Euskirchener PortraitAlbert Wichterich ist seit 50 Jahren für die CDU aktiv

Euskirchens dienstältester Stadtverordneter Albert Wichterich, seit 46 Jahren im Rat.
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Euskirchen – An den Wänden in seinem Büro ist kaum noch Platz. Überall Plaketten, Tafeln, Wappenteller, Urkunden. Eine weist Albert Wichterich als Ehrenmitglied des SC Roitzheim aus. Die Auszeichnung wurde ihm zuteil, weil er sich als Politiker für die Modernisierung des Roitzheimer Sportplatzes eingesetzt hat. „Das ist mir fast peinlich. Daran haben ja auch andere mitgewirkt“, verweist Wichterich auf die entsprechenden Beschlüsse der Ratsgremien in Euskirchen.
Seit 50 Jahren ist er in der Politik
Die Ehrung illustriert das Verhältnis zwischen dem CDU-Stadtverordneten auf der einen und zahlreichen Vereinen auf der anderen Seite. Die Vorstände kontaktieren ihn, wenn sie ein Anliegen haben, und schätzen das Engagement, das er für ihre Sache an den Tag legt . Er gibt die Komplimente zurück: „Die Vereine sind für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft unersetzlich. Sie stehen für Tradition im besten Sinne, egal, ob Sportclub, Schützengesellschaft oder Junggesellenverein.“
Wichterich ist 78 Jahre alt. Vor fünf Jahrzehnten wurde er erstmals Mitglied eines politischen Gremiums. Wenn er diesen Zeitraum Revue passieren lässt, kommt er immer wieder auf die zurück, die sich freiwillig für andere ins Zeug legen: „Das Ehrenamt kann man nicht hoch genug bewerten. Für ein funktionierendes Gemeinwesen ist es unersetzlich. Als Ratsmitglied unterstütze ich Ehrenamtler so gut, wie es nur möglich ist.“
Vielseitig
In jungen Jahren war Albert Wichterich ein vielseitiger und erfolgreicher Sportler. Als Turnierreiter des RV Enzen-Euskirchen wurde er 1957 in seiner Altersklasse Kreismeister im Jagdspringen, Zweiter in der Vielseitigkeit und Dritter in der Dressur.
Im Jahr zuvor war er Jugendstadtmeister im Brustschwimmen geworden. Im Trikot des Euskirchener SC nahm er auch häufig an Wettbewerben im Waldlauf teil. „Heute nennt man das Crosslauf. Ich war oft vorne dabei, aber zwei waren meistens schneller: Ulf und Wido Schlüter.“ Mit Ulf Schlüter (FDP) saß Wichterich später lange gemeinsam im Stadtrat.
Noch heute hält sich der gertenschlanke 78-Jährige mit Bewegung fit: Er betreibt Nordic Walking, liebt Spaziergänge und spielt Golf. (ejb)
Die politische Laufbahn des Euskircheners hatte 1969 mit dem Eintritt in die Junge Union (JU) begonnen. Er war erblich vorbelastet, wenn man so will. Sein Vater Ferdinand hatte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den Gründern der Euskirchener CDU gehört, auch er war Ratsherr.
„Wer in der Politik etwas werden will, muss am Anfang Plakate kleben und Handzettel verteilen.“
„Ich habe mich von Jugend an für Politik interessiert“, erzählt Wichterich, der mit 14 Jahren seine Tischlerlehre begann, mit 17 Geselle und mit 23 Meister wurde. 1978 übernahm er die alleinige Leitung des 1852 gegründeten Familienbetriebs, dessen Umstellung auf Kunststoff-Fensterbau er zuvor als Juniorchef forciert hatte. Seit 1997 stehen seine beiden Söhne an der Spitze der Firma.
In der JU Euskirchen wurde er gleich Vize-Chef. „Wir waren sehr agil. Im Wahlkampf fuhren wir mit Lautsprecherwagen durch die Stadt. So etwas gibt es heute nicht mehr.“ Überhaupt war Einsatz gefragt: „Wer in der Politik etwas werden will, muss am Anfang Plakate kleben und Handzettel verteilen.“
1971, vor 50 Jahren, entsandte seine Partei ihn als Sachkundigen Bürger in den Kreishochbauausschusses und in ein Untergremium, den Kreishausneubauausschuss. Offenbar machte der Neuling seine Sache gut. Jedenfalls wollte Landrat Rudi Blaß ihn für den Kreistag gewinnen. „Ich sah aber in der Stadt mehr Gestaltungsmöglichkeiten.“ So kandidierte er im Mai 1975 mit dem Slogan „Mit dem Bürger, für den Bürger“ für den Rat, dem er seither ohne Unterbrechung angehört. Auf Anhieb wurde er Fraktionsobmann im Sportausschuss.
