Hochwasser in EifelgemeindenWassermassen zerstören jahrelange Arbeit
Nettersheim/Dahlem/Blankenheim – Die Höhe der Sachschäden in den drei Eifelgemeinden Nettersheim, Dahlem und Blankenheim durch das Hochwasser ist noch nicht abzuschätzen. Und das nicht nur, weil Anwohner wie in Nettersheim entlang der Bahnhofstraße und der Genfbachstraße zum Teil alles verloren haben. Ein Feuerwehrmann aus der Ehrenabteilung einer der Löschgruppen der Gemeinde und ein weiterer Nettersheimer verloren bei dem Extremhochwasser seit dem Mittwochnachmittag ihr Leben.
Der Ex-Aktive soll von der reißenden Urft bei einem Rettungsversuch mitgerissen worden sein. Seine wie die Leiche eines weiteren Mannes aus dem Ort wird am Donnerstagvormittag, auch mit Hilfe eines Suchhundes, in Höhe des mehrere Hundert Meter urftabwärts gelegenen Waldkindergartens gefunden.
Vor den Trümmern der eigenen Existenz
Ina Nagelschmitz steht wie einige ihrer Nachbarn an der Bahnhofstraße in Nettersheim vor den Trümmern ihrer Existenz. „Das hier ist mein Kind. Ich habe das Geschäft seit 30 Jahren. Was nun wird, ich weiß es nicht.“ Ihre Postfiliale, die Buchhandlung, der Schreibwarenladen: alles zerstört.
Gegenüber versucht Friedel Schier unterdessen seine Frau zu trösten. Doch Anne Obertreis winkt nur ab – die verdreckten gelben Handschuhe, das ist ihr nun doch zu viel. Bei den beiden kam das Hochwasser zuerst von hinten, über den Garten. Es drückte durch die Terrassentür, der Druck der Welle verschloss dann die Haustür von innen. „Bis dann die nächste Welle über die Straße von vorne kam“, so Friedel Schier. Am Ende blieb nur das Obergeschoss trocken.
Hotspots in Nettersheim
Hier, mitten im Ort, wo auch das Naturzentrum von der Urft geflutet wurde, aber auch am Genfbach am nördlichen Ende von Nettersheim, waren die zwei Hotspots des Hochwassers in der Gemeinde Nettersheim, dazu noch ein dritter in Holzmülheim am Oberlauf der Erft. „Ich kann mich nur bei den 200 Aktiven unserer neun Löschgruppen für ihren pausenlosen Einsatz bedanken“, sagt Bürgermeister Norbert Crump. Sein Mitgefühl gelte vor allen Dingen den Privatleuten, die zum Teil „alles verloren haben“.
So wie Ulla Große-Meininghaus mit ihrem Schmetterlingsgarten „Eifalia“ in Ahrhütte. Die edlen Flieger im „Tropenhaus“ blieben zwar unversehrt, doch das gesamte Außengelände unweit des Ahrufers, das Areal wurde gerade erst vor wenigen Wochen nach einem großen Umbau und Vergrößerung wiederöffnet, bietet nur noch ein Bild der Verwüstung. „Und dann kamen die Engel“, sagt Große-Meininghaus.
„Was sollen wir denn heute radeln? Wir helfen!“ Herbert Ehlen, Initiator des „Fair Play Camps“ an der Gesamtschule Eifel in Blankenheim, fragte Donnerstagmorgen kurz in die Runde der mehr als 100 jugendlichen Aktiven – und dann waren an die 20 von ihnen aufs Rad gestiegen Richtung „Eifalia“. Zum Mitanpacken, wo die Hilfe dringend benötigt wurde.
Nicht nur hier, auch in Ahrdorf, wenige Kilometer flussabwärts „waren die Schäden in unserer Gemeinde mit Abstand am größten, neben überall vollgelaufenen Kellern“, so Blankenheims Bürgermeisterin Jennifer Meuren. Ganze Scheunen wurden von der Ahrflut abgerissen, und Häuser die nahe am Ufer stehen, zum Teil unterspült. In Ahrdorf wurde so gleich ein halbes Dutzend teilweise unter Denkmalschutz stehender Gebäude überflutet.
Ein Hochwasser, wie es noch keiner erlebt hat
„Das waren 2,32 Meter, sehen Sie da die Markierung?“ Andres Brück deutet im Treppenhaus seines Häuschens Richtung Zimmerdecke. Drei Jahre lang haben er und Ehefrau Angela an ihrem Schmuckstück restauriert. Innerhalb von rund sechs Stunden war alles umsonst. „Das ist wirklich grauenhaft“, stimmt ihm Karl-Heinz Thomé zu. Er ist seit 35 Jahren als Versicherungsfachwirt in der Region unterwegs und am Donnerstag seit dem frühen Morgen.
Wenige Kilometer weiter ist auch Karl-Heinz Brandenburg wie das Ehepaar Brück in Ahrdorf sprachlos. Der 85-Jährige ist Kronenburgerhütter Urgestein. Dieses Hochwasser sei anders gewesen, meint er, weil es so schnell kam. Brandenburger schaut nur stumm auf das alte Brigida-Kapellchen von Kronenburgerhütte, das komplett von der Kyll umschlossen ist.
Wenige Meter oberhalb, jenseits der Hochwasserschutzmauer, die das Bauwerk zur Abriegelung des Kronenburger Sees eigentlich sein soll, ist das, was Brandenburg meint, messbar. „Der Pegel von 490,77 Meter über Normalnull lag ganze 40 Zentimeter unter dem Punkt, an dem wir den Überlauf nach Evakuierung der Bevölkerung von Kronenburgerhütte hätten öffnen müssen“. Bürgermeister Jan Lembach hält noch einen halben Tag später im übertragenen Sinne die Luft an. Grund zur Entwarnung gibt es nicht.
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Davon ist auch in Berk am Tag danach keine Rede. Ein Seniorenehepaar, beide an die 90 Jahre alt, hat sein Häuschen verloren.
In einer früheren Version dieses Artikels hatten wir Norbert Crump mit falschem Namen genannt. Wir entschuldigen uns für den Fehler, der mittlerweile korrigiert ist.