Kall – Die Tasse ist nicht mehr ganz so hellweiß wie die, die Papstar derzeit noch für heiße Getränke anbietet. „Champagnerfarbe“, nennt es Wolfgang Küpper. Klingt schön. Doch wichtiger als die äußere Erscheinung ist dem Marketing-Leiter des Kaller Unternehmens Papstar der Inhalt. Wobei es hier nicht um Kaffee oder Tee geht, sondern um das, woraus sich die Tasse zusammensetzt. „Sie besteht aus Bio-Kunststoff“, erläutert Küpper: „Für die Gewinnung von Stärke wird Mais verwendet.“ Wir sind beim Thema Nachhaltigkeit angelangt.
Als im vergangenen Jahr die Europäische Union mit der Ankündigung aufwartete, Plastikbesteck, -teller oder -strohhalme zu verbieten, wurden Fragen laut: Muss man sich Sorgen um Papstar machen, dem großen Arbeitgeber in der Eifel mit europaweit 1.500 Beschäftigten, davon 500 in Kall?
„Nein, muss man nicht“, stellt Küpper klar. Auch an den geplanten fünf Millionen Euro teuren Investitionen in ein weiteres Zentrallager, die für dieses Jahr vorgesehen sind, werde nicht gerüttelt. In diesen Tagen starte zudem der Testlauf für das Automatische Kartonlager (AKL), das den Vertrieb im Internet-Geschäft modernisieren soll.
Spielt das Plastikverbot also keine Rolle für die Kaller? „Wir halten die Verordnung zwar für falsch“, antwortet Küpper, „wir können aber mit ihr umgehen.“ Dafür nennt er zwei Gründe:
Die Vertriebsstruktur
In Kall werden die Einweg-Tassen, -Teller oder -bestecke ja nicht hergestellt, sie werden von hier aus europaweit vertrieben. Bis zu 1.000 Lieferungen verlassen täglich die Lager – nach einem hochtechnisch-ausgeklügeltem System.
Daher, so Wolfgang Küpper, sei Papstar von der EU-Verordnung nicht allzu heftig betroffen, im Gegensatz zu seinen etwa 220 Partnerfirmen, die die rund 7.000 Artikel nach Kall liefern. Bei denen habe die Verordnung allerdings anfangs zu einer gewissen Schockstarre geführt. „Da werden jetzt hohe Investitionen nötig sein“, sagt Küpper. Vor allem die Schnelligkeit, mit der die ansonsten eher als schwerfällig verschriebene Brüsseler Bürokratie das Plastikverbot auf die Schiene gesetzt hat, habe viele hart getroffen. „Wir wissen ja auch nicht, wie sich die Verordnung dann in der Realität auswirken wird“, so Küpper: „Sie gilt zwar für alle EU-Länder, ob sich dann aber auch alle gleichmäßig daran halten werden, steht wieder auf einem anderem Blatt.“ Mit einigen dieser Zulieferer arbeite Papstar bereits seit mehr als 30 Jahren zusammen.
Die Europäische Union will die Meere vor Plastikabfällen schützen
Bis etwa zwei Jahren sollen möglichst alle Kunststoffartikel verschwinden. Das ist das Ziel der Europäischen Union (EU).
Betroffen sind Produkte, für die es Alternativen gibt: etwa Plastikgeschirr und -besteck, Trinkhalme aus Kunststoff, Luftballonhalter, Wattestäbchen und Lebensmittelbehälter aus expandiertem Polystyrol, wie sie häufig verwendet werden, um Obst oder Gemüse zu verpacken. Mit der Verordnung sollen die Meere geschützt werden, so die EU-Kommission.
26 Millionen Tonnen Plastikmüll fielen jedes Jahr in den 28 EU-Mitgliedstaaten an. Ein Großteil davon lande im Meer. Umweltverbände begrüßten die Pläne. Dies werde „definitiv helfen“, die Meere sauberer zu machen, teilte etwa der Bund für Umwelt- und Naturschutz mit.
