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Prozess am LandgerichtZeugin widerspricht früherem Euskirchener Klinikchef vehement

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt das Marien-Hospital in Euskirchen.

Um Baumaßnahmen des Marien-Hospitals Euskirchen dreht sich der Prozess in Bonn.

Der ehemalige Geschäftsführer wird vielleicht doch vor dem Urteil aus der Untersuchungshaft entlassen. Eine Zeugin konterte seine Vorwürfe.

Der frühere Geschäftsführer der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen darf sich nun doch zumindest leise Hoffnungen machen, aus der Untersuchungshaft entlassen zu werden. Der 42-Jährige sitzt seit Dezember 2023 im Gefängnis. Im vergangenen Oktober begann vor der 18. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts ein Prozess gegen ihn, den ehemaligen technischen Leiter der Klinik sowie einen Bauunternehmer. Sie sollen laut Anklage einen Schaden in Höhe von 6,6 Millionen Euro zulasten der Stiftung verursacht haben.

Kurz vor Weihnachten hatte die Verteidigung des Ex-Klinikchefs beantragt, den Haftbefehl gegen ihn aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen – allerdings vergeblich. Mittlerweile haben sich die Gesamtumstände geändert: Der Vorsitzende Richter Thomas Poell schließt nicht aus, dass der Prozess, der ursprünglich bis Ende Februar dauern sollte, bis April, vielleicht sogar Mai verlängert werden könnte. Die Kammer nehme dies zum Anlass, den Aufhebungsantrag erneut zu bewerten und sich vor einem Urteil Gedanken über die Haftsituation zu machen, auch „wegen des geänderten Einlassungsverhaltens“ des 42-Jährigen. Eine Entscheidung sei aber noch nicht gefallen, betonte Poell.

Der Ex-Geschäftsführer sagt, sein Anteil habe 600.000 Euro betragen

Mit dem „Einlassungsverhalten“ bezog er sich auf das Teilgeständnis, das der ehemalige Geschäftsführer in der vorigen Woche nach monatelangem Schweigen vor Gericht abgelegt hatte. Er gab zu, dass er und der damalige technische Leiter beim Bau der Tagesklinik Mechernich überhöhte Rechnungen zur Auszahlung an den Bauunternehmer freigegeben hatten. Das Geld, das die drei Männer auf diese Weise generierten, teilten sie anschließend untereinander auf. Dies hatten die beiden anderen Angeklagten schon zu einem früheren Zeitpunkt im Verfahren eingeräumt. Der 42-Jährige sagte, sein Anteil habe sich auf 600.000 Euro belaufen.

Einen anderen Tatvorwurf bestätigte er ebenfalls. Demnach hatte die Firma des Bauunternehmers 2018 Erdarbeiten auf dem Privatgrundstück des Krankenhaus-Managers ausgeführt, die Rechnungen aber durch die Stiftung begleichen lassen – auch hier nach Freigabe durch den Chef der Klinik und den technischen Leiter. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden hier mit rund 287.000 Euro.

Der Angeklagte soll Arbeiten an seinem Haus nicht bezahlt haben

Besagte Firma richtete auch die Außenanlagen am Neubau des Krankenhausgeschäftsführers her. Die Kosten seien ihm aber zu hoch erschienen, letztlich habe er die Arbeiten nicht bezahlt, sagte der 42-Jährige. Stattdessen seien er und der Unternehmer übereingekommen, „das irgendwie anders zu regeln“. So habe der Chef der Baufirma die Kosten in Rechnungen für andere Arbeiten versteckt, die er im Auftrag der Stiftung erledigte.

Dies geschah nach Angaben des Unternehmers (49) zum Beispiel beim Abbruch einer Scheune in Frauenberg und bei Arbeiten am Seniorenheim der Stiftung am Tuchmacherweg in Euskirchen. Im Zusammenhang mit dem Scheunenabriss habe er der Stiftung auch Auf- und Abbau einer Stahlkonstruktion in Rechnung gestellt. Tatsächlich hätten sich dahinter die Kosten für den Bau eines Wintergartens am Privathaus des Klinikchefs verborgen.

