Chor, Solisten und Orchester führten Mozarts letztes Werk auf, in dem die Todesahnung des Komponisten mitschwingt. Manfred Sistig dirigierte.
KirchenkonzertErgreifendes Requiem erklang in Herz Jesu in Euskirchen
Das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart hält seit jeher die Musikwissenschaft und die Hörer gleichermaßen in Atem. Viele Geschichten ranken sich um dieses Werk in d-Moll, KV 626, aus dem Jahr 1791, also jenem Jahr, in dem der Komponist im jungen Alter von 35 Jahren starb.
Mozart konnte es nicht mehr vollenden, schaffte lediglich etwa zwei Drittel. Die noch fehlenden Sätze fügte sein Schüler Franz Xaver Süßmayr hinzu. In Konzerten wird meist das gesamte Werk aufgeführt. Regionalkantor Manfred Sistig entschied sich aber dafür, sich auf Mozarts Musik zu beschränken, und bettete die Sätze in der Euskirchener Herz-Jesu-Kirche in einen ergreifenden dramaturgischen Ablauf ein, der sich rund um das Thema Tod drehte und neben dem Requiem einige andere passende Werke Mozarts sowie verschiedene Texte bereithielt.
Cappella vocale wurde von Musikern aus Düsseldorf und Köln begleitet
Die Bühne, die auf der Altarinsel errichtet war, füllte sich üppig mit Sängerinnen und Sängern der Cappella vocale der Stadtpfarrei St. Martin sowie mit Instrumentalisten der Düsseldorfer Symphoniker und des Gürzenich-Orchesters Köln. Als Solisten wirkten Elisabeth Menke (Sopran), Rena Kleifeld (Alt), You Zuo (Tenor) und Michael Momot (Bass) mit.
Bevor das große Werk erklang, gab es einige einführende Worte von Pfarrer Tobias Hopmann: „Wenn die Tage dunkler werden und das Jahr sich dem Ende neigt, richtet die Kirche den Blick auf die Endlichkeit des Lebens und gedenkt der Verstorbenen. Heute wollen wir besonders an die Menschen denken, deren Lebensstrang viel zu früh abgerissen wurde.“
Unter Manfred Sistigs Leitung gelang eine einfühlsame Aufführung
Was könnte dazu besser passen als Mozarts letztes Werk, über dessen Entstehen er starb? So persönlich und menschlich wie das Werk Mozarts ist, so einfühlsam gelang Manfred Sistig die gesamte Aufführung. Sehr gekonnt griff er die Schwermut dieser romantischen Tondichtung auf, in der Mozarts Todesahnung bereits mitschwang. Angst, Verzweiflung und Dunkelheit ohne viel Hoffnung und Licht der Ewigkeit brachte der Künstler zu größter Wirkung und erschütterte damit das Publikum in der beinahe voll besetzten großen Kirche.
Das exzellente Orchester verlieh der Tragik festlichen Glanz, der sehr versierte Chor Erhabenheit und Kraft mit äußerst direktem Ausdruck. Noch authentischer wirkte die Musik durch die Rezitationen aus Briefen, die Mozart an seinen Vater Leopold schrieb. Gunild Lohmann-Sistig gab einen wunderbaren Einblick in die ganz persönliche Auseinandersetzung des Komponisten mit dem Tod. Dabei berührte sie das Publikum nicht nur mit den Inhalten, sondern auch mit ihrer tollen, liebevollen und unmittelbaren Sprechstimme.
Das Publikum in der Euskirchener Kirche erlebte besondere Momente
Bei der Auswahl der Solisten bewies Manfred Sistig ein gutes Gespür für die passenden Stimmen. Natürlich, menschlich und fein klangen alle vier Sängerinnen und Sänger. Sie musizierten mit viel Hingabe und wirkten strahlend und demütig zugleich. Zauberhafte Quartette machten die Darbietung zu etwas ganz Besonderem. Die Sopranistin Elisabeth Menke war kurzfristig für die erkrankte Kathrin Smith eingesprungen und verwöhnte die Menschen in Herz Jesu mit weichen, zarten Gesängen wie dem berühmten Laudate Dominum.
Trotz der ungünstigen Akustik behielt die Musik dank der sorgfältigen Arbeit aller Beteiligten so viel Klarheit und Struktur, wie dort nur eben geht. Doch der Nachhall im hohen Kirchenschiff hatte nicht nur Nachteile. Als Manfred Sistig das Lacrimosa an der ersten Forte-Stelle in Takt 8 jäh abbrach, also an der Stelle, als Mozart die Kräfte verließen und seine Kompositionsarbeit endet, schallte der Klang noch weiter durch den Raum und sorgte bei den Zuhörern für eine Gänsehaut. Effektiver konnte man das Echo, das jeder Mensch hinterlässt, der aus dem Leben gerissen wird, kaum darstellen.
Gegen Ende erklangen in der Herz-Jesu-Kirche drei Glockenschläge
Nach einer kurzen Zeit der Stille erklangen drei Glockenschläge auf einer Röhrenglocke zum Gedenken besonders an jene Menschen, die in Kriegen, durch Katastrophen und Unfälle oder durch Krankheit oft in jungen Jahren verstarben.
Doch der Kirchenmusiker entließ sein Publikum nicht ohne einen wunderschönen Lichtblick. Das Ave Verum, eines der bekanntesten Vokalwerke von Wolfgang Amadeus Mozart, gab den Konzertbesuchern stimmungsvoll ein wenig Trost mit auf den Weg.
Nach dem Konzert, das dank der Unterstützung durch die Lotte-Josten-Stiftung für die Besucherinnen und Besucher kostenfrei war, wurden Spenden für die Organisation „Casa Hogar“ gesammelt, die sich für Bildung und Sicherheit für Mädchen in Kolumbien einsetzt.