Wegen LärmbeschwerdenKartbahn-Betreiber auf Dahlemer Binz fürchten um Existenz
Dahlemer Binz – Einer ungewissen Zukunft geht die Kartbahn auf der Dahlemer Binz entgegen: Statt der vier für diese Saison geplanten Rennen dürfen nur noch zwei stattfinden. Außerdem ist der bislang täglich mögliche Rennkartbetrieb nun auf die Rennwochenenden reduziert. Für die Betreiber Richard Orphan und Christopher Merkel ist das ein schwerer Schlag. Im vergangenen Jahr haben sie viel Geld in die Hand genommen, um die Anlage zu sanieren.
Der Grund für die etwas komplizierte Gemengelage liegt in der Vergangenheit. Die Kartbahn an der Binz wurde 1980 aufgebaut. Zwei Jahre später übernahmen die Eltern von Richard Orphan, der selbst als Kartfahrer über Jahre erfolgreich war, den Betrieb. Als Vater Bernard sich aus dem aktiven Geschäftsleben zurückzog, trat Richard die Nachfolge an. Mittlerweile betreibt er die Bahn mit Christopher Merkel.
Lärmbeschwerden dämpfen Freude über regen Betrieb
2017 wurde die Asphaltdecke erneuert, eine neue Flutlicht- und Zeitmessanlage installiert und die in die Jahre gekommene Holzbrücke über die Strecke abgerissen. Allein für die Asphaltdecke war ein niedriger sechsstelliger Betrag fällig. Die Nachricht über die sanierte Strecke löste einen Run auf die Veranstaltungen und die Trainingszeiten aus. Doch die Freude bei den Betreibern und Rennfahrern sollte bald einen empfindlichen Dämpfer erhalten.
„Wir haben in der zweiten Jahreshälfte deutliche Beschwerden über den Lärm erhalten“, so Dahlems Bürgermeister Jan Lembach.
Seit der Sanierung habe es Unruhe gegeben.
Genehmigt wurde der Betrieb 1979 von Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Bonn, das heute nicht mehr existiert. Eigentlich, so Werner Crommen, Sachbearbeiter beim mittlerweile für derartige Genehmigungen zuständigen Kreis Euskirchen, sei diese noch gültig. Drei Rennen seien darin genehmigt.
Gemeinde verweist auf Pachtvertrag
Doch im Pachtvertrag zwischen der Gemeinde Dahlem und Orphan, der laut Crommen von 1985 datiert, ist eine andere Regelung festgelegt. Hierin sind zwei Renntage und darüber hinaus kein Rennkart-Betrieb genehmigt. Die Gemeinde zieht sich nun auf den Pachtvertrag zurück und beschränkt aktuell den Betrieb auf Leihkarts, die deutlich leiser sind als Rennkarts, sowie zwei Rennen. Dieses Vorgehen wurde vom Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung bestätigt.
„Wenn es so bleibt, ist das für die Kartbahn das Aus“, sagt Christopher Merkel. Durch den Leihkartbetrieb sei die Anlage nicht finanzierbar. In den vergangenen Jahren wurden vier Rennen veranstaltet, dazu kam das Training der Rennkart-Fahrer an den Wochenenden. Der gesamte Jahresumsatz müsse in sieben Monaten erwirtschaftet werden, erläutert Merkel: „Das ist nur mit Leihkarts nicht zu machen.“
Überschreitung von Grenzwerten nicht erkennbar
„Wir als zuständige Genehmigungsbehörde haben seit 2008 weder Beschwerden erhalten, noch hat uns die Gemeinde Dahlem eine Beschwerde weitergeleitet“, sagt Crommen auf Anfrage. Aufgrund der Veränderungen an der Strecke sei er auf die Betreiber zugegangen, da eine neue Genehmigung notwendig sei. Ein vorläufiges Lärmschutzgutachten ist bereits erstellt. Das Ergebnis lässt laut Crommen keine Überschreitungen von Grenzwerten erkennen: „Es gibt für mich keinen Anlass, die Genehmigung nicht zu erteilen.“
Doch ein Antrag liegt noch nicht vor, das Gutachten ist noch nicht endgültig. Grund dafür sind die Lärmemissionen der Testfahrten von DTM-Rennteams auf dem benachbarten Flugplatz Dahlemer Binz. „Diese müssen noch als Vorbelastung von den Messungen an der Kartbahn abgezogen werden“, so Crommen.
