Einer ist bereits deutscher MeisterDiese Euskirchener Brüder hüten alle das Tor
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Jonas ist deutscher Meister mit der U17 des 1. FC Köln, Luis gerade zu Bayer Leverkusen gewechselt und Henri mit der JSG Erft 01 in die Bezirksliga aufgestiegen.
Das Besondere: Die drei Brüder stehen alle im Fußballtor – wie einst der Vater.
Dem elterlichen Garten in Kleinbüllesheim tat das selten gut.
Euskirchen – Das Baumhaus und ein paar Blumenbeete im Vorgarten mussten weg. Der Traum von der Profikarriere braucht schließlich Platz. Als die Rasenfläche hinter dem Haus nicht mehr ausreichte, musste ein neuer, größerer Platz her. Sieben Jahre ist das her.
Immer noch zeigt die Hecke Spuren, die Jonas und Luis Urbig hinterließen. Zwar waren die Brüder schon in jungen Jahren richtig gute Torhüter, doch wer hält schon jeden Ball? So ging es schon mal ab ins Unterholz. Nicht allzu oft, die meisten Bälle haben sie schlichtweg pariert.
3:2 im Finale gegen den BVB
Es scheint sich gelohnt zu haben, das Baumhaus auf dem Grundstück ihrer Eltern Martina und Kurt in Kleinbüllesheim zu opfern. Der 15-jährige Jonas wurde vor wenigen Wochen deutscher B-Junioren-Meister mit dem 1. FC Köln. Er zählt zu den besten Torhütern seines Jahrgangs in Deutschland. Sein 13 Monate älterer Bruder hat kürzlich einen Zweijahresvertrag bei Bayer Leverkusen unterschrieben, seitdem gehört er zur U19 der Werkself. Das Torwart-Talent liegt offenkundig in den Genen. Vater Kurt stand unter FC-Legende Heinz Flohe im Tor des Euskirchener TSC. Da wundert es auch nicht, dass sich Nesthäkchen Henri anschickt, den familiären Torwart-Wahnsinn zu komplettieren: Auch der Elfjährige hütet das Tor. Auf einen Erfolg, wie ihn sein Bruder Jonas schaffte, muss er noch etwas warten.
„Deutscher Meister“, so schwärmt Jonas, „wird man nicht alle Tage. Das war ein unglaubliches Erlebnis.“ Überraschend gewann sein Team mit einen 3:2 gegen Borussia Dortmund den Titel – der vorläufige Höhepunkt einer noch jungen Karriere. Ein weiterer könnte beim Vier-Nationen-Turnier Anfang September hinzukommen. Möglich, dass der 15-Jährige Schlussmann dort sein erstes Länderspiel absolvieren wird.
Spitzname Jans-Jörg
Begonnen hat seine Laufbahn bei den Sportfreunden Wüschheim-Büllesheim. Dann ging es zum SSV Lommersum, von dort aus für ein halbes Jahr zur 1. Jugendfußballschule Köln. Auch im Schatten des Rhein-Energie-Stadions machte Jonas Urbig mit seinen Leistungen auf sich aufmerksam – so sehr, dass der 1. FC Köln ihn zum Training einlud. Doch was zieht man zum ersten Training beim 1. FC Köln an? Jonas Urbig entschied sich für ein lilafarbenes Trikot von Torwart Hans-Jörg Butt, der, wohlgemerkt, damals bei Bayern München spielte. Jonas wurde trotzdem verpflichtet. Mit dem Spitznamen Hans-Jörg musste er allerdings noch eine Zeit lang leben. Mittlerweile ist der Name Geschichte, die guten Leistungen nicht. In wenigen Wochen wird Jonas Urbig wohl als Stammtorwart der U-17-Bundesliga-Mannschaft des 1. FC Köln in die Saison gehen.
Sein Bruder Luis wird in der neuen Spielzeit wohl wenige Pflichtspielminuten sammeln können. Der 17-Jährige geht als Nummer drei bei der U 19 von Bayer Leverkusen in die Saison. War es richtig, den Stammplatz beim Mittelrheinligisten 1. FC Düren gegen einen Platz auf der Reservebank beim Bundesligisten einzutauschen? „Wir haben uns ganz bewusst für den Wechsel entschieden, obwohl er eigentlich sämtliche Empfehlungen konterkariert“, erklärt Vater Kurt: „Eigentlich geht ja nichts über Spielpraxis. Wenn man spielt, lernt man grundsätzlich mehr als auf der Bank.“
Intensiv wurden Pro und Contra im Familienkreis abgewogen – dann fiel die Entscheidung für die Werkself: „Ich habe nun Zeit, mich an die Jugendbundesliga zu gewöhnen, kann im ersten Jahr ganz viel lernen und werde versuchen, mir im kommenden Jahr den Stammplatz in der U 19 zu erkämpfen“, sagt Luis Urbig. Wie für seinen Bruder beim 1. FC Köln dürften auch für den 17-Jährigen auf der anderen Rheinseite ein paar Trainingseinheiten bei den Profis rausspringen, denn im Gegensatz zum 1. FC Köln hat Bayer keine U 21. Die A-Jugend ist praktisch die Reserve.
