In Sötenich wird der Naturrasen in einen Kunstrasen umgewandelt. Für den Verein ist Meilenstein und logistische Herausforderung zugleich.
Kreisliga ADarum spielt der SV Sötenich in dieser Saison nur noch auswärts
Ein ebenes, sattes Grün – für die Fußballer des SV Sötenich ist das Neuland. Der Rasenplatz in Sötenich, der das eine oder andere denkwürdige Fußballspiel erlebt hat, verfügt zwar über ein sattes Grün, aber eben war der Platz schon lange nicht mehr – eher eine Herausforderung. So mancher Flachpass sprang plötzlich schon mal ans Knie. Und Gefälle hatte der Platz in Sötenich laut dem Vorsitzenden Eric Geschwind auch. „Einen Meter Höhenunterschied mussten die Spieler von einem Tor bis zum anderen überwinden“, sagt Geschwind.
Mit den fußballerischen Bergwertungen ist bei Heimspielen des A-Ligisten bald Schluss – zumindest dann, wenn man „bald“ mit einem Zeitraum von knapp einem Jahr definiert. Und Heimspiel mit einem echten Heimspiel in Sötenich gleichsetzt. Dort wird der Naturrasen nämlich ab Frühjahr 2025 in einen Kunstrasen umgewandelt. Läuft alles nach Plan, spielt der SVS in der Saison 2025/26 auf dem neuen Geläuf.
Für den SV Sötenich sind alle Spiele nun Auswärtsspiele
Die „Heimspiele“ bis dahin werden für die Mannschaft von Trainer Markus Sabel zu Auswärtsspielen. Der Grund: Der SV Sötenich trainiert und spielt ab sofort im benachbarten Kall. Dass der SVS in der Flutlichtsaison – also von September bis April – auf andere Plätze mit Beleuchtung ausweichen muss, ist nicht neu. So trainierten und spielten die Eifeler lange in Keldenich, Scheven oder Voißel, im vergangenen Jahr in Nettersheim. Nun ist die sportliche Heimat also Kall. Ein Nomadentum der fußballerischen Art.
Die Premiere ist mehr als geglückt. Am vergangenen Sonntag gewann der SVS gegen den SSV Weilerswist mit 7:2. Am Ende vielleicht ein bisschen zu deutlich, aber danach dürfte schon am kommenden Spieltag keiner mehr fragen. Aktuell belegt Sötenich den vierten Platz in der Tabelle und hat nach Angaben von Coach Sabel „fünf Punkte verschenkt.“
Trainer Markus Sabel mit der Entwicklung der Mannschaft zufrieden
Dennoch sei man zufrieden: „Praktisch hat die Mannschaft in der vergangenen Saison mit einem Kraftakt am letzten Spieltag den Klassenerhalt geschafft. Entsprechend können wir zufrieden sein.“ Trotz dieses Erfolgserlebnisses herrscht noch Skepsis beim Wir-spielen-nun-in-Kall-Projekt im Sötenicher Lager vor. „Das Ganze ist in dieser Form schon ein Kraftakt für die Mannschaft und den Verein“, sagt Trainer Markus Sabel.
Aktuell lebe man praktisch aus dem Auto heraus. Die meisten Trainingsutensilien werden zwischen Sötenich und Kall hin und her gefahren – dass da mal ein Ballsack oder die Trainingsleibchen nicht da sind, wo sie in dem Moment sein sollten, liegt auf der Hand. Aber auch der Verkauf von Bier, Cola und Stadionwurst während der Heimspiele ist eben anders. „Wir überlegen, uns einen kleinen Pavillon zuzulegen, damit die Verkäuferinnen wenigstens ein bisschen geschützt stehen“, sagt Eric Geschwind. Aus dem warmen Vereinsheim in Sötenich ist ein Biertisch vor einer Garage in Kall geworden – und wird es für einige Monate bleiben.
Pro Trainingseinheit zahlen die Sötenicher an den Kaller SC, der mit der Gemeinde einen Nutzungsvertrag vereinbart hat, 25 Euro für 90 Minuten und eine Sportplatzhälfte. Für ein Heimspiel werden 100 Euro fällig. Zwei Hälften, drei Stunden – macht 100 Euro. Hinzu kommen die Kosten für die Schiedsrichter. „Wir zahlen in den Wintermonaten meist drauf“, sagt Uwe Metternich, Sportlicher Leiter des SV Sötenich.
