was klingt wie Selbstgeißelung, heißt in der Eifel Ähzebär. Und damit willkommen bei einem neuen Teil der Serie „Et Elena lernt Karneval“.
Dieses Mal konnte ich mich erfolgreich aus der Verantwortung ziehen und muss nicht selbst in das Ähzebär-Kostüm rein. Diese Folter, Entschuldigung, diese Ehre wird Thomas Metzen zuteil. „Ich mache das, weil es einfach Tradition ist“, sagt er anfangs noch, als nur seine Beine und der rechte Arm mit Erbsenstroh bedeckt sind. Später wird sich seine Meinung dazu noch ändern. Das Binden dauert etwa eine Stunde. Dafür laufen zwei Männer mit Kordeln um Thomas herum und verschnüren ihn wie ein Paket. Das Erbsenstroh stammt von Peter Hein, einem Landwirt aus Kommern, der allein für den Anbau ein Stück seiner Felder nutzt. Warum Erbsenstroh? „Als Dank für den guten Ertrag“, antwortet Roland Conraths, der Thomas als Bärenführer an die Leine legt.
Weil man unter dem Ätzebär-Kostüm so stark schwitze, müsse man immerhin seltener auf die Toilette. „Aber der weiß schon am Vortag, dass er nicht so viel trinken darf, einfach für den Kreislauf. Sonst hältst du das nicht aus“, sagt Ernst. Auch beim Essen und Kratzen müssen ihm die anderen behilflich sein. „Wenn es schlecht läuft, schiebt dir jemand ne ganze Bratwurst in den Mund. Da musst du dann durch, alleine kannst du ja nichts essen“, erzählt Ernst weiter. Ganz ehrlich: Eine eigenartige Tradition. Ich frage mich permanent, warum man sich so etwas antut. Aber mehr als „man muss ja die Tradition erhalten“, wie mir etwa Roland erklärt, bekomme ich nicht zu hören. „Wir entscheiden das einfach untereinander, wer das macht“, so Roland.
Ein weiteres Vereinsmitglied treibt Thomas von hinten mit einem Stock an. Das bekomme ich dann auch direkt zu sehen, als sich die Gruppe in Bewegung setzt. Etwa 30 Menschen laufen mit, teils in kuriosen Kostümen. So trägt Christian Hein das mumifizierte Skelett einer Katze an einem Stock mit sich herum, sein Vater Peter Hein ist als Bestatter verkleidet. Auf ihrer Route durch das Dorf sammeln sie Geld von Schaulustigen ein. „Die Leute lieben den Ähzebär und warten schon auf uns“, sagt Roland: „Für die Kinder ist das auch immer sehr aufregend. Der ein oder andere legt dann noch einen kleinen Tanz mit dem Bären ein.“ Das gesammelte Geld fließt am Ende des Tages – wie könnte es anders sein – in Bier und Schnaps.
Als erstes wird aber Prinz Bit I. abgeholt – zum ersten Mal in der Geschichte des Ähzebärs. Nach einem kurzen Fußmarsch gibt es den ersten Halt in einer der Gaststätten des Ortes. „Wir machen dort Halt, dann wird etwas getrunken“, erklärt mir der stellvertretende Vorsitzender des Vereins, Björn Schäfer. So geht das dann immer weiter: Geld sammeln, Ähzebär quälen, Bierchen trinken. Bis es an den Fluss geht, wo der Ähzebär sein Fell ablegen darf. Das wird verbrannt und damit auch die Sünden des vergangenen Jahres. Und dann wird – genau: getrunken.
Die Idee der Tradition sei, dass man den Winter austreibe. Deshalb wird der Bär auch „richtig gescheucht“. Der Ähzebär steht symbolisch für die Verfehlungen der Beteiligten. Entstanden sei der Brauch durch Freunde aus einem Fußballverein 1958, sagt Roland. Als ich Thomas gegen Ende meines Besuchs frage, ob ihm seine Rolle immer noch gefällt, scherzt er: „Ich weiß auch nicht so genau, warum ich mir das antue.“ Zum Glück stecke ich nicht in seiner Haut. Pardon, in seinem Pelz.
