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Maßnahmen sorgten für KopfschüttelnKreis Euskirchen ist in der Corona-Dauerkrise

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Der Krisenstab verkündete am 5. März 2020 den ersten offiziellen Corona-Fall im Kreis Euskirchen.

  1. Die Lage in den Krankenhäusern ist angespannt.
  2. Die Pooltests in Kitas und due Impfstelle auf der Kippe.
  3. Zu Beginn der Pandemie kamen die Visiere aus dem 3D-Drucker.

Kreis Euskirchen – Etwas mehr als zwei Jahre ist es nun her, dass der erste Corona-Fall im Kreis Euskirchen bekannt wurde. Seit dem 5. März 2020 sind 736 Tage vergangen. 736 Tage, in denen sich nach Angaben des Kreises 36 842 Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert haben und 286 an oder mit Covid-19 gestorben sind. Es wurden 59 Corona-Schutzverordnungen des Landes umgesetzt und laut Kreisverwaltung bisher 866 673 Tests in Bürgerteststationen durchgeführt – Tendenz steigend.

So ganz nebenbei wurden in der Anfangszeit der Pandemie Tausende Masken genäht, es gab zwei Lockdowns und mehr als 100 Treffen des Krisenstabs. Und es war zwischenzeitlich mal gefühlt untersagt, allein auf einer Parkbank zu sitzen, weil die Inzidenz höher als 35 lag. Aktuell beträgt die Inzidenz im Kreis Euskirchen 2308,1.

Masken als Bausatz

Als die Corona-Pandemie im Kreis Euskirchen ankam, war der Landrat ein anderer – und der war auch noch im Urlaub. Günter Rosenke weilte vor zwei Jahren auf Lanzarote und kam am Freitag, 13. März, wieder nach Hause. „Einen Tag später habe ich mich vom Krisenstab über alles ausführlich informieren lassen“, erinnert sich Rosenke: „Ich hatte gedacht, dass ich in 26 Jahren als Landrat alles erlebt habe. Doch da hatte ich mich getäuscht.“

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146.587 Impfdosen wurden laut Kreis im Impfzentrum in Marmagen verabreicht. Seit zwei Jahren hat die Pandemie den Kreis im Griff. 

Er wisse noch ganz genau, wie man sich im Kreishaus mithilfe eines 3D-Druckers Visiere angefertigt habe. „Und als die Masken knapp waren, haben wir Bausätze zugeschickt bekommen. Wir haben uns die Masken selbst zusammengesetzt“, so Rosenke, der sich noch genau an die erste größere Herausforderung der Pandemie erinnert.

Corona-Update

Inzidenz

Die Inzidenzzahlen im Kreis Euskirchen steigen nach Angaben des RKI deutlich an. Wie bereits in der Vergangenheit, entwickelt sich die Inzidenz im Kreis mit einer etwa zweiwöchigen Verzögerung im Vergleich zu den Inzidenzen in Köln und den umliegenden Kreisen. Die intern berechnete Inzidenz beträgt aktuell 2308,1. Insbesondere bei den jüngeren Menschen spiegeln sich laut Verwaltung die Kontakte an den Karnevalstagen im Infektionsgeschehen. Gleichzeitig wurden die Kontaktbeschränkungen gelockert, was die Verbreitung von Covid-19 zusätzlich begünstigt. (tom)

Novavax

Grundsätzlich berichten alle Gesundheitsämter über eine geringe Nachfrage nach dem Novavax-Impfstoff. Bis Donnerstag haben sich im Kreis Euskirchen 95 Menschen für eine Impfung mit Novavax entschieden. (tom)

Krankenhäuser

Die Situation in den Krankenhäusern ist weiterhin angespannt, aber stabil. Es werden zunehmend Ausfälle durch Corona-Isolation beim Personal festgestellt, die aber kompensiert werden können. Insgesamt befinden sich laut Kreis 52 Patienten aufgrund einer Covid-Erkrankung im Krankenhaus, zwei Patienten werden auf der Intensivstation beatmet. (tom)

Anfang Juli 2020 erließ das Kreis-Gesundheitsamt eine Quarantäne-Anordnung für alle Mitglieder der Euskirchener Mennoniten-Brüdergemeinde. „Da mussten wir härter durchgreifen. Da habe ich auch mal mit der Faust auf den Tisch geschlagen“, berichtet Rosenke. Damals schränkte der Kreis die Gottesdienste ein. Das sei eine „harte Maßnahme“ gewesen, sagt der damalige Landrat: „Aber es war eine unumgängliche.“

Jahreswechsel 2020/21

Der heutige Landrat Markus Ramers „erbte“ die Pandemie von seinem Vorgänger. Für Ramers war der Jahreswechsel 2020/21 die schwierigste Zeit in der gesamten Corona-Krise.

Der Kreis hatte damals eine Allgemeinverfügung erlassen, weil die Richtlinien des Landes dem Krisenstab nicht weit genug gingen. Gegen die Allgemeinverfügung ging ein Notar gerichtlich vor und hatte Erfolg. Eine Handvoll Klagen gab es laut Ramers während der Pandemie – zuletzt von Eltern, die gegen die Pooltestung klagten.