Die Kasse des Vereins sei zwar nicht prall, aber für derartige Ausgaben ausreichend gefüllt. Zumal, so Metternich, der Verein im Vergleich zur vergangenen Saison noch spare. An die Sportfreunde Marmagen-Nettersheim musste der SVS für „Heimspiele“ auch 100 Euro abdrücken, so der Sportliche Leiter. Und im Vergleich zum Training in Scheven oder Keldenich sei der Vorteil zwar nicht monetärer Art, dafür seien die Trainingsutensilien – von Bällen über Leibchen bis hin zu den Fußballschuhen – nach jedem Training maximal nass und nicht mehr dreckig.
Mit dem großen Ziel, einen eigenen neuen Platz zu haben, vor Augen, seien das aber Ausgaben und Herausforderungen, denen man sich mehr oder weniger gerne stelle. „Der neue Platz ist für den Verein ein Segen“, sagt Eric Geschwind. Die heutige Generation von Fußballern könne man mit einem Rasenplatz kaum noch überzeugen, wenn ein Ort weiter auf einem Kunstrasen gespielt werde.
Überzeugend ist bisher der Auftritt von Trainer Markus Sabel. Beim Training vor dem Spiel gegen Weilerswist stand er mit 20 Kickern auf dem Kunstrasen in Kall. Fast schon Durchschnitt in dieser Saison. Unter den vielen jungen Spielern sind auch immer noch – oder wieder – drei alte Hasen zu entdecken.
Karriere beendet, aber die Schuhe wieder vom Nagel geholt
Pascal Feyerabend, Kevin Häusler und Christopher Bellstädt hatten ihre Karrieren eigentlich schon (mehrfach) beendet. Und hätten wohl allen Grund gehabt, mit ihrem Freund und langjährigen Trainer Chris Hammes gemeinsam aufzuhören. Doch Sabel überzeugt, kommt an und begeistert mit seiner Art der Ansprache und des Fußballs. Und die Punktausbeute spricht für sich.
Nach Angaben der Gemeinde Kall und des SV Sötenich geht es mit den Bauarbeiten am neuen Platz wohl erst im kommenden Jahr los – je nachdem, wie hart der Winter in der Eifel wird. Was voraussichtlich noch in diesem Jahr beginnen wird, sind die Kanalarbeiten rund um den Sportplatz. Die haben aber nur bedingt etwas mit dem neuen Platz zu tun, sondern mit der Starkregenvorsorge der Gemeinde.
Geplant ist auch, neben dem Sportplatz ein neues Bürgerhaus samt Vereinsheim zu bauen. Insgesamt werden die Sötenicher Vorhaben mit rund 3,5 Millionen Euro gefördert. Die Bescheide aus Düsseldorf über 1,5 Millionen – je 750.000 Euro für die Realisierung von Kunstrasenplatz und Sportplatz – hat der SVS bereits erhalten, genau wie den für das Bürgerhaus.
Neuer Platz viel Aufwand für den Kaller SC
Der Kaller SC hat mit der Gemeinde eine Nutzungsvereinbarung für den neuen Kunstrasen abgeschlossen. Das hat für den Verein einigen Aufwand zur Folge. So muss ein digitales Platzbelegungstool gepflegt werden oder auch kontrolliert werden, ob das Rauchverbot am neuen Kunstrasen eingehalten wird. Laut Wolfgang Kirfel, Vorsitzender des KSC, funktionierte das beim Spiel des SV Sötenich gegen Weilerswist ganz gut.
Zudem habe der Verein zwei Platzwarte für die Pflege angestellt. Das bedeute nicht nur zusätzliche Ausgaben, sondern auch einen gewissen bürokratischen Aufwand. Diese Kosten würden mit Gebühren auf die Nutzer umgelegt. In den Herbst- und Wintermonaten werde der Platz von zahlreichen Vereinen aus der Nachbarschaft genutzt. Im Sommer sei die Nachfrage natürlich geringer.