Hoch auf dem blauen Wagen im Zülpicher Rosenmontagszug
Viele beneiden mich vielleicht, wenn ich ihnen erzähle, wie ich aktuell meine Arbeitszeit verbringe. Zuletzt war ich als Karnevalsazubi auf dem Wagen der Blauen Funken in Zülpich unterwegs. Mit 92 Gruppen ist das der kreisweit längste Zoch. Dazu gab es bestes Wetter – entsprechend voller Menschen waren die Zülpicher Straßen und Gassen.
Wir starten an der Gaststätte Wallraff in Hoven. Für einen Karnevalsazubi schlage ich mich bis jetzt gut, finde ich: Mittlerweile habe ich nämlich auf allen Veranstaltungen einen Dauerkater. So auch heute. Leider habe ich meine Sonnenbrille vergessen. Ich frage mich unter allerhand Karnevalisten bis zu den Blauen Funken durch und erfahre, dass ich heute mit fünf gestandenen Herren auf einer Kanone reiten darf. Darauf trinken wir erstmal ein Bier.
Einer der Herren setzt mir eine Narrenkappe auf, der nächste reicht mir einen blau-weiß geringelten Schal, damit ich trotz Einhornkostüm zumindest etwas ins Bild passe. Fritz Komp erklärt mir, früher seien die Blauen Funken eine reine Fußgruppe gewesen. Erst vor einigen Jahren habe man sich einen Wagen angeschafft. Wir steigen über eine Treppe auf die Kanone. Oben häuft sich das Wurfmaterial in Handfächern hinter der Wagenfassade. „Wir haben mehr als genug zum Werfen“, sagt Manfred Beuel, genannt Manni. Vorne stapeln sich weitere Kisten mit Kamelle. Außerdem gibt es Schnaps, Rosen, Sekt, Schokolade und Apfelsinen.
Ruckartig setzt sich der Wagen in Bewegung. Ich muss mich am Geländer festhalten, um meinen neuen Kollegen nicht versehentlich anzurempeln. Die schreienden Kinder schauen immer gleich drein: aufgeregt, voller freudiger Erwartung, aber auch ein wenig verzweifelt. Wie sie einen mit großen Augen anblicken und ihre Tüten aufhalten! Ich geize nicht mit Wurfmaterial. Am liebsten werfe ich in offene Fenster, in denen Seniorinnen oder Senioren stehen. Eine ältere Frau im Rollstuhl sitzt am Straßenrand und weint, weil wir ihr Schokolade und Rosen herunterwerfen.
Übrigens bin ich die erste Frau, die auf dem Wagen mitfahren darf. Anfangs sind meine Mitfahrer noch zurückhaltend. Doch nach einigen Bierchen und Schnäpsen tauen sowohl sie als auch ich auf. Meine neuen Kollegen erzählen mir pikante Anekdoten übereinander, die ich in der Zeitung leider nicht wiedergeben kann. Außerdem sagen sie über gefühlt jede dritte Frau am Straßenrand: „Der habe ich auch mal ein Schokolädchen geschenkt!“ Mit steigendem Pegel häufen sich auch die Bützchen, die ich bekomme. Als uns das Wurfmaterial ausgeht, holt jemand plötzlich bunt bemalte Eier raus. Zum Glück haben wir fast das Ziel erreicht und ich verabschiede mich, bevor jemand versehentlich noch ein Ei an den Kopf geworfen bekommt.