Auch der Städte- und Gemeindebund NRW erwartet positive Effekte des EU-Plastikverbots. „Das Essen unterwegs ist zum Trend geworden. Dennoch könnte ein Verbot von Plastikgeschirr und -besteck dazu führen, dass künftig weniger Abfall herumliegt“, sagte ein Sprecher des Städte- und Gemeindebundes NRW, als die Pläne bekanntwurden. (sch)
Nochmals zeigt Küpper auf die Biokunststoff-Tasse – als ein Beispiel für die mehr und mehr nachhaltig hergestellten Produkte, die das international bekannte Papstar-Emblem tragen. „Sie ist in einer industriellen Kompostanlage mit Wärme in drei bis vier Tagen abbaubar, eine Zwiebelschale braucht sieben bis acht Tage“, sagt Küpper.
Zurzeit werde die Tasse aber immer noch nicht den Ansprüchen der EU gerecht. „Aber die Entwicklung geht rasant voran“, so der Marketingleiter. Zwei Jahre habe die Entwicklung dieser CPLA-Tasse (Crystaaized Polylactid) gedauert.
Die Herstellung dieses Artikels sei etwa zwei- bis viermal so teuer wie die der herkömmlichen Plastiktasse. Bernd Born, bei Papstar für Marketing und Kommunikation zuständig, erklärt das so: „Weil das Material zähflüssiger ist, dauert es länger, die Tasse zu formen, was die Zeitabläufe in der Produktion verlängert.“
Doch der höhere Preis werde den Absatz bei Papstar kaum beeinflussen, prognostiziert Küpper: „Wenn die Tasse Kaffee am Bahnhof oder auf der Kirmes dann zehn Cent mehr kostet, wird dies das Kaufverhalten sicher nicht gravierend ändern.“
Bisherige Anstrengungen
„Das Green-Brands-Gütesiegel tragen wir mit großem Stolz“, sagt Papstar-Geschäftsführer Bert Kantelberg, „denn es bestärkt uns darin, unsere unternehmensweiten Umwelt- und Nachhaltigkeitsanstrengungen weiter mit großem Nachdruck zu verfolgen.“
Ob es die strikt vollzogene Mülltrennung in den Papstar-Gebäuden sei, oder die firmeneigene Kompostanlage, die mit Wärme arbeite und alle Geschirre und Bestecke aus der Kantine sowie Speisereste und Kaffeesatz innerhalb weniger Tage zu Kompost verarbeitete – Papstar habe schon auf Nachhaltig gesetzt, als vom Plastikverbot noch keine Rede gewesen sei. Auch in der Produktpalette gehe es voran. „Mittlerweile werden bereits 45 Prozent der Papstar-Serviceverpackungen und 74 Prozent der Tischdekorationsprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt, erklärt Küpper. Künftig würden neue Technologien es ermöglichen, mehr Produkte aus lokalem Holz mit bester Umweltbilanz herzustellen.
Papstar in Zahlen
70.000 Palettenstellplätze umfasst das Papstar-Zentrallager in Kall. Im vollautomatisierten Hochregallager werden monatlich in der Abhol- und Auslieferungslogistik 2900 Tonnen in rund 13 000 Lieferungen bewegt. Neben Kall hat Papstar Vertriebszentren in Österreich Spanien, Frankreich, Schweden und Polen.
200 Millionen Euro setzte das Unternehmen im Jahr 2017 um. 7000 Artikel liefert es weltweit in 52 Länder. Gesucht würden weiterhin Fachkräfte, etwa in Logistik, IT und E-Commerce, so die Geschäftsführung. (sch)
Küpper macht keinen Hehl daraus, dass er von der EU-Verordnung nicht viel hält: „Sie schürt Erwartungen, die sie nicht erfüllen kann.“ Zwei Prozent des Plastikmülls in den Meeren kämen aus Europa, 0,2 Prozent aus Deutschland. Eine großangelegte Werbeaktion, die vom Wegwerfen der Produkte abhielte, hätte wahrscheinlich mehr bewirkt als die Verordnung, vermutet Küpper: „Man muss sich das doch nur mal am Kölner Hauptbahnhof ansehen. Die Müllbehälter sind viel zu klein, um eine vernünftige Mülltrennung zu gewährleisten.“ Am Ende seien es immer die Menschen, die entschieden, ob die Einwegtasse im Fluss oder in der dafür gedachten Tonne lande.