HexenwahnHexenprozess-Protokoll von 1629 aufgetaucht

Gebunden liegt die Kopie desProtokolls vor, das Gabriele Rünger und Claudia Kauertz an Uwe Friedl übergaben.
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Euskirchen – Elisabeth Mießeler starb eines grauenvollen Todes – als angebliche Hexe. „Es war ihr zwar gelungen, aus ihrem Gefängnis im Schloss zu Flamersheim zu fliehen, doch bevor sie Richtung Kirchheim entkommen konnte, wurde sie gefasst. Weil sie wusste, was ihr bevorstand, versuchte sie noch, sich im Burgweiher zu ertränken. Doch sie wurde mit Haken herausgefischt und schließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt“, berichtet Dr. Gabriele Rünger. Die Vorsitzende des Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen ist beeindruckt von der wahren Geschichte, die sie nun erstmals im Originaltext aus dem Jahr 1629 studieren konnte.
Unveröffentlichte Seiten sind zu erforschen
Dr. Claudia Kauertz vom LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum ist es gelungen, das Dokument in den USA wiederzuentdecken. Es schlummerte dort in einer Universitätsbibliothek. Es ist in solch schlechtem Zustand, dass der Kurator entscheiden musste, ob es digitalisiert werden durfte. Es durfte, und so liegt es nun – ebenfalls dank Kauertz – in gebundener und gut lesbarer Fassung wieder in Euskirchen vor. Gut lesbar ist die Schrift allerdings nur für Menschen, die noch Kurrent lesen können, die deutsche Amtsschrift, der sich auch der Protokollant im Jahr 1629 auf allen 54 beidseitig beschriebenen Blättern bediente.
Fünf Prozesse sind wiedergegeben, die dem damaligen Hexenwahn entsprangen, aber von der Tomburgischen Gerichtsbarkeit mit allen Mitteln der Justiz geführt wurden. Dazu gehörten auch Folter und Hinrichtung. Die Opfer waren allesamt alleinstehende Frauen, vier von ihnen waren im fortgeschrittenen Alter. Neben „Elsen Misseler“, wie es im Protokoll steht, wurden Apollonia Peltzer, Adelheid Groffjans, Barbara aus der Rischgasse und Cäcilia Linden peinlichst verhört. „Durch die Veröffentlichung von 1861 wissen wir, dass mindestens drei dieser fünf Frauen hingerichtet wurden. Nun ist es spannend, ob wir aus den damals nicht abgeschriebenen Teilseiten noch erfahren können, was mit der Frau geschah, die trotz Folter nicht gestand“, sagte Rünger, die als Chefin des Euskirchener Stadtarchivs gleichzeitig Empfängerin des Nachdrucks ist. „Denn nach damaligem Rechtsverständnis war sie unschuldig.“
Kauertz will sich nun an die Texte der fragmentarisch überlieferten Seiten machen und darin nach Informationen suchen. Sie plant einen Aufsatz in den Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, in der Ausgabe, die Ende nächsten Jahres erscheint. Auch in Adelsarchiven will sie noch nach Hexenprotokollen suchen, zumal sie von Schmidtheim weiß, dass dort wohl unerforschte Hexenprotokolle bewahrt werden. Obwohl man vom Rheinland wisse, dass hier ein Zentrum der Hexenverfolgung gewesen sei, fehlten Dokumente. „Die Blutgerichtsbarkeit mit der Hoheit über das Leben stand damals den Herrschaften zu. Und sie haben wohl dankbar genutzt, welche Macht sie mit den Hexenprozessen ausbauen konnten“, sagte Kauertz. Sie glaubt, dass hier mehr als 1000 Menschen starben, weil man sich einredete, sie gehörten zu einer Geheimsekte, deren Mitglieder sich durch einen Sexualakt dem Teufel verschrieben hätten, um für den Gegenspieler Gottes andere Menschen mit Tod, Krankheit oder Unwetter zu drangsalieren.
Auf Hexenplätzen, wie von der Äbtissin zu Schweinheim bezeugt, hätten sie heimlich getanzt. „Opfer aus Billig und Roitzheim kennt man, die in Gudenau hingerichtet wurden, in Münstereifel starb nur eine Person aus Blankenheim“, sagte Rünger: „Aber dafür, dass es keine Hexenprozesse in Euskirchen gegeben hätte, würde ich nicht die Hand ins Feuer legen.“
Zum Projekt „Herren und Hexen“ gibt es am 7. und 8. November im Seminarhaus des Klosters Schweinheim eine Fachtagung des Geschichtsvereins des Kreises Euskirchen.