Kinderbetreuung im Kreis EuskirchenNotbetreuung kommt (zu) gut an
Kreis Euskirchen – Rund um die Notbetreuung in den Kindertagesstätten gibt es Probleme. Zum einem wird das Angebot in einem Maße genutzt, dass der Zweck des Herunterfahrens der Kita-Betriebe beeinträchtigt werden könnte, befürchten die Verantwortlichen, nämlich die Kontaktvermeidung und damit das Eindämmen der Corona-Ansteckungen. „Alles in allem stellen wir fest: Kitas und Tagespflegeeinrichtungen betreuen aktuell mehr Kinder als im Frühjahr“, teilt Kreispressesprecher Wolfgang Andres auf Anfrage mit.
Zum anderen mache sich hier und dort schlechte Stimmung bei den Eltern untereinander breit, wie der Kreisgeschäftsführer des Deutschen Rotes Kreuzes (DRK), Rolf Klöcker, berichtet. „Es gibt welche, die sich ein Bein ausreißen, damit sie keine Betreuung in Anspruch nehmen müssen, und andere, die das Angebot nutzen, obwohl sie es nicht so dringend nötig hätten, aber sich beispielsweise im Homeoffice gestört fühlen“, erläutert Klöcker: „Wenn das aber die anderen Eltern mitkriegen, führt das zu Missstimmung, die dann nicht selten bei den Erzieherinnen abgeladen wird.“ Das sei eine Herausforderung, so Klöcker.
Aufruf von Familienminister
Er appelliere daher an alle Erziehungsberechtigten, der Bitte der Landesregierung Folge zu leisten, die Kinder nur dann in die Kita zu bringen, wenn es gar nicht anders gehe. Dieser Aufruf von Landesfamilienminister Joachim Stamp (FDP) finde nur bedingt Anklang, stellt Klöcker fest. „Wir weisen die Eltern auch immer wieder darauf hin. Aber wenn das Kind trotzdem gebracht wird, wird es natürlich auch von uns betreut.“
Von den 32 DRK-Kindertageseinrichtungen im Kreis mit insgesamt rund 1600 Kindern konnten laut Klöcker zwei geschlossen werden, weil dort keine Eltern das Recht auf Betreuung in Anspruch nehmen. „In den anderen Einrichtungen sind die Belegungsquoten sehr unterschiedlich. Sie schwanken zwischen zehn und 60 Prozent“, so Klöcker. Die meisten Kitas lägen zwischen 40 und 50 Prozent.
Land beschränkt sich nur auf Appelle
Ähnliche Zahlen nennt Bernd Kolvenbach, Geschäftsführer des Kreisverbandes des Kinderschutzbundes. 16 von 42 Kindern, also 38 Prozent, werden seinen Angaben zufolge derzeit in der Kita Wirbelwind betreut, 27 von 55, mithin 49 Prozent, in der Kita Mitbachaue (beide Euskirchen).Kolvenbach kritisiert, dass sich das Land im Gegensatz zum Frühjahr auf Appelle beschränke, obwohl die Infektionszahlen derzeit viel dramatischer seien als damals.
So würden aktuell weder die systemrelevanten Berufe genannt, bei denen eine Notbetreuung infrage komme, noch müssten Erziehungsberechtigte eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers vorlegen. Dass mit steigenden Zahlen der betreuten Kinder die Ansteckungsgefahr steige, sei dann an fünf Fingern abzuzählen, so Kolvenbach.
Trennung der Gruppen
So bemühen sich alle Kita-Betreiber, Ansteckungen zu vermeiden. Die Gruppen werden scharf voneinander getrennt betreut, um im Falle einer Infektion einen eventuellen Ausbruch möglichst klein zu halten. Die Betreuerinnen und Betreuer werden regelmäßig getestet, sechs Tests pro Person bezahlt das Land, ab dem siebten der Träger.„Wir haben ein Betretungsverbot für die Erziehungsberechtigten das ganze Jahr über beibehalten“, erläutert Kolvenbach, sodass ausschließlich Kinder und Betreuerinnen die Gebäude betreten hätten.
Immerhin: Als Infektionstreiber haben die Einrichtungen in den vergangenen Wochen keine allzu große Rolle im Kreis gespielt, wie der Leiter des Kreisgesundheitsamtes, Christian Ramolla, feststellt: „Bei den Kitas sehen wir durch den Lockdown durchaus Erfolge: Auch mit vielerorts laufender Notbetreuung ist derzeit kreisweit nur eine Kita von Corona betroffen. Zuvor musste noch im Dezember eine ganze Reihe von Infektionsfällen mit Auswirkungen auf Kitas von uns betreut werden.“
Viel Verständnis für die Eltern
Nicht ganz so hoch wie bei DRK und Kinderschutzbund sind die Notbetreuungsquoten in den Einrichtungen der Stadt Euskirchen. In der ersten Januarwoche wurden laut Stadtsprecherin Silke Winter zwischen 153 und 229 Kinder betreut – Tendenz steigend: „Das macht im Durchschnitt 200 Kinder pro Tag und somit 17 Prozent aus.“ In dieser Woche sei die Nachfrage gestiegen auf 300 bis 334 Kinder, also durchschnittlich 320 Kinder pro Tag – und somit auf einen Anteil von 27,28 Prozent. „Grundsätzlich haben wir Verständnis für die Eltern, sehen die relativ hohen Zahlen aber unter epidemiologischen Gesichtspunkten sehr kritisch“, erklärte Winter.
Aus diesem Grund appelliert auch Dahlems Bürgermeister Jan Lembach, „im Sinne der Landesregelung und des medizinischen Nutzens, dass die Kindertagesbetreuung auch in den nächsten Wochen nur in dringenden Fällen in Anspruch genommen wird“. Die eigentliche Betreuung sei gut zu regeln, so Lembach: „Darüber hinaus wird der ,infektiologische Nutzen' sicher deutlich geringer.“ In den drei Einrichtungen, die die Gemeinde Dahlem betreibt, werden derzeit im Kindergarten Dahlem 20 von 97 (21 Prozent), in Schmidtheim 14 von 47 (30 Prozent) und in Berk ein Kind von 25 Kindern (vier Prozent) betreut.
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Die Elterninitiative Familienbande ist in Zülpich Träger zweier Kindergärten an der Chlodwigstraße. „Wir haben eine Auslastung zwischen 40 und 50 Prozent“, berichtet Babsi Großer, Vorsitzende der Elterninitiative. Das sei viel, sagt die Erzieherin: „Ich glaube schon, dass Familien Not haben, aber es ist auch schwierig, Not in der heutigen Zeit zu definieren.“ Sie ist sich sicher, dass niemand ein Kind in die Einrichtung abschiebe, aber die Quote sei grundsätzlich zu hoch. Sie wisse, dass viele Familien derzeit an ihre Grenzen kämen. „Deshalb rechne ich damit, dass die Zahl der zu betreuenden Kinder in den kommenden Wochen noch steigen wird“, sagt Babsi Großer.