Freilinger SeeDie „Titanic“ ist gehoben

Auch im Freilinger See gesunken: die Titanic.
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Freilingen – Muscheln bedecken die vier Schornsteine. Algen ranken sich um das Wrack. Die Schiffsschrauben sind noch erhalten, sie scheinen sogar funktionsfähig zu sein. Einen von einem Eisberg aufgeschlitzten Bug sucht man aber vergebens. Warum ist die „Titanic“ gesunken? Das wissen die Taucher des „Dive Teams“ aus Euskirchen nicht, auch wenn sie gerade das Schiff geborgen haben – zumindest die Modellbau-Variante davon. Die Taucher gehen davon aus, dass das ferngesteuerte Schiff schon lange auf dem Grund des Freilinger Sees gelegen hat, da sich viele Muscheln in den Schornsteinen eingenistet haben.
Das neunköpfige Taucher-Team sucht nicht vorrangig nach Schiffswracks, sondern nach Müll. Bezahlt werden die Taucher für den Einsatz im See nicht. „Für uns ist es eine nette Trainingseinheit und so kurz vor den Ferien erhöht es für die Badegäste den Wohlfühlfaktor“, sagt Tauchlehrer Michael Krüger. „Man wundert sich schon, was so alles auf dem Grund eines Sees liegt“, so der gelernte Maschinenbauer.
Der Chef des „Dive Teams“ und seine Mitstreiter bringen einige skurrile Dinge ans Tageslicht. Über Kindersandalen und eine Schwimmflosse wundert sich niemand. Wohl aber über ein knapp drei Meter langes Abflussrohr oder einen schweren Betonklotz, um den ein Seil gebunden ist. „Und wo ist die Leiche, die die Mafia hier versenkt hat?“, scherzt ein Taucher. Die finden die Taucher Gott sei Dank nicht. Stattdessen fischen sie fast 40 Glasflaschen aus dem Wasser. „Das ist natürlich gefährlich, aber leider auch der Alltag. Da ist der Freilinger See keine negative Ausnahme“, so Krüger.
Der Freilinger See ist ein beliebter Freizeit- und Erholungsort mit sehr guter Wasserqualität.
Auch zu einem Spaziergang lädt das Gelände ein: Um den gesamten See verläuft ein Wanderweg.
Die Gemeinde hat zwischen 1973 und 1976 mit Fördergeld des Landes NRW das
Staubecken Weilerbach errichtet.
Einstaubeginn war im November 1975, das Gewässer ist unter dem Namen Freilinger See bekannt.
Der Stausee hat die Aufgabe, die anfallenden Hochwasser des Weilerbaches vollständig oder teilweise zurückzuhalten. Der Damm hat eine Länge von rund 420 Metern, die Kronenbreite beträgt 13,50 Meter und die maximale Dammhöhe liegt bei 23 Metern.
Bei dem Stauziel von 447,78 Metern über dem Meeresspiegel werden rund 780 000 Kubikmeter Wasser
aufgestaut. An der tiefsten Stelle ist der See etwa zehn Meter tief. (tom)
In Kleingruppen gehen die Männer auf Tauchstation. Das ist Pflicht – im Notfall ist einer da, der helfen kann. Krüger selbst war zwar noch nie in Gefahr, dafür aber ein langjähriger Tauchpartner. „Das war eine Situation, die ich nicht noch einmal brauche“, so Krüger, der dreimal pro Woche „abtaucht“.
Bevor die Taucher loslegen können, sind Tameer Eden und Mike Jansen im Einsatz: Sie bringen die „Caveline“ aus. Mit der dünnen Schnur stecken sie unter Wasser Bereiche ab, in denen das Team später arbeitet. Außerdem dient die Leine als Orientierungshilfe in trüben Gewässern. Im Freilinger See ist die Sicht an diesem Abend aber überraschend gut. „Normalerweise ist das Wasser hier trüb, aber heute macht es richtig Spaß“, so Eden, der zwei Sauerstoffflaschen auf dem Rücken trägt, da er die längste Zeit unter Wasser sein wird.
Das Wasser ist mit 19 Grad ebenfalls angenehm temperiert. Die Pressluft in den Flaschen auf dem Rücken reicht für knapp zwei Stunden. Eine Nadel zeigt an, wie lange der Taucher noch unter Wasser bleiben kann. „Sobald man im roten Bereich ist, sollte man auftauchen“, erklärt Dario Malter. Der Zehnjährige ist das jüngste Mitglied des „Dive Teams“. „Er ist eine echte Wasserratte“, sagt sein Vater Laurentius, der selbst mit nach Müll sucht. Sobald Vater und Sohn etwas zum Ufer gebracht haben, gehen sie rückwärts wieder ins Wasser. „Vorwärts geht es aufgrund der Flossen nur sehr schwer. Auch wenn es komisch aussieht, rückwärts ist es halt einfacher“, sagt der Schüler, dessen Tauchausrüstung gut 1000 Euro kostet.
Für die Gemeinde Blankenheim ist die Reinigung kostenlos. „Das ist eine tolle Sache und nicht nur für die Badegäste ein Sicherheitsgewinn, sondern auch ökologisch sinnvoll“, sagt Bürgermeister Rolf Hartmann.
Freilingens Ortsvorsteherin Simone Böhm kann dem nur beipflichten: „Ich habe damit gerechnet, dass hier Flaschen drin liegen. Es ist besser, wenn sie jetzt im Müll landen.“ Auf den Goldschatz, der die Gemeinde von allen finanziellen Problemen befreien würde, stoßen die Taucher allerdings nicht. Krüger: „Wir haben noch nie etwas Wertvolles gefunden. Aber man weiß ja nie...“