Teuer geparktEinige Besucher der Herbstschau in Kall fühlen sich von Unternehmen abgezockt

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Blick auf den Parkplatz mit den Geschäften im Hintergrund.

Auf diesem Parkplatz hatten Besucher der Gewerbeschau geparkt. Später erhielten sie ein Schreiben mit einer „Vertragsstrafe“.

Wer bei der Kaller Gewerbeschau sein Auto länger als 90 Minuten auf dem Woolworth-Parkplatz abgestellt hatte, zahlt 45 Euro Strafe. 

Der Ärger ist groß, das hässliche Wort Abzocke steht im Raum. Der Grund: Tausende Besucher waren vor gut drei Wochen zur Kaller Gewerbeschau gekommen. Die Gemeinde hatte für das Fest unter anderem mit den reichlich vorhandenen Parkplätzen geworben. Doch gut eine Woche nach der Veranstaltung gab es für einige Besucher, die auf dem Parkplatz der Woolworth-Filiale geparkt hatten, ein böses Erwachen.

Ein Schild weist auf die maximale Parkzeit von 60 Minuten und die Vertragsstrafe von 30 Euro hin. Im Hintergrund sind die Schilder von Tedi und Kik zu sehen.

Auch an den Filialen von Tedi und KiK am Siemensring gibt es eine Parkraumbewirtschaftung.

Weil sie dort beim Gewerbefest länger als 90 Minuten geparkt hatten, müssen sie jetzt eine „Vertragsstrafe“ von 45 Euro plus 5,10 Euro Bearbeitungsgebühr bezahlen. Das Schreiben kam von der Loyal Parking Deutschland GmbH mit Sitz in Dortmund, die den Parkplatz in Kall mit Videotechnik und Kennzeichenerfassung überwacht.

Anzeige erstattet weil Aufnahmen auch den öffentlichen Raum zeigen

„Ich fühle mich wirklich ausgenommen, andere Wörter möchte ich hier nicht verwenden“, ist Wolfgang Schmidt aus Mechernich stinksauer. Harald Heinen, stellvertretender Leiter des Kaller Ordnungsamtes, bezeichnet die Knöllchen als „Unverschämtheit“. Er hat Strafanzeige gegen das Unternehmen gestellt, weil bei den Videoaufnahmen auch öffentlicher Raum zu sehen sei. Loyal Parking verteidigt dagegen auf Nachfrage das Vorgehen.

Schmidt war eigens nach Kall gefahren, um die Gewerbeschau zu besuchen. „Da es keine Ausschilderung für allgemeine Parkplätze gab, habe ich mich auf den Geschäftsparkplatz gestellt“, berichtet der Mechernicher. Danach sei er dann über die Gewerbeschau und durch die Geschäfte gebummelt.

„Tage später bekommt man dann plötzlich ein Schreiben mit einem Verwarngeld von 50 Euro.“ Die Gemeinde habe aber bei der Gewerbeschau damit geworben, dass die Geschäfte geöffnet seien und man kostenlos parken könne. „Hier wurden die Besucher der Gewerbeschau, zumindest die diesen Parkplatz und die Geschäfte besucht haben, von der Überwachungsfirma wissentlich hinters Licht geführt und abgezockt.“

Beim Befahren des Platzes entsteht ein rechtswirksamer Vertrag

In seinem Frust schrieb Schmitt dem Unternehmen, erhielt aber nur eine sehr allgemeine Antwort. Die Kunden könnten ja kostenfrei parken, heißt es, müssten aber die ausgehängten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) befolgen. Beim Befahren des Platzes entstehe ein rechtswirksamer Vertrag. „In Ihrem Fall wurde eine Überschreitung der Höchstparkdauer festgestellt. Wir bedauern, Ihnen keinen positiven Bescheid mitteilen zu können, und bitten um Ihr Verständnis.“

Bei der Gemeinde liegen schon rund ein Dutzend Beschwerden vor. Harald Heinen hat daraufhin versucht, der Sache auf den Grund zu gehen. „Ich habe zuerst mehrfach bei Woolworth angerufen, bin aber nicht bis zur Geschäftsführung vorgedrungen. Eine Frau hat mich dann an Loyal Parking verwiesen.“

Dort habe auch er seinen Unmut geäußert und in dem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass er Strafanzeige erstattet habe, weil von „Parksündern“ vorliegende Fotos beweisen, dass die Kamera auch öffentlichen Raum aufzeichne. Das ist nach der Datenschutz-Grundverordnung aber nicht erlaubt. „Die Rechtsabteilung will sich nun melden“, so Heinen.

Bürgermeister von Kall kritisiert Vorgehen des Unternehmens

Bürgermeister Hermann-Josef Esser ist ebenfalls erbost: „Alle anderen Unternehmen stellen ihre Parkplätze für die Gewerbeschau kostenlos zur Verfügung. Dann kann es nicht sein, dass andere damit Geld verdienen.“ Die Gemeinde habe davon nichts gewusst. Er habe schon mit Andreas Brucker, dem Vorsitzenden des Gewerbevereins, gesprochen, damit sich das bei der nächsten Veranstaltung nicht noch einmal wiederhole.

Loyal Parking hält trotz des Sturms der Entrüstung an den Vertragsstrafen fest. Man habe von Woolworth den Auftrag erhalten, ein modernes Parkraumbewirtschaftungssystem zu installieren, teilt Kristina Martin, Leiterin Marketing und PR, mit.

Fläche ist ein Privatparkplatz für Woolworth-Kunden

Bei der Fläche in der Hüttenstraße 96 handele es sich um einen Privatparkplatz, der Woolworth-Kunden während ihres Aufenthaltes innerhalb der Ladenöffnungszeiten kostenfrei zur Verfügung stehe. „Wir können den Wunsch der Besucher des Gewerbefestes am 24. September gut nachvollziehen, eine Parkgelegenheit für ihr Auto zu finden“, so Martin.

Aber die schwierige Suche nach einem freien Parkplatz sei leider kein hinreichender Grund, sein Fahrzeug auf einem privaten Grundstück abzustellen. „Parkende, die gegen unsere AGB verstoßen, werden deshalb mit einer Sanktion belegt. Dazu weisen wir am Parkobjekt durch Aushang unserer AGB gut sichtbar auf unsere Tätigkeit und Konsequenzen bei Zuwiderhandlung hin.“

Loyal Parking: „45 Euro Vertragsstrafe sind absolut marktüblich“

Diese Regelung gelte auch bei außergewöhnlichen Ereignissen wie einem Gewerbefest. Wenn der Auftraggeber die vereinbarten Regeln zu außergewöhnlichen Anlässen aussetzen wolle, werde das geprüft. „Dies ist hier allerdings nicht geschehen. Demnach waren wir über das Fest am 24. September nicht informiert.“

Auf die Frage, warum die Parkraumbewirtschaftung in Kall eingeführt wurde, verweist Martin darauf, dass die digitale Parkraumüberwachung bei allen Woolworth-Standorten eingesetzt werde, an denen „hoher Parkdruck oder ein sonstiges Problem mit Fremd- und Dauerparkern herrscht“. Die Höhe der Vertragsstrafe sei mit 45 Euro absolut marktüblich und werde gemeinsam mit den Auftraggebern festgelegt.

In Kall bewirtschaftet Loyal Parking noch einen zweiten Parkplatz, nämlich den von Tedi und Kik am Siemensring. Dort darf mit Parkscheibe eine Stunde lang geparkt werden. Dauert es länger, muss man 30 Euro bezahlen.

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