In Bad Münstereifel sind die Kamellebeutel schnell leer
Ich war ein Stern, ein Einhorn und ein Hasengeist. Und jetzt werde ich zur Müllfrau. Zumindest gehe ich bei der Fußgruppe der IG „Rettet den Karneval“ in Bad Münstereifel mit, deren Mitglieder sich als Müllmänner verkleiden. Ich darf das Einhorn-Kostüm aber anbehalten. Wir haben einen Müllwagen dabei, einige Mitglieder trommeln auf Mülleimern. Wenn Mitgründerin Petra Schneider-Jonas den Deckel ihrer Tonne öffnet, sind darin weitere Süßigkeiten versteckt. Auch ich stopfe mir die Taschen mit Chipstüten, Gummibärchen und Taschentüchern voll.
Aber seien wir mal ehrlich: Die Gruppe ist zwar als Belegschaft einer Müllabfuhr verkleidet, aber wir verursachen heute mehr Müll, als dass wir aufsammeln. Jemand hängt mir einen Orden um, dann marschieren wir los, vom Eifelbad in Richtung Stadtkern. Vor den historischen Stadtmauern warten die ersten Kinder mit ihren Eltern und verlangen nach Kamelle. Mein Beutel ist schnell leer. Älteren Menschen drücke ich Cremetuben und Pflegetücher in die Hände. Die Kinder in unserer Gruppe versuchen, denen, die den Zoch aus ihren Fenstern verfolgen, Süßigkeiten hochzuwerfen. Ein Pizzaria-Besitzer drückt uns Stücke einer Margherita in die Hände, dazu gibt es ein Bierchen.
Neben mir läuft Birgit, genannt Biggi, mit der ich ein Knäuel zusammengebundener Trillerpfeifen entwirre. Hätte ich das mal gelassen. Jedes Gruppenmitglied bekommt eine und schon bald klingeln meine Ohren. Am Ende bleiben wir stehen, unsere Trommler schlagen noch einmal ihren Rhythmus auf den Mülltonnen. Ich weiß, wie anstrengend das ist. Denn ich war bei einer der Trainingsstunden dabei und habe mich selbst als Trommlerin versucht. Vor allem meine Arme taten danach weh, ich habe sogar Muskelkater bekommen.
Zuletzt ziehen die restlichen Wagen und Gruppen an uns vorbei, denn wir haben den Zoch angeführt. Die IG „Rettet den Karneval“ ist dafür zuständig, dass es überhaupt einen Zug gibt, wurde mir von den Mitgliedern erzählt. Nachdem der alte Organisator sich nicht mehr habe kümmern können, hätten sich einige der heutigen IG-Mitglieder zusammengetan und sich für den Erhalt des Münstereifeler Karnevals starkgemacht. Eine Besonderheit, wie etwa der Geister- oder der Lichterzug, war dieser Zoch für mich zwar nicht. Aber es war dennoch ein schöner Tag, den ich mit rundum sympathischen Menschen verbringen durfte.
Ein Azubi-Geist lernt im Geisterzug Springen, Kreischen, Juh-Jah-Singen
Nach dem Zauber des Lichterzugs am Freitag gibt es am Samstag ein Kontrastprogramm: Es geht nach Blankenheim zum Geisterzug. Im Karnevalsmuseum treffe ich die einzigen Karnevalisten im Kreis, die Juh-Jah schreien. In den drei kleinen Zimmern warten bereits die ersten Gardisten mit einem Kölsch in der Hand. Ich verewige mich im Gästebuch und treffe Christiane Bales. Ob sie mir mein Geisterkostüm binden kann? Ein bisschen hilflos halte ich das Bettlaken hoch, das mir ein Kollege gegeben hat.
„Klar“, erwidert sie: „Ich bin für die Kostüme zuständig.“ Sie legt mir das Betttuch über den Kopf, bindet mit einer Kordel die Öhrchen in den Stoff. „Sieht das nicht eher aus wie ein Kaninchen?“ Na klar, damit gebe ich mich vor allen als Imi zu erkennen. In Blankenheim haben Geister Hasenohren – so ist das nun mal. Einen Grund kann keiner nennen. „Das war halt schon immer so“, erklärt Bales. Die Zimmer werden immer voller, bald schon treten wir uns beinahe auf die Füße. Mit uns warten die Hexen- und Geisterfiguren, die in den Ecken des Museums lauern. In Blankenheim erinnert Karneval ein bisschen an Halloween.