Der Bauunternehmer berichtete, wie seine Firma mit dem Erdaushub in Mechernich umging

Am jüngsten Verhandlungstag präzisierte der 49-Jährige Angaben im Zusammenhang mit dem Fingieren des Kampfmittelfundes. Seine Firma habe der Stiftung gegenüber rund 10.750 Tonnen Erdaushub abgerechnet, die sie angeblich auf ihrem Gelände gewogen, separiert und auf mögliche explosive Stoffe untersucht hatte. In Wahrheit seien rund neun Zehntel dieser Menge nach dem Wiegen direkt zum Abfallwirtschaftszentrum des Kreises gebracht, also gar nicht von der Firma behandelt worden. Die Staatsanwaltschaft legt dem Trio zur Last, dass der Stiftung allein dadurch ein Schaden von mehr als fünf Millionen Euro entstanden sei.

Der frühere Klinikgeschäftsführer hatte sich vorige Woche nicht nur zu den Tatvorwürfen geäußert, sondern auch über eine außereheliche Beziehung zu einer Frau berichtet und ihr schwere Vorwürfe gemacht. Die 49-Jährige sagte jetzt als Zeugin aus, begleitet von einem Rechtsbeistand. Da die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen sie führe, dürfe sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, hatte Richter Poell erklärt, ohne auf den Grund der Ermittlungen einzugehen. Die Zeugin nutzte aber die Gelegenheit, um die Vorwürfe des Ex-Managers zurückzuweisen.

Ich bin hier, um über Fakten zu reden, nicht über eine Beziehung.
Die Zeugin, die der Angeklagte schwer belastet hatte

Als die Rede auf eine private Beziehung mit ihm kam, sagte sie: „Ich bin hier, um über Fakten zu reden, nicht über eine Beziehung.“ So erzählte sie, wie sie auf Vorschlag des Geschäftsführers 2021 mit ihrer Firma als Personaldienstleisterin in das Corona-Testzentrum der Stiftung am Krankenhaus einstieg. Hier kam eine Kreditkarte ins Spiel, die der 42-Jährige in seiner Aussage erwähnt hatte.

Er sagte, seine Geliebte habe ihm eine Karte überlassen, die auf ein Mitglied ihrer Familie ausgestellt worden sei. Das Gros des Geldes, das er in vier Tranchen von dem Bauunternehmer erhalten habe – 500.000 der 600.000 Euro –, habe er der Frau in bar gegeben, sie habe es dann eingezahlt, sodass es anschließend über die Kreditkarte für ihn verfügbar gewesen sei.

Die 49-Jährige sagte als Zeugin, sie sei keine Kriminelle

Die Anschuldigung des 42-Jährigen, die Geldwäsche sei ihre Idee gewesen, wies die Zeugin vehement zurück. Von einem fingierten Kampfmittelfund habe er ihr nie erzählt, sagte sie. Sie habe auch nie Geld von ihm bekommen – dabei hätten ihr hohe Beträge aus dem Testzentrumsbetrieb zugestanden. Zudem habe er darauf gepocht, sein Name dürfe im Zusammenhang mit der Karte nicht auftauchen. Auch den Vorwurf, sie habe ihn bedroht und erpresst, stritt sie ab: „Ich bin keine Kriminelle, ich habe mich auf keine Machenschaften eingelassen.“

Viermal habe der Ex-Klinikchef ihr eine Sporttasche voller Bargeld gezeigt – die Herkunft habe er auf Nachfragen nur in einem Fall verraten: Es sei Geld, das sein Vater ihm vorab vererbt habe, um es dem zweiten Sohn, der ein „Problemkind“ sei, vorenthalten zu können.

Ob sie etwas zu Straftaten des 42-Jährigen aus der Vergangenheit sagen könne, fragte der Staatsanwalt. Die Antwort der Zeugin: „Er hat mir mal erzählt, dass er eine Million Euro von einem früheren Arbeitgeber erhalten hat. Seine Aufgabe war, einen Mitarbeiter rauszumobben.“