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MitgliederbefragungSo stimmen FDP-Politiker im Kreis Euskirchen über die Ampel ab

Lesezeit 4 Minuten
Frederik Schorn und Markus Herbrand stehen vor einem FDP-Banner.

Bleiben oder gehen? 320 FDP-Mitglieder im Kreis Euskirchen, hier Kreisverbandschef Frederik Schorn (l.) und MdB Markus Herbrand, können über den Fortbestand der Koalition im Bund mitentscheiden.

Bleiben oder gehen? Die FDP-Mitglieder entscheiden über den Verbleib ihrer Partei in der Bundesregierung. 320 davon im Kreis Euskirchen.

„Soll die FDP die Koalition mit SPD und Grünen als Teil der Bundesregierung beenden?“ Zu dieser Frage können derzeit die Parteimitglieder bundesweit ihr Votum abgeben, 320 davon aus dem FDP-Kreisverband Euskirchen.

„Soll sie nicht!“ Das sagen der Kreisvorsitzende Frederik Schorn aus Weilerswist und, wenig überraschend, der Bundestagsabgeordnete Markus Herbrand aus Gemünd. Die FDP gebe in der Bundesregierung als kleinster der drei Partner die Richtung vor, begründet Schorn sein Nein auf die Frage der Mitgliederbefragung.

Es gibt verschiedene Arten, sich politisch umzubringen. Diese Befragung ist eine davon.
Günter Kirchner, Bad Münstereifeler Liberaler

Die Partei habe Erfolge vorzuweisen, etwa den Einstieg in die Aktienrente oder die Senkung der Stromsteuer. „Zu einer Regierung gehören immer auch Kompromisse. In einer Koalition mit der SPD und den Grünen sind die mitunter besonders schmerzhaft. Manchmal können wir auch nur Schlimmeres verhindern“, so Schorn. Er gehe davon aus, dass dies auch die Mehrheit in der FDP so sieht. Sein Tipp: 60 zu 40 für den Verbleib.

Nicht vergessen habe er den Zustand der CDU nach der letzten Bundestagswahl, fügt der Kreisparteichef hinzu. „Söder gegen Laschet: Die CDU musste sich nach der Bundestagswahl erst einmal selbst finden, mit ihr war kein Staat zu machen.“

Hans Reiff steht vor einer Wand mit Karikaturen, auf denen er dargestellt wurde.

Der Ehrenvorsitzende Hans Reiff mahnt zur mehr Gelassenheit.

Die Alternative zur Ampel wäre derzeit die Opposition. Die FDP mache  aber nicht aus Selbstzweck Politik, „sondern weil wir das Land mitgestalten wollen“. Das gehe besser in der Regierung als außerhalb, so Schorn.

Das sieht Herbrand ähnlich. „Die Groko-Jahre mögen ruhiger gewesen sein“, sagt das Bundestagsmitglied. Sie habe aber nichts erreicht, nur das Geld mit vollen Händen in den Staatskonsum gegeben, anstatt zu investieren. Das Ergebnis seien allerorten Investitionsstaus in Milliardenhöhe, eine in Europa nahezu einmalig hohe Steuern- und Abgabenlast und eine offenbar komplett ausgehöhlte Bundeswehr, erklärte Herbrand: „In Zeiten galoppierender Inflation haben wir Handlungsfähigkeit bewiesen und weder die Menschen noch unsere Unternehmen im Regen stehen gelassen.“

Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation: Große Herausforderung für die Ampel

Den russischen Angriff auf die Ukraine habe die Regierung mit größtmöglicher Unterstützung für die Ukraine und einem beispiellosen Umbau der Energieversorgung beantwortet, ergänzt der Gemünder. Auch andere Funktionsträger im Kreis sprechen sich für den Verbleib in der Koalition aus.

„Wir haben Verantwortung übernommen, dann sollten wir sie auch erfüllen“, sagt etwa die Kaller FDP-Ortsvorsitzende Petra Kanzler. Sie sei zuversichtlich, dass es gelingen werde, „das Schlamassel zu beenden und dass am Ende etwas Gutes dabei herauskommt.“

50 Jahre FDP-Mitglied: „Da braucht man einen Hang zum Masochismus“

„Die Hütte brennt doch an allen Ecken und Enden“, beschreibt das Bad Münstereifeler FDP-Urgestein Günter Kirchner die weltpolitische Lage, mit der diese Regierung zu kämpfen habe.

Der 75-Jährige ist inzwischen mehr als ein halbes Jahrhundert Parteimitlied. „Dazu braucht es schon einen kleinen Hang zum Masochismus“, sagt er und lacht: „Aber ich möchte mir das Land ohne FDP gar nicht vorstellen.“ Und die Mitgliederbefragung? „Es gibt verschiedene Arten, sich politisch umzubringen. Diese Befragung ist eine davon“, sagt Kirchner.

Ehrenvorsitzender Hans Reiff wünscht sich mehr Gelassenheit

Mit der Gelassenheit seiner mehr als 60-jährigen FDP-Mitgliedschaft schaut auch Hans Reiff, der Ehrenvorsitzende der Kreis-FDP, auf die Diskussion. Genau diese Ruhe wünscht der Schevener vielen Menschen, auch in seiner Partei: „Es wird sich heute viel schneller aufgeregt als früher und viele sind unzufrieden, obwohl wir einiges erreicht haben.“

Auch er werde mit „Nein“ stimmen, sagt Reiff. Die Mitgliederbefragung sei grundsätzliche eine gute Einrichtung, weil auch einfache Mitglieder und nicht nur Parteitagsdelegierte mitbestimmen könnten. „Die Frage ist nur, ob sich über komplexe Sachverhalte so entscheiden lässt“, gibt der 72-Jährige zu bedenken. Da bedürfe es schon einer angemessenen Debatte. „Und das geht dann eher mit Delegierten“, so Reiff.

Euskirchener Liberaler sieht die Handschrift der FDP in der Regierung

Der Vorsitzende des Ortsverbandes Euskirchen, Professor Peter Witt, hat nach eigenem Bekunden mit „Nein“ gestimmt, also gegen ein Ausscheiden aus der Regierung. So habe die FDP mehr Einfluss als in der Opposition.

„Man kann allerdings als kleinster Partner in einer Koalition auch nicht erwarten, immer alle seine Positionen durchsetzen zu können“, plädiert Witt für Realismus. Es gebe Erfolge in der Regierung und es gebe ärgerliche Schnellschüsse wie das Heizungsgesetz oder aktuell die Abschaffung des Dieselprivilegs für die Landwirtschaft.

„Es ist aber der FDP zu verdanken, dass nicht unbegrenzt Schulden zulasten zukünftiger Generationen gemacht werden und der Sozialhaushalt nicht unkontrolliert weiter wächst“, erklärte der Euskirchener Liberale. Zudem werde, so Witt, auf Veranlassung der FDP der Klimaschutz auch mit wirtschaftlich vernünftigen Maßnahmen und unter Nutzung geeigneter Anreize umgesetzt und nicht nur mit Geboten, Verboten und ausufernder Bürokratie.

Die nicht repräsentative Befragung ergab ein eindeutiges Bild für den Verbleib in der Koalition. Lediglich ein Parteimitglied erklärte der Redaktion, dass es noch schwanke. Namentlich wollte es aber nicht genannt werden. Die Befragung endet am 1. Januar.