Wir gehen los, durch die schmalen, gepflasterten Gassen des Städtchens. Blankenheims historischer Kern ist nicht nur schön, die in die Hügel gebaute Kirche und die Fachwerkhäuser passen perfekt zur Stimmung des Abends. Ich fühle mich in der Zeit zurückversetzt. Es ist dunkel, als wir am Rathaus ankommen. Die ersten zünden ihre Pechfackeln an, während wir auf den Obergeist warten, der Flügel trägt und auf einem Pferd geführt wird. Das Ross geht voran, wir Geister hinterher, dazwischen die Blaskapellen, die immer gleiche Melodie spielen: Das ist das Juh-Jah-Lied.
Und dann müssen wir springen, von einer Straßenseite zur anderen. Ich greife nach Bales’ Hand, ihre Freundin packt mich von der anderen Seite. „Juh-Jah, Kribbeln en d’r Botz! Wer dat net hät, dä es nix notz“, singen wir immer wieder. Dazwischen wird geschrien. Es ist ein bisschen unheimlich, aber es macht auch ein bisschen Spaß. Ich frage mich, was meine Freunde aus Bremen von mir denken, wenn sie mich hier herumspringen und schreien sehen.
Wir hüpfen den Berg bis zur Kirche hoch. Dort gibt es einen gesegneten Schnaps vom Pfarrer. Dann geht es den ganzen Weg zurück. Unten stehen die Leute und schreien zurück, wenn wir sie anspringen. Mir wird erklärt, dass der Geisterzug die bösen Geister des Winters austreiben soll. Das ist wohl die Blankenheimer Interpretation von „Feuer mit Feuer bekämpfen“. Ich fand es ziemlich verrückt. Verrückt gut.
Ein Azubi-Stern gerät in Eiserfey in den Lichterrausch
Es ist nicht einmal Halbzeit und ein Höhepunkt meiner ersten Session steht bereits an. Als Karnevalsazubi durfte ich die Feytaler Jecken auf dem Eiserfeyer Lichterzug begleiten. Ohne groß drumherum zu reden: Es war wunderschön. Mit meiner Idee von Karneval hat der Stäänedanz wenig zu tun. Alles hat geleuchtet und geglitzert – auch ich.
Die Damen um KG-Geschäftsführerin Beate Heimersheim machten mir im Voraus ein Kostüm fertig. „Das ist eines unserer ersten Kostüme gewesen“, erklärt mir Beate. Stäänedanz habe ihre Fußgruppe 2016 wörtlich genommen. Mit zwei Drachen namens Ramona und Tom aufgehübscht und einem Schild im Nacken, das mich als Karnevalsazubi ausweist, darf ich dem Sternkostüm ein zweites Leben einhauchen. Ich bin quasi das Maskottchen der Eiserfeyer Jecken, die als leuchtende Drachen gehen.
Einen Korb mit Kamelle schnappe ich mir auch, bevor wir uns in den Zoch einreihen. Als Teil einer Fußgruppe muss man überraschend oft warten. Doch dann geht es endlich los, um die Kurve und dann den Hügel hoch, durch Eiserfey. Vor uns fährt unser Wagen, der einen riesigen Drachen hinter sich herzieht. Der kleine Ort ist voller Menschen. Am Straßenrand schieben Eltern ihre Kinder nach vorne und sagen ihnen, sie sollen laut „Kamelle“ rufen. Die Jüngsten tragen Lichterketten im Haar, aber am hellsten leuchten ihre Augen.
„Pass auf, dass du nicht direkt alles wirfst“, rät mir ein Drache: „Man kommt schnell in einen Rausch.“ Sie soll Recht behalten: Nach der Hälfte des Wegs wird mein Wurfmaterial knapp. Doch das geht allen so, lasse ich mir sagen. Mein Kostüm drückt am Kopf, mir ist heiß. Trotzdem sind wir zu schnell an unserem Ziel, zu früh ist es vorbei. Diesen Lichterrausch will ich nochmal erleben – vielleicht im nächsten Jahr.
