Bei der Inszenierung in Euskirchen ging es um mehr, als einen strahlenden Helden. Der Wert der Freundschaft stand im Mittelpunkt.
FamilienmusicalEuskirchener Stadttheater war bei der Tarzan-Aufführung ausverkauft
Schwerfällig waberte dichter Nebel über die Bühne im Euskirchener Stadttheater. Bedrohlich wirkendes, dunkelblaues Licht beleuchtete eine Szene mitten im Urwald, durch den sich, unsichere Blicke um sich werfend, ein junges Paar mit ihrem Neugeborenen bewegte. Laute Geräusche kündeten von der Gefahr und tatsächlich war der Überlebenskampf der Eltern nicht von Erfolg gekrönt.
Das kleine, in Tüchern gewickelte Kind fand sich plötzlich ganz allein in dieser wilden Umgebung wieder. Kein einziges Wort war bis zu diesem Zeitpunkt auf der Bühne gesprochen worden. Und doch: Die Besucher im ausverkauften Stadttheater ließen sich schnell von der Inszenierung des Familien-Musicals Tarzan durch das Ensemble des Theater Liberi aus Bochum in ihren Bann ziehen.
Akteure brachten Gefühlsachterbahn auf die Bühne in Euskirchen
Aufmerksam beobachteten sie den Aufmarsch der Affenbande, die sich ebenfalls zunächst nur durch tierische Laute verständigten, bis sie auf das Schreien des einsamen Menschleins aufmerksam wurden. Zur Freude aller Anwesenden nahm die Horde das kleine Wesen in ihrer Mitte auf und die bekannte Geschichte von Tarzan konnte auch im Euskirchener Stadttheater seinen Lauf nehmen.
Die anfänglich so bedrohliche Stimmung wich angesichts der fröhlichen Affenbande auch unter den Zuschauern. Mit Begeisterung verfolgten sie die wilden Spiele, mit denen Tarzan (gespielt von Marlon Hangmann) und seine neue Familie ihre Langeweile vertrieben. Besonders Tarzans beste Freundin Tee (Lisa Marie Breithaupt) sorgte mit ihrer aufgedrehten Art immer wieder für Lacher und heitere Stimmung vor und auf der Bühne. Doch auch diese Ausgelassenheit währte nicht lange, da schlitterte die Gefühlsachterbahn, die die Akteure mit ihrem mitreißenden Schauspiel auf das Publikum übertrugen, bereits ins nächste Tal.
Tarzan ist nicht nur der strahlende Held
Die Unterschiede, die Tarzan an sich im Vergleich zu seinen Affenbrüdern und -schwestern entdeckt hatte, ließen in ihm Zweifel an seiner Herkunft aufkommen und wurden durch die Ankunft von Menschendame Jane (Laura-Sophie Hering) verstärkt.
Genau diese Unsicherheit sei in der modernen Musicaladaption des Stückes bewusst in den Vordergrund geschoben worden, wie Protagonist Marlon Hangmann vom Theater Liberi betonte: „Tarzan ist eben nicht nur der strahlende Held, sondern er hat auch Zweifel und braucht die Hilfe seiner Freunde, um seinen Weg zu finden.“ Die kleinen und großen Zuschauer fanden sich daher zwar in einer ungewohnten Umgebung, aber dennoch stets mit sehr nachvollziehbaren Fragen bei der Selbstfindung konfrontiert.
Stimmungsvolle Musikstücke bereicherten Aufführung
Immer wieder verschafften die Akteure ihrer zerrissenen Gefühlswelt in stimmungsvollen Liedern Ausdruck und ließen alle unterschiedlichen Blickwinkel nachvollziehbar erscheinen. Vom besorgten Affenanführer Kerchak (Dan Chamandy), dessen rauer Umgangston gegenüber Tarzan auf die Angst diesen an die Menschenwelt zu verlieren zurückzuführen war, bis zur treuherzigen Kala (Martina Pallinger) die Tarzan von Beginn an als einen der ihren ansieht.
Untermalt von stimmungsvollen Musikstücken und im Wechsel mit den schauspielerischen Szenen eröffnete sich den kleinen und großen Gästen im Euskirchener Stadttheater eine nicht nur spaßige, sondern auch zum Nachdenken anregende Suche nach dem eigenen Platz in der Welt, der sich in einigen Situationen durchaus auch auf den schnelllebigen Dschungel der heutigen Zeit übertragen ließ.