Sehr engagiert im Auschuss für Kultur, Freizeit und Sport
Mittlerweile heißt das Gremium, in dem Wichterich für die Union das Wort führt, Ausschuss für Kultur, Freizeit und Sport. Als Ratsmitglied im Allgemeinen, aber auch im Ausschuss für Umwelt und Planung gehörte er fortan zu den Männern und Frauen, die die Entwicklung Euskirchens mitsteuerten.
Als wäre es gestern gewesen, erzählt er vom Verkauf der Concordia, damals die „gute Stube“ der Stadt. Wegen 100 000 D-Mark (gut 50 000 Euro) Defizit im Jahr habe der Rat 1976 die Veräußerung an einen Privatmann beschlossen. Als für die Veranstaltungsstätte Jahre später das Aus kam, musste die Kreisstadt für Ersatz sorgen. So entstand das Bürgerhaus. Es wurde 1989 eröffnet und später in City-Forum umbenannt.
Dass Dr. Uwe Friedl in seiner Amtszeit als Bürgermeister (1999 bis 2020) – wenn letztlich auch ohne Erfolg – dafür warb, das City-Forum abzubrechen, um Platz für ein Einkaufszentrum zu schaffen, kann Wichterich nicht nachvollziehen: „Euskirchen braucht ein solches Veranstaltungszentrum.“
„Man muss nicht alles glauben, was die Verwaltung sagt"
Apropos Friedl: Mit dem langjährigen Stadtoberhaupt – Parteifreund hin oder hier – legte sich Wichterich häufiger an. „Man muss nicht alles glauben, was die Verwaltung sagt. Ich bin ihr gegenüber von jeher kritisch eingestellt.“ So habe er auch Friedls Vorschlag abgelehnt, die Stadt solle sich, um ihre Finanzlage zu verbessern, von ihren Anteilen an der Wohnungsbaugesellschaft Eugebau trennen. Derartige Differenzen mit Friedl ändern nichts an Wichterichs Einschätzung, dass die Stadt sich gut entwickelt hat: „Euskirchen ist ein Mittelzentrum mit vielfältigen Angeboten, eine Stadt der Schulen und auch eine Stadt, in der Wohnraum noch bezahlbar ist. Hier wird sich auch weiter einiges tun. Und solange die Stadt wächst, bleibt sie für Investoren interessant.“
Was fehle, seien mehr Angebote für junge Leute: „Gastronomie, Diskotheken, andere Freizeiteinrichtungen. Da ist aber auch Privatinitiative gefragt“, sagt der meinungsfreudige Politiker, der für sein Wirken vielfach geehrt wurde, von der Stadt, von Verbänden und Vereinen. Wie hat sich Arbeit im Rat verändert? „Früher gab es regelrechte Kämpfe, die auch ins Persönliche gingen. Das ist heute, Gott sei Dank, nicht mehr so.“ Er selbst habe immer den Kontakt zu anderen Fraktionen gesucht, auch zur Opposition. „Man erreicht mehr, wenn man miteinander spricht.“
Mit der FDP sei die CDU, im Rat stets die stärkste Kraft, lange Zeit am besten ausgekommen, sagt der dienstälteste Stadtverordnete, dem man anmerkt, dass er die heutige Listengemeinschaft mit den Grünen nicht für die ideale Konstellation hält. Er selbst pflegte früher den steten Austausch mit SPD-Urgestein Willi Maurer (1929-2017).
Wichterich zieht eine insgesamt positive Bilanz
So manche Absprache traf er sonntags mit Maurer im Stadion Im Auel – bei Heimspielen der Fußballer des Euskirchener TSC. Mit einem anderen SPD-Mann, Leo Pelzer, der 2020 nach 41 Jahren aus dem Rat ausschied, trifft er sich heute noch.
Die Fraktionen hätten, meistens im Einklang, im Laufe der Jahrzehnte viel Positives für die Stadt bewirkt, resümiert Wichterich. Was die Sportpolitik anbelangt, sei die Initiative mehr als einmal von ihm ausgegangen. Dies gelte etwa für die regelmäßige Begutachtung der städtischen Sportstätten und für die Umwandlung der nicht mehr zeitgemäßen Aschenfußballplätze in Kunstrasenspielfelder.
Auch der Bau des neuen Erftstadions, das 1993 eingeweiht wurde, war für Wichterich eine Herzensangelegenheit. Als die Finanzierung des 6,5-Millionen-Mark-Projekts zu scheitern drohte, sei er ohne Abstimmung mit Rat und Verwaltung zur CDU-Fraktion nach Düsseldorf gefahren, die damals im Landtag in der Opposition war. „Auf einem Tisch habe ich die Architektenpläne ausgebreitet.“
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