Nach dem Aufstieg in die Oberliga blickt Andreas Kunzke, Trainer der Euskirchener Handballerinnen, auf die Saison zurück.
Andreas Kunzke im GesprächEuskirchener Trainer liebt schnellen Handball
Für die Handballerinnen der HSG Euskirchen ist die Saison bereits beendet. Mit nur einer Niederlage sind sie unangefochten erstmals in ihrer Spielgemeinschaftshistorie in die Oberliga aufgestiegen. Wie es dazu kam und welchen Stellenwert dieser Aufstieg hat, hat Trainer Andreas Kunzke mit Rocco Bartsch besprochen.
Mit welchen Ambitionen sind Sie in die Saison gestartet?
Andreas Kunzke: Dafür muss ich etwas weiter ausholen. Bis in den September hinein war überhaupt nicht klar, wie es in den Spielklassen des ehemaligen Handballverbands Mittelrhein nach der Saison weitergeht. Durch die getätigte Fusion mit dem Handballverband Niederrhein zum neuen Handballverband Nordrhein gab es die wildesten Gerüchte. Es hieß, dass nur die ersten drei Mannschaften nicht absteigen, und damit war das Ziel schnell definiert. Im Trainingslager in Brüggen hat die Mannschaft dieses Ziel, Platz eins bis drei, dann für sich festgelegt.
Die Saisonvorbereitung der HSG Euskirchen lief nicht wie gewünscht
Wie waren die Trainingseindrücke, wie verlief die Vorbereitungszeit?
Ganz ehrlich? Nicht sehr gut! Durch berufliche Verpflichtungen und einige Verletzungen, aber auch durch Krankheiten war unsere Vorbereitung sehr schleppend. Wir haben nie komplett trainieren können, und dies machte sich vor allem im Zusammenspiel im Rückraum bemerkbar. Meinem Zeitplan hinkten wir zum Saisonbeginn um vier Wochen hinterher. Wir haben das Beste daraus gemacht und sehr viel im individuellen Bereich gearbeitet, was sich im Laufe der Saison als großer Vorteil herausgestellt hat.
Die drei Euskirchener Torhüterinnen harmonieren perfekt
Mit Svenja Bank und Anna Kurm gab es eigentlich nur zwei externe Verstärkungen.
Anna war und ist ein absoluter Glücksgriff. Mit ihr wurde die vakante Position des dritten Torwarts optimal ausgefüllt. Sie ist eine charakterlich super liebe Person, die auch ein sehr starker Torhüter ist und perfekt mit den anderen beiden Torwarten Babsi (Barbara Seipel) und Krissi (Kristina Viehmann) harmoniert.
Svenja war meine Wunschspielerin, da ich sie schon viele Jahre kenne und wusste, wie stark und wichtig sie für unsere Mannschaft sein kann. Mit ihrem körperlich sehr fordernden Spiel schafft sie Platz für ihre Nebenleute, ist immer torgefährlich, aber vor allem in der Deckung ist sie äußerst wichtig, da sie jede Gegenspielerin bekämpft und fast alle Duelle gewinnt. Mit dieser aggressiven Art schafft sie es, alle anderen mitzuziehen.
Wie haben Sie den Saisonstart gesehen?
Leider genau so, wie ich es erwartet habe. Individuell top, aber im Zusammenspiel mit Mängeln.
Der Euskirchener Trainer hatte schon im Sommer ein gutes Gefühl
Ab wann merkte man, es könnte diese Saison mehr als nur ein oberer Mittelfeldplatz drin sein?
Auch wenn es sich seltsam anhört, aber bei der Zusammenstellung des Kaders und den teilweise gezeigten Leistungen im Training habe ich bereits im Juli und August gedacht, dass das was geben könnte. Aber die Probleme in der Vorbereitung haben mich gehindert, zu 100 Prozent daran zu glauben.
Gab es ein Knackpunktspiel in dieser Saison?
Ja, das gab es. Definitiv das Hinspiel zu Hause gegen BTB Aachen. Bei diesem Spiel hat die Mannschaft gezeigt und vor allem auch realisiert, zu was sie in der Lage ist. Diese fokussierte und auch aggressive Art das Spiel anzugehen, hat der Mannschaft und auch mir die Augen geöffnet, was wir zu leisten in der Lage sind. Jedem wurde klar, wie wichtig es ist, sich frühzeitig auf das Spiel vorzubereiten und unserem Matchplan zu folgen. Vor allem war aber zu merken, welche Probleme die gegnerische Mannschaft mit unserer Art, Handball zu spielen, hat.
Die Achse Svenja Bank, Corinna Schmitz und Julia Küffner funktionierte von Anfang an. Woran lag es?