Im Gegensatz zur Kartbahn besteht für die „außerfliegerische Nutzung“ des Flugplatzes, wie es im Amtsdeutsch heißt, bislang weder ein Lärmschutzgutachten noch eine Genehmigung. Dies werde derzeit nachgeholt, bestätigen Crommen und Helmut Etten, Vorsitzender der Flugplatzgesellschaft.
Nur zwei Rennen in Saison 2018
Von dieser Zeitung auf die Lärmemissionen der Testfahrten auf der Binz angesprochen, erwähnt Bürgermeister Lembach nicht das aktuell anstehende Verfahren. Das sei gar nicht mehr so viel, sagt er. Und: „Der Testbetrieb ist nicht mit den Rennkarts vergleichbar.“ Beim Kreis hört es sich anders an. Der Testbetrieb auf dem Flugplatz sei „genehmigungswürdig“, so Crommen. Ab fünf Tagen pro Jahr sei eine Genehmigung notwendig. Laut Etten seien es rund 40 Veranstaltungen, Fototermine und Testfahrten pro Jahr. „Die finden in der Regel unter der Woche statt und dauern manchmal nur eine Stunde“, betont er. Die ersten Lärmmessungen hätten auch keine Überschreitung der Grenzwerte ergeben.
Doch selbst wenn der Kreis der Kartbahn die neue Betriebsgenehmigung erteilt, heißt das nicht, dass der gewohnte Betrieb wieder aufgenommen werden kann. Bei der Kollision von Privat- und öffentlichem Recht, so geben es die Beteiligten an, habe der alte Pachtvertrag Vorrang.
Bis die Genehmigung vom Kreis erteilt sei, ziehe sich die Gemeinde auf die im Pachtvertrag festgelegten Rahmenbedingungen zurück, so Lembach. Es gebe eine klare Rechtslage – auch wenn die in der Vergangenheit nicht angewendet worden sei. Das bedeute, dass in der Saison 2018 nur zwei Rennen stattfinden. „Wenn die neue Genehmigung kommt, werden wir neu diskutieren“, verspricht der Bürgermeister.
Auch Existenz des Kartclubs bedroht
Die Kartbahn auf der Binz ist seit vielen Jahren Hausbahn des Kartclubs Burg Brüggen (KCBB). Trotz des Namens ist der Club in Dahlem ansässig. Vorsitzender ist der in Berk wohnende Ingo Freyaldenhoven. „In den vergangenen Jahren hat der Klub eine gute Entwicklung genommen“, sagt Freyaldenhoven. Rund 120 Mitglieder zähle der Verein aktuell, die viel ehrenamtliche Arbeit in die Kartbahn und die Renntage stecken.
„Wenn der Rennkartbetrieb auf zwei Renntage beschränkt wird, hat der Klub keine Existenzgrundlage mehr“, macht der Vorsitzende deutlich. Ein Abwandern sei nicht möglich, denn durch die 2020 geplante Schließung der Kartbahn in Kerpen stelle die Anlage an der Dahlemer Binz die letzte Kartbahn in Nordrhein-Westfalen auf hohem nationalen Niveau dar.
Vor der Entscheidung im Rat über die Kartbahn wandte Freyaldenhoven sich in einem Brief, der dieser Zeitung vorliegt, an Bürgermeister und Ratsvertreter der Gemeinde. Seit 2014 sei es, ohne einen Euro an Fördermitteln oder Subventionen in Anspruch zu nehmen, gelungen, Verein und Binz über die Region hinaus bekanntzumachen. „Der Trainingsbetrieb darf nicht auf die Wochenenden beschränkt sein, an denen wir die Rennen durchführen“, so Freyaldenhoven. Das sei einfach zu wenig für die notwendigen Trainings- und Einstellfahrten.