Pooltests in den Kitas

Anfang Dezember 2021 ist der Kreis auf Drängen des Jugendamts-Elternbeirats, unterstützt durch die Träger, in die Vorbereitungen der Pooltests in Kindertageseinrichtungen gegangen.

Seit dem 17. Januar werden die Tests freiwillig durchgeführt. Doch wie lange noch? Der Vertrag des Kreises mit dem Labor läuft am 1. April aus. Genauso lange gilt die Vereinbarung mit dem Land NRW. Die Pooltests werden gerne und gut angenommen, heißt es aus dem Kreishaus.

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Landrat Markus Ramers, die stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamts Sonja Zingsheim und Ex-Landrat Günter Rosenke.

Lediglich eine Kita sei nach der neuen Testverordnung des Landes aus dem Pooltest-Verfahren ausgestiegen, so die Kreisverwaltung. Vereinzelte Eltern, die das Verfahren nicht mehr annehmen, werden bei Bedarf durch Selbsttests unterstützt. „Der Großteil der Eltern und Erzieher ist sehr denkbar, dass es die Pooltests weiterhin gibt“, sagt Kathrin Poganski von der Abteilung Jugend und Familie beim Kreis Euskirchen. Deshalb werde man an den Pooltests so lange es geht festhalten. Poganski: „Wir sind sehr gespannt, wie es nach dem 19. März und spätestens nach dem 1. April weitergehen wird.“

Freedom-Day

Die Inzidenz habe im Laufe der Pandemie an medizinischer Bedeutung verloren, sagt Landrat Ramers. Dennoch dürfe man die Pandemie nicht aus dem Blick verlieren. Auch nicht, wenn es um den Krieg in der Ukraine geht.

„In der Ukraine gibt es eine Impfquote von 35 Prozent. Das müssen wir bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen bedenken“, so Ramers, der aber auch sagt, dass Omikron die Spielregeln verändert habe: „Wir müssen lernen, dass das Virus zu unserem Leben dazugehören wird.“

„Ich finde das Wort ganz schrecklich“

Der 19. März 2022 wird gerne als Freedom-Day bezeichnet – als Tag der Freiheit. Ein Begriff, der sowohl bei Landrat Ramers als auch bei Sonja Zingsheim, stellvertretende Leiterin des Kreis-Gesundheitsamts, nicht gut ankommt.

„Ich finde das Wort ganz schrecklich“, so Zingsheim. Man sollte auch nach dem 19. März „ein gewisses Notfallwerkzeug besitzen, um besondere Lagen in den Griff zu bekommen“.

Handlungsspielraum erwünscht

Es sei wünschenswert, dass das Infektionsschutzgesetz diesen Handlungsspielraum biete.

„Einen Tag festzulegen, an dem sagt ,Jetzt ist alles vorbei’ und dann im Herbst die Rolle rückwärts machen zu müssen, finde ich kommunikativ schwierig“, so Zingsheim: „Wir brauchen eine höhere Impfquote – auch weil die Möglichkeit, sich impfen zu lassen ein Segen, ein Meilenstein ist.“

Marmagen

146587 Impfdosen wurden laut Kreis im Impfzentrum in Marmagen verabreicht. 42614 kamen seit dem 28. November durch die Koordinierende Covid-Impfeinheit (KoCI) im Kreis hinzu. Doch wie geht es mit der Impfstelle in der ehemaligen Eifelhöhen-Klinik weiter?

„Wir dürfen die Strukturen nicht verlieren. Das Personal hinter den Impfungen ist entscheidender als der Ort, wo wir impfen. Es geht also nicht darum, Marmagen permanent als Impfstelle vorzuhalten“, so Ramers.

Und sonst?

„Man darf keine falschen Erwartungen wecken“, sagt Ramers. Das sei in den zwei Jahren immer wieder passiert. Zunächst habe es geheißen, dass es reiche, soziale Kontakte einzuschränken. Dann habe man gesagt, dass die Pandemie vorbei ist, wenn sich alle impfen lassen. „Die Impfung hat persönlich einen ganz hohen Schutz. Sie hat aber auch nicht dazu geführt, dass die Pandemie vorbei ist“, so Ramers.

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Viele Veranstaltungen sind in den vergangenen zwei Jahren abgesagt worden.

Zu Beginn der Pandemie sei die Akzeptanz für Einschränkungen groß gewesen. Diese Akzeptanz sei gesunken. „Man hält sich am besten an Regeln, wenn man sie nachvollziehen kann. Und das ist irgendwann einfach schwieriger geworden“, sagt der Landrat.

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Viele Maßnahmen haben laut Zingsheim zu Kopfschütteln gesorgt – auch aus medizinischer Sicht. Dass Tierparks geschlossen worden sind, ergibt aus heutiger Sicht keinen Sinn mehr. „Wir haben in den zwei Jahren viel mit und über das Virus gelernt“, so die Expertin.