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ProzessKampfmittelfunde erfunden – Marien-Hospital Euskirchen zahlte dennoch Millionen

Lesezeit 3 Minuten
Ein BIick auf das Gebäude der Tagesklinik.

Im Zusammenhang mit dem Bau der Tagesklinik Mechernich soll es zu Straftaten gekommen sein.

Im Prozess um mutmaßliche Millionenschäden der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen gab es eine böse Überraschung für zwei Angeklagte.

Die anderen Beteiligten des Prozesses rund um den Millionenschaden, der der Stiftung Marien-Hospital entstanden sein soll, wollten sich schon ins Wochenende verabschieden, da stellte Staatsanwalt Pascal Regh einen Antrag, der es in sich hatte: Der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung und der ehemalige technische Leiter seien beamtenähnlich zu behandeln.

Denn das Krankenhaus sei rechtlich als „verlängerter Arm des Staates“ zu sehen, so Regh. Schließlich übernehme es mit der Gesundheitsversorgung eine staatliche Aufgabe. Das könnte Folgen für ein Urteil haben: Der Strafrahmen bei Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr geht bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe, im staatlichen Bereich aber bis zu zehn Jahren.

Die Verteidiger der beiden Angeklagten kündigten an, sich im späteren Verlauf des Prozesses zu diesem Antrag des Staatsanwaltes zu äußern.

Vor dem Bau der Mechernicher Klinik schaltete sich die Bezirksregierung ein

Am siebten Prozesstag war es zunächst um die Tagesklinik in Mechernich gegangen. Dass bei ihrem Bau Kampfmittel in der Erde gefunden würden, war wenig wahrscheinlich. Luftbildüberprüfungen der für Kampfmittel zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf hatten 2021 ergeben, dass solche Funde nicht zu erwarten seien. Das erklärte am Freitag ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung Mechernich als Zeuge im Prozess am Bonner Landgericht rund um den Millionenschaden, der der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen entstanden sein soll.

Denn trotz dieser behördlichen Überprüfung hatte die Stiftung am Ende rund 5,1 Millionen Euro für die angebliche Separierung der angeblich gefundenen Relikte aus den Kriegen bis 1945 bezahlt. Damit wurde der Bau der Klinik mehr als doppelt so teuer wie geplant. 10.747 Tonnen Aushub sollen laut den Rechnungen gesiebt worden sein.

Prozess in Bonn: Stiftung Marien-Hospital soll Millionenschaden erlitten haben

Doch die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es keine Kampfmittel unter der Erde der heutigen Klinik gegeben hat und dass deren Fund lediglich fingiert worden war, um die Stiftung zu schädigen. Den Erlös aus diesem mutmaßlichen Komplott sollen die Beteiligten untereinander aufgeteilt haben.

Der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung soll 500.000 bis eine Million Euro von dem angeklagten Bauunternehmer erhalten haben, der frühere technische Leiter der Stiftung 250.000 Euro. Denn sie, die beide mit angeklagt sind, hätten die Zahlungen freigegeben und angewiesen, so die Staatsanwaltschaft.

Die Vorwürfe lauten: bandenmäßige Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit

Dieses Vorgehen hätten die drei Angeklagten zuvor abgestimmt, so der Staatsanwalt. Dazu sei eine Aktenlage geschaffen worden, die den Fund und die Arbeiten realistisch erscheinen lassen sollte. Sogar eine Zahlungserinnerung der Baufirma an die Stiftung ist aktenkundig, möglicherweise „damit es besser aussieht“, wie der Vorsitzende Richter Thomas Poell erklärte.

Dem Trio wirft die Anklagebehörde unter anderen bandenmäßige Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit vor. Sie sollen die Stiftung insgesamt um rund 6,6 Millionen Euro geschädigt haben, so der Vorwurf.

Der für Kampfmittel zuständige Mitarbeiter der Mechernicher Stadtverwaltung erklärte, dass es während der gesamten Bauzeit keine Meldungen von Kampfmittelfunden im Zusammenhang mit der Tagesklinik gegeben habe. Die in den möglicherweise ebenfalls fingierten Baustellentagesberichten aufgeführten Hinterlassenschaften aus der Zeit vor 1945 wären allerdings meldepflichtig gewesen, wie ein weiterer Zuständige bei der Stadt Mechernich vor Gericht sagte.

Das bestätigten im Verlauf des Verhandlungstages auch zwei Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes (KBD) der Bezirksregierung Düsseldorf als Zeugen im Prozess. In den Baustellentagesberichten war unter anderen von „Bombensplitter und Hülsen (9mm)“ die Rede. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, dass diese Angaben in den Berichten nicht der Wahrheit entsprechen.

Auch der Eintrag in einem der Tagesberichte, wonach angebliche Kampfmittel dem KBD übergeben sein sollen, bestätigten die Experten nicht. „Ich habe nichts davon in den Unterlagen gefunden“, so ein Mitarbeiter der Düsseldorfer Behörde.

Während der Bauunternehmer und der frühere technische Leiter der Stiftung in ihren Teilgeständnissen auch die Vorwürfe im Zusammenhang mit den fingierten Kampfmittelfunden beim Bau der Tagesklinik weitgehend eingeräumt haben, hüllte sich der Ex-Stiftungschef – Stand Freitagmittag – weiterhin in Schweigen.