Et Elena ist bei Radio Euskirchen natürlich als Einhorn unterwegs
Ein Einhorn im Radio - das gibt es auch nicht so oft. In meiner Rolle als Karnevalsazubi Et Elena war ich zu Gast bei Radio Euskirchen. Eine Stunde lang habe ich Moderator Markus Steinacker, genannt „Steini“, begleitet und über meine erste richtige Session gesprochen. Am Ende wurde sogar mein karnevalistisches Musikverständnis auf die Probe gestellt. Ob ich bestanden habe, müsst ihr entscheiden. Es ist einer meiner entspanntesten Karnevalstermine. Ich treffe mich mit Chefredakteur Norbert Jeub und Steini in den Redaktionsräumen in Euenheim. Im Studio moderiert Steini bereits, als ich reinkomme.
Bei Kaffee und Apfelschorle erklärt mir Steini vor jedem Einspieler, worüber wir als nächstes sprechen. Zwischendrin spielt er hauptsächlich Karnevalsmusik. Sobald die roten Lampen an unseren Mikrofonen leuchten, müssen wir das Gespräch unterbrechen, damit er moderieren kann. Bevor wir richtig loslegen, ziehe ich mir noch mein Einhorn-Kostüm über. Ich bin ein bisschen aufgeregt. Hoffentlich verspreche ich mich nicht oder sage etwas Dummes.
„Mit mir steht ein Einhorn im Raum“, begrüßt Steini mich. Ich soll über meine bisherige Session berichten und was mir am besten gefallen hat. Das war definitiv der Lichterzug in Eiserfey. Wenn das Mikro aus ist, quatschen wir ganz ungezwungen. Jeub erzählt mir davon, wie er vor 15 Jahren Prinz in Lommersum war. Lommersum, war das nicht Klein-Spanien? Immerhin, mein Integrationsprogramm hinterlässt erste Spuren.
Ich erzähle Steini von meiner musikalischen Nachhilfestunde und dass ich dabei kölsche Lieder bewertet habe. Weil „Dat Wasser vun Kölle“ mein Gewinnerlied wurde, wird das auch gleich gespielt. Ab und zu informiert Jeub den Moderator über Whatsapp-Nachrichten von Hörern, die sich mit Anmerkungen oder Fragen an die Redaktion wenden. „Das mag ich so gern am Lokaljournalismus“, sagt Jeub: „Dass man nicht nur über die Menschen berichtet, sondern mit ihnen arbeitet.“ Geht mir ähnlich.
Und dann kommt Steini mit einer Überraschung. Er will vor laufendem Mikrofon meine Kölsch-Kenntnisse abfragen. Ach du liebe Zeit. Das ist wie ein unangekündigter Test in der Schule. Gleich die erste Frage kann ich nicht beantworten. Was bedeutet Öllich? Zwiebel. Trottoir bedeutet Bürgersteig, das sei aus dem Französischen angelehnt. „Da wäre ich nie drauf gekommen“, gebe ich zu. Bei Paraplü rate ich, dass es ein Fallschirm ist. Knapp daneben - Regenschirm ist richtig. Immerhin Flimmerkess kenne ich. Und Knöllchen. Wer es nicht bemerkt hat: Die Begriffe stammen alle aus dem Text von „För die Liebe nit“ von Lupo - das dann auch gespielt wird.
Zum Abschluss darf ich mir ein Lied wünschen. Wer meinen Text über meine musikalische Nachhilfestunde gelesen hat, weiß, was jetzt kommt: Nie mehr Fastelovend von Querbeat. „Ein Zeichen?“, fragt Steini. Ich beruhige ihn: „Ich werde sicher noch viele weitere Male Karneval feiern.“ Nur vielleicht mit einem etwas entspannteren Programm.