Eine Trainingseinheit mit den FC-Profis hat Jonas Urbig schon hinter sich: „Das war eine tolle Erfahrung.“ Er habe sich zunächst in der Kabine bei allen vorgestellt. Am Ende der Übungseinheit hätten ihn die Stars sogar gefragt, ob er noch ein paar Minuten länger bleiben könne. Die Profis wollten noch ein Schusstraining absolvieren. Was für eine Frage! Natürlich konnte er. „Die Härte und Präzession waren beeindruckend. Das ist noch einmal eine ganz andere Liga als im Jugendbereich“, stellte der Torwart fest, der schon seit der U10 beim 1. FC Köln spielt. Und genau wie die gestandenen Profis wurde er nach dem Training von den Fans um Selfies und Autogramme gebeten. „Das war schon ungewohnt, aber eine große Ehre und ein Wunsch, den ich jedem gerne erfüllt habe“, sagt der Schüler des Emil-Fischer-Gymnasiums.
Oberstufe in Euskirchen, Fußball in Leverkusen
Sein Bruder Luis besucht die Marienschule Euskirchen und steht nach den Sommerferien vor der Herausforderung, gymnasiale Oberstufe und Fußball bei Bayer Leverkusen unter einen Hut zu bekommen. „Eine Gastfamilie in Leverkusen wäre eine Option, doch er hat sich bewusst dagegen entschieden“, sagt Mutter Martina. Die Fahrzeit von Kleinbüllesheim nach Leverkusen sei schließlich überschaubar. Der stellvertretende Schulleiter der Marienschule, Stefan Binder, stehe zudem im Austausch mit der sportverrückten Familie. „Die beiden Schulen versuchen seit Jahren, uns so gut, wie es geht zu unterstützen“, sagt Kurt Urbig, der als Fußball-Papa heftigst gefordert ist: „Ich habe in meiner aktiven Zeit schon sehr viel Zeit auf dem Sportplatz verbracht, aber durch meine drei Söhne ist es definitiv nicht weniger geworden.“
Die Wochenenden seien meist genau durchgetaktet, immer in enger Absprache mit Ehefrau Martina. „Unsere Hobbys sind, die Kinder zu versorgen und ihnen ihr Hobby zu ermöglichen“, sagt sie. Bevor der Fahrdienst des 1. FC Köln installiert wurde, fuhren die Eltern Jonas täglich zum Geißbockheim, Luis zuletzt mehrfach pro Woche nach Düren.
„Hervorragend“
Die Leiter des Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Köln, Carsten Schiel und Matthias Heidrich, loben Torwart Jonas Urbig: „Er macht sich hervorragend.“
In der Mannschaft des Kleinbüllesheimers spielen auch Ben Hompesch und Ben Decker. Die beiden Offensivkicker spielten zuletzt für den ETSC. (tom)
Kurt Urbig stört das nicht, im Gegenteil: „Die 45 Minuten Fahrt zum Training nutze ich zum intensiven Gespräch mit meinen Söhnen. Andere Väter haben diese Zeit nicht, sich so oft, so lange mit ihren Söhnen zu unterhalten.“ Die Eltern tun auch alles dafür, dass der talentierte Nachwuchs nicht abhebt, wie Jonas Urbig zu berichten weiß: „Ich bin bei einem Turnier zum besten Torwart gewählt worden. Als ich nach Hause kam, wollte meine Mutter aber den Pokal erst sehen, nachdem ich meine Tasche ausgepackt hatte.“
Der Härtetest für den Familienfrieden steht aber noch aus. Ein Duell der Brüder hat es bisher noch nicht gegeben. Auch in der kommenden Saison wird es dazu nicht kommen, weil Luis bei den A- und Jonas bei den B-Junioren spielen wird. Auch ein virtuelles Duell gab es nicht, eine Playstation sucht man im Hause Urbig nämlich vergeblich. „Wir spielen noch gerne draußen“, sagt Luis Urbig schmunzelnd und verweist auf das geopferte Baumhaus.
„Eine ganz normale Familie“
Unterdessen erzählt Jonas von einem Treffen der besonderen Art: Weltmeister Toni Kroos hatte die Nachwuchsfußballer des 1. FC Köln nach deren Gewinn der deutschen Meisterschaft zur Weltpremiere seines autobiografischen Dokumentarfilms in den Kölner Cinedom eingeladen. „Er hat sich Zeit für uns genommen und mit uns gequatscht“, erinnert sich Jonas Urbig mit Freude, auch wenn Kroos seiner Spielposition wegen nicht ganz oben auf der Liste seiner Vorbilder steht.
Da orientiere er sich an Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen. „Wir beobachten ganz genau, wie sich Profis in den entsprechenden Situationen verhalten“, fügt Bruder Luis hinzu. Sitzen dann auch noch Vater Kurt und Bruder Henri mit vor dem Fernseher, kommt die Familie aus dem Fachsimpeln gar nicht mehr heraus. Aber es seien auch solche Fernsehabende, die das bodenständige Familienleben ausmachten, sagt Mutter Martina: „Wir sind eine ganz normale Familie.“