Zuerst einmal muss ich klarstellen, dass nicht diese drei aufgestiegen sind, sie sind ein Teil der Damenmannschaft der HSG Euskirchen. Sich nur auf diese drei Spielerinnen zu konzentrieren, wäre absolut falsch und unfair gegenüber den anderen 15 Damen dieser Mannschaft. Aber: Alle drei sind intelligente Handballerinnen und haben es einfach im Blut, wann man für sich oder mit den anderen spielt oder aber mit Vollgas selber zum Tor geht und einen Treffer macht.
Wie lautet die Philosophie des Euskirchener Trainers?
Alle drei Torhüterinnen hatten überragende Spiele. Es können aber nicht alle drei gleichzeitig auflaufen. Wie geht man als Trainer mit solchen Entscheidungen um?
Vorweg muss ich sagen, dass alle drei absolute Teamplayer sind. Jeder hat den sportlichen Ehrgeiz zu spielen, gönnt aber auch den anderen den Erfolg. Die drei Goalies sind schon etwas Besonderes!
Welche Spielphilosophie verfolgen Sie?
Über allem steht: Wir wollen jedes Spiel gewinnen, ob in der Meisterschaft oder während der Vorbereitung. Ich möchte gerne mit meiner Mannschaft einen sehr schnellen Handball spielen und einfache Tore durch die erste, zweite und auch dritte Welle machen. In der Deckung mag ich eine aktive Deckung, die nicht nur auf den Gegner reagiert, sondern auch selber aktiv arbeitet. Mehr möchte ich eigentlich nicht sagen, denn auch unsere gegnerischen Mannschaften lesen Zeitung.
Waren Sie überrascht, dass es so perfekt über die gesamte Saison lief, und wie ging die Mannschaft mit der schweren Verletzung von Julia Küffner um?
Nach dem etwas holprigen Start und dem Top-Spiel gegen BTB Aachen hatten wir einen sehr guten Lauf, und alle im Team waren voller Selbstvertrauen. Dann fiel ab Dezember Küffi (Julia Küffner) aus, und wir mussten uns erst einmal schütteln und neu sortieren. Jede Spielerin hat ihren Teil dazu beigetragen, dass es so positiv weiterging. Die Verantwortung wurde für jede Spielerin größer, aber jede hat dies angenommen und auch auf der Platte überzeugt. Wir haben unsere Deckung etwas umgestellt, da „der Staubsauger Küffi“ vor der Deckung nicht mehr dabei war, und auch dies hat die Mannschaft angenommen.
Andreas Kunzke beschreibt die Besonderheiten der HSG Euskirchen
Was macht diese Mannschaft so besonders und was zeichnet sie aus?
Die Mannschaft ist etwas Besonderes. Jede Einzelne hat sich gut entwickelt, ansonsten hätten wir es nicht geschafft, Meister zu werden. Spielerinnen wie Maren Müsch und Kristin Schons stellen sich voll in den Dienst der Mannschaft und spielen halt hauptsächlich in der Deckung, weil dies ihre absolute Stärke ist. Mädels, die mal von mir für das Wochenende nicht aufgestellt werden, sind natürlich enttäuscht, aber unterstützen die Mannschaft von der Bank oder von der Tribüne aus. Spielerinnen mit weniger Spielanteilen nehmen dies an, stellen sich in den Dienst der Mannschaft und sorgen so für die notwendigen Pausen und dies mittlerweile ohne größeren Qualitätsverlust. All dies zeichnet eine Mannschaft mit Teamgeist aus.
Exemplarisch für die Entwicklung sind Lea Schmitz im Rückraum und Hannah Arends am Kreis zu nennen.
Lea bekommt immer mehr Selbstvertrauen und übernimmt auch mehr Verantwortung. Hannah hat sich zu einem ständigen Unruheherd entwickelt und verkörpert einfach das moderne Kreisläuferspiel.
Geben Sie uns gern einen kleinen Ausblick auf die neue Saison.
Jetzt genießen wir zuerst einmal eine achtwöchige Pause, um den Akku wieder aufzuladen. Wir starten Mitte Mai in die erste Phase der Vorbereitung, bei der wir auch noch ein paar potenzielle Neuzugänge zum Training begrüßen. Über Namen möchte ich hier noch nicht sprechen. Unser Ziel ist sehr einfach: Wir wollen nicht absteigen. Hoffentlich schaffen wir es, uns frühzeitig von den Abstiegsplätzen fernzuhalten. Es wird nicht einfach, die Mannschaften in der Oberliga werden uns sehr fordern. Aber wir haben das Zeug dazu, die Klasse zu halten, und hoffen, dass die Entwicklung des Teams voranschreitet. Wenn wir weiterhin so eine geile Unterstützung von den Rängen haben, dann wird es klappen. Wir freuen uns auf das Abenteuer.