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Verantwortung übernehmenHellenthaler Pfadfinder geben Stolpersteinen ihren Glanz zurück

Lesezeit 4 Minuten
Drei Jugendliche in Pfadfinderhemden hocken auf dem Boden. Sie reinigen mehrere Stolpersteine, mit denen an von den Nationalsozialisten ermordete Mitbürger erinnert wird.

Mit Putzmittel, Drahtbürste und Körperkraft entfernten die Pfadfinder den Alltagsdreck auf den Stolpersteinen.

Die Hellenthaler Pfadfinder wollen die Erinnerungskultur aufrechterhalten und sich um die Pflege der Stolpersteine in der Gemeinde kümmern.

Markant leuchtet die Messing-Oberfläche der Stolpersteine, wenn die kleinen Denkmäler in den Bürgersteig vor den Häusern und Grundstücken eingelassen worden sind, die der letzte freiwillig gewählte Wohnort der Opfer und Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes waren. Doch auch an den Stolpersteinen geht die Zeit nicht spurlos vorüber.

Wenn die Menschen über sie hinweggehen, dann werden sie poliert und behalten ihr bronzefarbenes Glänzen. Doch ansonsten kann es passieren, dass das Metall mit der Zeit anläuft und eine dunkle Patina erhält. Um ihnen ihre ursprüngliche Farbe wiederzugeben, machten sich die Mitglieder der „Pfadi-Gruppe“ des DPSG-Pfadfinderstammes Hellenthal an die Arbeit. Sie gaben den Steinen mit Drahtbürste, Polierpaste und Bürste ihren Glanz zurück.

Der Arbeitskreis JudiT.H setzte sich für die Putzaktion ein

30 Steine sind seit 2013 in der Gemeinde verlegt worden. Dass die Pfadfinder sich auf den Weg machten, die Steine zu polieren, geschah auf Initiative von Margarete Felser-Micken aus dem Arbeitskreis JudiT.H (Juden im Tal Hellenthal). Bisher hatten sich die engagierten Mitglieder der Gruppe nicht nur um die Aufarbeitung der Schicksale der Hellenthaler Juden, sondern auch um die Pflege der Steine gekümmert.

Doch das werde aus Alters- und Gesundheitsgründen zunehmend schwierig, berichtete Felser-Micken. So kontaktierte sie Gregor Zieger, ob die Hellenthaler Pfadfinder helfend einspringen könnten. „Das Gespräch war erfreulich“, so Felser-Micken.

An drei Stolpersteinen, die an die Familie Rothschild erinnern, ist der Erfolg der Putzaktion deutlich zu erkennen: Der Stein oben links hat noch eine deutliche dunkle Patina, der untere glänzt wieder.

Deutlich zu sehen ist der Unterschied schon nach dem ersten Putzgang.

13 bis 16 Jahre sind die Jugendlichen in der Pfadi-Stufe alt. „In jeder Stufe geben die Pfadfinder ein Versprechen ab, und wir haben uns überlegt, mit diesem Thema etwas zu machen“, so der Leiter der Gruppe, Christian Schmitz. Beim Herbstlager, das in jedem Jahr an Allerheiligen durchgeführt werde, solle das Versprechen abgelegt werden. Und, erfreulich für den Arbeitskreis: Zwei Mitglieder der Pfadis interessieren sich für eine Mitarbeit bei Judit.H. „Das finde ich toll, weil wir ansonsten keinen Nachwuchs haben“, so Felser-Micken.

15 Mitglieder hat die Hellenthaler Pfadi-Gruppe, die sich natürlich, bevor Drahtbürste und Putzeimer zum Einsatz kamen, auch informierten, welche Schicksale hinter den Namen auf den Stolpersteinen stecken. „Das war traurig zu sehen“, sagte Bastienne Blümel. Schließlich seien das Menschen gewesen, die einfach nur leben wollten.

Pfadfinder wollen die Hellenthaler Stolpersteine dauerhaft pflegen

Nicht nur Begeisterung entfachten die Pfadfinder, als sie schließlich zu Werke gingen. „Einer war frech“, berichtete Bastienne Blümel über einen Passanten. Er habe sein Auto absichtlich so hingestellt, dass die Jugendlichen kaum noch an den Stolperstein herankamen. „Er sagte, dass er bei der Gemeinde anfragen wolle, ob die Stolpersteine nicht wegkommen könnten“, berichtete sie. Doch davon hätten sich die Pfadfinder auch nicht abhalten lassen, ihren Job zu erledigen.

Ganz anders dagegen reagierten Anwohner einer anderen Straße: „Die haben uns extra ein besonderes Putzmittel geschenkt, mit dem wir die Steine saubermachen könnten“, berichtete das Mädchen. Das kam auch zum Einsatz, als die Pfadfinder die letzten drei Steine in der Alten Schulstraße in Blumenthal in Angriff nahmen.

Mit Akkuschrauber und Drahtbürste machten sich die Jugendlichen an die Arbeit. „Wir können uns darauf einlassen, auch dauerhaft die Pflege der Stolpersteine zu übernehmen“, sagte Gregor Zieger von den Pfadfindern. Das Thema passe ideal zu den Grundsätzen der Pfadfinder, betonte er. Schließlich versuchten die Pfadfinder immer, Dinge für die Gemeinschaft zu machen. „Das passt zu uns, das machen wir gerne“, sagte er.


Stolpersteine in der Gemeinde Hellenthal

2017 wurden zum bisher letzten Mal in Hellenthal Stolpersteine verlegt. Insgesamt gibt es in der Gemeinde 38 Stolpersteine. Allerdings konnten nicht alle Steine wie vorgesehen verlegt werden, da in Hellenthal für die Verlegung der Stolpersteine in den Gehwegen eine Zustimmung der Anwohner erforderlich ist.

Als 2013 Stolpersteine in Kirschseiffen verlegt wurden, gab es für sechs Steine keine Genehmigung. Sie werden seitdem in der evangelischen Kirche in Hellenthal aufbewahrt. Bei der Verlegung im Jahr 2017 konnten ebenfalls zwei Steine mangels Zustimmung der Anlieger nicht verlegt werden. Sie werden seitdem in der katholischen Pfarrkirche St. Anna aufbewahrt.