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Aufregung in EuskirchenStadtverordnete soll dreijährige Tochter auf Flur schicken

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Eine Stadtverordnete sollte im Gleichstellungsausschuss ihre dreijährige Tochter aus dem Sitzungssaal bringen. 

Euskirchen – Erst befassten sich die Mitglieder des Personal- und Gleichstellungsausschusses noch mit einem Bericht über die Parität von Frauen der Politik. Wenig später musste eine Stadtverordnete den Sitzungssaal verlassen.

Der Grund: Ihre dreijährige Tochter gehöre zur Öffentlichkeit und solle deshalb für den nichtöffentlichen Sitzungsteil auf den Flur gehen, so der Vorsitzende Michael Höllmann (SPD).

Ann-Christin Elpelt (Die Partei) heißt die Mutter der Dreijährigen. Die Stadtverordnete sitzt als beratendes Mitglied in dem Ausschuss. „Ich konnte meine Tochter ja nicht einfach alleine auf den dunklen Flur schicken“, sagt sie. Das Kind habe bereits während des öffentlichen Sitzungsteils an Elpelts Seite – also an ihrem Platz als Ausschussmitglied – gesessen und auf dem Tablet Serien geschaut. Erst als der Ausschussvorsitzende zum nichtöffentlichen Sitzungsteil hatte übergehen wollen, sei ihm aufgefallen, dass die Dreijährige nicht dem Ausschuss angehöre.

Keine Ausnahme gemacht

„Die Gemeindeordnung sieht vor, dass keine anderen Personen als die Sitzungsmitglieder anwesend sein dürfen“, erklärt Höllmann seine Entscheidung. Auf die Frage, wo die Altersgrenze verläuft, antwortet er: „Explizit steht dazu nichts in der Gemeindeordnung.“ Ein Säugling im nichtöffentlichen Teil etwa sei in seinen Augen kein Problem. „Es ist durchaus eine Frage, die man diskutieren sollte, ob und bis zu welchem Alter Kinder im nichtöffentlichen Teil zugelassen sind“, so Höllmann.

Bürgermeister Sacha Reichelt vertritt die Meinung: „Eine feste Altersgrenze gibt es meines Wissens nach ebenso nicht wie einschlägige Rechtsprechung. Es muss im Einzelfall von der Sitzungsleitung beurteilt werden. Dabei kommt es darauf an, ob das Kind faktisch in der Lage ist, Inhalte aufzunehmen und wiederzugeben. Das ist bei Säuglingen mit Sicherheit nicht der Fall.“

Höllmann und Reichelt sind sich einig: Die Beteiligten hätten sich besser absprechen müssen. Es könnten dann „im Vorfeld Lösungen gefunden werden, damit dieses Problem gar nicht erst entsteht“, so Reichelt. Die Verwaltung organisiere in solchen Fällen eine Betreuung. Dafür müssten die Verantwortlichen aber rechtzeitig Bescheid wissen, sagt er: „In diesem Fall hätte Frau Elpelt zum Beispiel zwischen öffentlicher und nichtöffentlicher Sitzung kurz mit ihrer Tochter den Saal verlassen können. Wir hätten ihrer Tochter dann unmittelbar vor dem Saal eine Betreuung und Spielmöglichkeiten bereit gestellt.“

Keine Betreuung während der Sitzung

Dass die Stadt eine Betreuung allein für Rats- und Ausschusssitzungen bereitstellt, hält Reichelt für nicht denkbar: „Dafür kommt diese Situation zu selten vor. Es kann deshalb nur dann funktionieren, wenn Verwaltung oder Sitzungsleitung vorher informiert wird.“

Weiter sagt er: „Ein kleiner Hinweis von Frau Elpelt hätte gereicht und es wäre nicht zu dieser für alle Beteiligten unangenehmen Situation gekommen. Aber wenn niemand von dem Problem weiß, können auch keine Maßnahmen ergriffen werden. Vermutlich war Frau Elpelt vorher nicht für dieses Problem sensibilisiert und hat dies deshalb hier leider unterlassen.“

Für Höllmann gibt es auch einen Unterschied zwischen dem gesellschaftlichen und rechtlichen Aspekt. „Gesellschaftlich betrachtet ist es ein Problem, dass wir in Euskirchen nicht genug Betreuungsmöglichkeiten haben“, sagt er: „Eltern sind oft auf eine private Betreuung angewiesen, das betrifft natürlich auch Ausschussmitglieder.“ Mehr Kitaplätze seien ein Thema, mit dem sich die Euskirchener Politik im städtischen Sozialausschuss sowie der Kreis im Jugendhilfeausschuss befasse: „Es wird daran gearbeitet, die Kitaplätze auszubauen.“

15 Euro pro Stunde

Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Barbara Brieden verweist auf die Hauptsatzung der Kreisstadt: Hier heißt es, dass die Stadt Betreuungskosten aufgrund von mandatsbedingter Abwesenheit der Eltern außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit übernehme. 15 Euro pro Stunde dürfen die Eltern sich anrechnen lassen. Zudem schließe sie sich den Aussagen des Bürgermeisters an: Gemeinsame Lösungen seien mit entsprechender Kommunikation in den zuständigen Gremien zu finden.

Elpelt dagegen sagt: „Hätte ich gewusst, dass ich meine Tochter nicht für die gesamte Sitzung dabei haben darf, wäre ich nicht gekommen. Spätestens aber zu Beginn der Sitzung hätte mich auch jemand auf ein mögliches Problem für den nichtöffentlichen Teil hinweisen können.“ Normalerweise hätten sie und ihr Mann eine Betreuung für das Kind. Die sei aber an dem Tag ausgefallen. Ihre Tochter habe niemanden gestört und sei leise gewesen, sagt Elpelt.

Zeiten unpraktisch für Eltern

Sie sieht auch die Sitzungszeiten als ein Problem: „Die Sitzungen finden nachmittags und abends statt, wo es keine institutionellen Betreuungsmöglichkeiten gibt und sich Eltern zusätzlich Betreuung organisieren müssen. Dann braucht man sich nicht wundern, wenn sich auch in Zukunft wenig Frauen in der Kommunalpolitik engagieren.“

Höllmann hält dagegen, dass die Stadt zumindest finanziell für die Betreuung von Kindern der Rats- und Ausschussmitglieder aufkommen müsse. Eine Verwaltungskindertagesstätte gebe es zwar nicht, sei aber aus seiner Sicht eine sinnvolle Überlegung. Umfragen zu Ansätzen wie einer Randzeitenbetreuung hätten aber ergeben, dass es unter den städtischen Politikerinnen und Politikern keinen Bedarf gebe. Doch gibt Höllmann zu: „Wenn kein Betreuungsangebot existiert, entsteht eventuell auch keine Nachfrage unter Eltern.“

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Höllmann und Elpelt haben sich laut eigenen Angaben nun zu dem Vorfall ausgesprochen. Sie seien sich einig, dass das Thema im Ausschuss besprochen werden soll. Die Verordnete hat zudem eine entsprechende Anfrage an die Verwaltung gestellt.