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J-Team in EuskirchenBeim Voltigieren kann man reiten, turnen und Verantwortung tragen

Lesezeit 3 Minuten
Ein Blick in die Reithalle in Stotzheim, wo die Mädchen und jungen Frauen trainieren.

Training beim RRV Erfthorst: Einige Voltigiererinnen turnen auf dem hölzernen Pferd, die anderen sind noch mit Aufwärmen und Dehnen beschäftigt.

Die Voltigiererinnen des RVV Erfthorst in Stotzheim haben mit Unterstützung des Kreissportbundes Euskirchen ein J-Team gegründet.

Man kennt die Klagen aus vielen Vereinen: Die Vorstandsmitglieder sind im Rentenalter, der Nachwuchs hat wenig Lust auf ein Amt. Nicht beim Reit- und Voltigier-Verein (RVV) Erfthorst. Hier wollen junge und sehr junge Mitglieder Verantwortung übernehmen. Sie haben ein J-Team gegründet.

„Ein J-Team ist der Zusammenschluss von mindestens vier jungen Menschen im Alter von 13 bis 26 Jahren, die sich ehrenamtlich im und für den Sport engagieren. Es bietet jungen Menschen die Möglichkeit, sich auszuprobieren, Projekte zu managen und Teil einer Gemeinschaft zu sein.“ So schreibt es der Kreissportbund Euskirchen, der die Mädchen und jungen Frauen bei dem Projekt unterstützt. Das J stehe für Jugend, Junior und Jugendwarte.

Das J im Euskirchener J-Team steht für Jugend, Junior und Jugendwarte

Beim RVV hat das J-Team neun Mitglieder. Sie kommen größtenteils aus der Turniersportgruppe, die in der Leistungsklasse L startet. Die Altersspanne reicht von zwölf bis 23 Jahren. Warum sie sich einbringen? Die Antwort steht auf ihren T-Shirts: „Dabei. Weil ich hier etwas bewegen kann.“ Zunächst einmal bewegen sie allerdings sich selbst.

Das Training findet auf dem Marienhof in Stotzheim statt, und es sieht deutlich anders aus, als es sich die meisten Menschen vorstellen. Voltigieren ist ja, vereinfacht ausgedrückt, Turnen auf dem Pferd. Und genau deshalb wird es, wie derzeit der gesamte Pferdesport, von einigen Leuten kritisch gesehen. Weil das Voltigierpferd im Kreis läuft und zeitweise mehrere Menschen trägt, die auch noch Sprünge vollführen.

Die Rollen in der Stotzheimer Reithalle sind vertauscht

Doch diesmal sind die Rollen vertauscht. Die Mädchen tragen das Pferd in die Halle. Natürlich nicht das echte Voltigierpferd, sondern das hölzerne Sportgerät. Auf ihm werden die Turnübungen einstudiert – zweimal in der Woche.

Zwei Voltigiererinnen tragen das Übungspferd, sie lachen.

Verkehrte Welt: Die Voltigiererinnen tragen das Pferd in die Reithalle. Geübt wird überwiegend auf dem Turngerät, erst später geht es aufs richtige Pferd.

Und das nicht nur, weil Voltigierpferd Coco lahmt und in den „Volti-Ruhestand“ geschickt wird. „Bei uns steht das Pferdewohl im Fokus“, sagt Jessica Becker. Sie erklärt, dass Coco und auch Evita, die sie jetzt ersetzt, nicht nur stumpfsinnig im Kreis laufen, sondern auch geritten werden und auf die Weide gehen.

Eine Gruppenkür, bei der tatsächlich mehrere der Mädchen auf dem Pferderücken turnten, dauere gerade mal vier Minuten. Und Voltigierer lernten, sich pferdeschonend auf dem Rücken zu bewegen, beispielsweise nicht die Zehen in den Muskel zu bohren. Das Pferd zu versorgen, zu putzen und zu pflegen gehöre ganz selbstverständlich dazu.

Voltigieren in Stotzheim: Der Verein veranstaltet auch Schnuppertage

Die Neun vom J-Team des RVV machen sich jetzt Gedanken, welche neuen Ideen sie in den Verein einbringen, der seit 50 Jahren besteht. Schnuppertage, an denen Kinder ausprobieren können, ob Voltigieren das Richtige für sie ist, werden bereits angeboten, auch Ferienfreizeiten und Lehrgänge zum Pferdeführerschein.

Zwei Voltigiererinnen trainieren auf dem Übungspferd.

Damit die akrobatischen Figuren später auf dem galoppierenden Pferd gelingen, ist viel Training nötig.

Ideen haben die Mädchen und jungen Frauen genug. Für Team-Events etwa und zur Förderung der jüngeren Voltigiererinnen. Sie haben auch einen Plan, was sie mit den 200 Euro machen, die sie als Startkapital von der Sportjugend NRW bekommen haben. Neben T-Shirts, Trinkflaschen, Rucksäcken, einem Gutschein für den Workshop „kreativ teamworken“ und Infomaterial rund um das Thema J-Team gibt es die finanzielle Unterstützung.

Die Sportlerinnen würden gern in die Niederlande fahren in eine Halle, in der nicht nur diverse Holzgeräte für die turnerischen Übungen zur Verfügung stehen. Dort gibt es auch ein künstliches Voltigierpferd, das automatisch auf einer Schiene im Kreis läuft. Da gibt es dann auch aus Tierschutzsicht nichts zu meckern.