Eigene LiederBand der Hans-Verbeek-Schule Euskirchen hat ein neues Video veröffentlicht

Lesezeit 4 Minuten
Die Musikerinnen und Musiker haben sich mit Lehrerin und Lehrern zum Gruppenbild aufgestellt.

Die Euskirchener Hans-Verbeek-Schulband hat ein neues Musikvideo mit dem Titel „Traum“ veröffentlicht.

An der Schule mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung wird Musik großgeschrieben. Der neue Song heißt „Traum“.  

Avdi ist bei jedem Schlag mit seinem Schellenkranz die Freude anzusehen, die er beim Musikmachen hat. „Er hat ein unglaublich gutes Rhythmusgefühl, er hält den Laden zusammen“, sagt Tim Rosemann über seinen Schüler, der im Rollstuhl sitzt.

„Zu Hause höre ich am liebsten Rammstein und AC/DC“, erzählt Avdi. Im Probenraum der Hans-Verbeek-Schule (HVS) in Euskirchen hat er gerade den Song „Feiern“ gespielt. Kein Hardrock wie daheim, aber ein fetziges Stück, bei dem man sich sofort vorstellen kann, wie das Publikum mitmacht. „Wir woll'n feiern, wir wollen Spaß; wir woll'n feiern, wir geben Gas“, heißt es im Text.    

Die Euskirchener Band schreibt alle Songs eigenständig

Avdi gehört zu den 14 jungen Leuten, die die HVS-Schulband bilden. Die HVS ist eine Förderschule des Kreises Euskirchen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Rosemann spricht von einer außergewöhnlichen Gruppe, die er mit seiner Kollegin Pia-Cornelia Wirtz und seinem Kollegen Gregor Hafenbradl betreut. Alle drei sind Sonderpädagogen und erteilen Musikunterricht.   

Die Band schreibe alle ihre Songs eigenständig und setze ihre kreativen Ideen selbst um. Darauf sei sie stolz, sagt Rosemann. Die Gruppe, die regelmäßig bei Veranstaltungen in der Schule auftritt, etwa zu Karneval oder vor Weihnachten, hat auch einen YouTube-Kanal. Kürzlich hat sie darauf ihr neues Musikvideo veröffentlicht. Der Titel lautet „Traum“. Die Schülerinnen und Schüler haben den Song selbst komponiert, eingespielt und aufgenommen und auch das Video erstellt. 

Die Besetzung der Gruppe ändert sich immer wieder

Die Gruppe wurde 2012 ins Leben gerufen. Von den heutigen Mitgliedern war damals noch niemand an der Schule. Es ist normal für eine Schulband, dass die Besetzung immer wieder wechselt. Sobald eine Musikerin oder ein Musiker am Ende eines Schuljahrs entlassen wird, ändert sich die Formation.   

Andererseits ist die HVS-Band ein Musterbeispiel an Kontinuität, macht sie doch jedes Jahr einen neuen Song – „mindestens“, wie Tim Rosemann sagt. „Die Themen kommen aus dem Schulleben und die Musik entsteht meist beim Jammen und Bearbeiten von musikalischen Ideen der Schülerinnen und Schüler“, heißt es im Begleitheft der ersten CD, die 2014 erschien. Drei weitere Alben folgten.

Aus dem ersten Song wurde schnell das Schullied

Der erste Song entwickelte sich schnell zum Schullied, das in der Schule im Euskirchener Auel jeder mitsingen kann. „Jeder, der zu uns in die Band kommt, kennt es, weil er es schon im Musikunterricht gelernt hat“, sagt Rosemann. Auch bei der jüngsten Probe, bei der diese Zeitung zu Gast ist, sitzt der Text: „Wir lernen ohne Stress; wir sind die HVS. Jeder, wie er kann; wir bleiben immer dran“, singt das Vokalquartett, das von Bass, Gitarre, Schlagzeug, Percussion, Trompete und zwei Keyboards begleitet wird.

Während Tim Rosemann Gitarre spielt, zeigt Gregor Hafenbradl seinem Schüler Paul, der an diesem Vormittag der einzige von normalerweise drei Trompetern ist, mit Gesten die Griffe, die er für die Lieder benötigt. Auch für Sängerinnen und Sänger gibt es bei Bedarf Unterstützung: Sie greifen bei neuen Texten auf Blätter mit Zeichnungen zurück, die als Gedächtnisstützen dienen.

Die Euskirchener Schulband will wieder häufiger öffentlich auftreten

Marwin braucht das nicht. „Singen ist nicht so meins“, sagt der 17-Jährige, der Keyboard und Schlagzeug spielt. Er war schon dabei, als die Band noch häufiger auswärts auftrat, zum Beispiel beim Tag der Begegnung im Kreishaus oder bei Ausstellungseröffnungen.

„Mit Corona kam das leider zum Erliegen“, sagt Rosemann. Nun soll das Musikvideo helfen, mehr Aufmerksamkeit zu erlangen: „Wir meinen, die Schüler haben das verdient. Und wir möchten uns gerne für Kooperationen und Auftritte vernetzen und Kontakte knüpfen.“

Das nächste Konzert findet am kommenden Dienstag im internen Kreis statt, Anlass ist die Feier zum Schuljahresabschluss. Werden die Akteure nervös sein? „Nein“, versichert Marwin, während eine seiner Mitschülerinnen schon jetzt weiß, dass sie wieder Lampenfieber haben wird.

Jeder Auftritt stärkt das Selbstbewusstsein 

Egal, wie groß die Aufregung im Vorfeld ist: „Wenn der Auftritt vorbei ist, wenn das Publikum geklatscht hat, fühlen sich die Schüler gut. Das ist gut für ihr Selbstbewusstsein, das bringt sie in ihrer Entwicklung weiter“, sagt Hafenbradl. Aus pädagogischer Sicht sei auch wichtig, dass die Band alles selber mache: „Das ist etwa anderes, als zum Beispiel in einer Lehrergruppe mitzuspielen.“     

Pia-Cornelia Wirtz erzählt von einer Schülerin, die sich anfangs nicht auf die Bühne traute, nach und nach aber mutiger wurde und schließlich nach ihrem ersten Auftritt sagte: „Ich habe es geschafft, und alle fanden es toll.“ Das sei für sie als Pädagogin „wie ein Sechser im Lotto“, sagt die Lehrerin.  

Hafenbradl schwärmt davon, wie die jungen Leute sich gemeinsam für Musik begeistern – und dass sie einen musikalischen Anspruch haben: „Sie wollen, dass die Band gut klingt, und das motiviert sie beim Üben. Wenn dann ein Song gut gelingt, sieht man ein Strahlen in ihren Gesichtern. Eine schönere Rückmeldung kann es kaum geben.“ 

Bei dem Bandprojekt gehe es darum, fasst Rosemann zusammen, dass Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf „sichtbar und gehört werden“, sich durch ihre Musik wahrnehmen, eigene Ideen in Songs und Videos umsetzen und mit alldem Wertschätzung und Respekt erlangen.  

Nachtmodus
Rundschau abonnieren