Kronenburger SeeBadebetrieb im Sommer wegen Flut-Schäden unklar
Dahlem-Kronenburg – Das Rekordhochwasser vom Juli hat an der Abflusssteuerung der Staumauer des Kronenburger Sees erhebliche Schäden verursacht. Wie hoch sie genau sind, steht noch nicht fest. Seitdem hat das Bauwerk eine Betriebserlaubnis durch die Bezirksregierung Köln für eine Art Dauernotbetrieb.
„Wo wir jetzt stehen, stand am 14. und 15. Juli das Wasser“, sagt Dahlems Bürgermeister Jan Lembach, zugleich Vorsitzender des Zweckverbands Kronenburger See. Er, sein Allgemeiner Vertreter Erwin Bungartz und Talsperrenwärter Andreas Mainz wirken etwas verloren vor dem Trichter des Überlaufturms sowie der 19 Meter hohen und 325 Meter langen Staumauer. Das Bauwerk, das 2,7 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten soll, wurde zwischen 1973 und 1978 erbaut. Es ist für eine Abgabe von maximal 81,23 Kubikmeter pro Sekunde ausgelegt, Berechnungsgrundlage war Mitte der 1970er-Jahre ein zehntausendjährliches Hochwasser. Doch in der Flutnacht, ziemlich genau um Mitternacht, wurden in der Spitze 120 Kubikmeter erreicht, 60 konnten kontrolliert abgegeben werden, so Talsperrenwärter Andreas Mainz. Der Freibord – der Abstand bis zum Überfluten der Staumauer – betrug da nur noch 1,70 Meter.
„Das alte Mädchen hat gehalten“
Mainz blickt ein bisschen versonnen auf das Bauwerk: „Das alte Mädchen hat gehalten.“ Es rutscht ihm so raus, als er sich an die bisher abenteuerlichste Dienstnacht seines Talsperrenwärterlebens erinnert – in der er im Prinzip auf sich allein gestellt war. Schon Stunden vorher am 14. Juli waren alle Kommunikationswege zur Talsperrenaufsicht bei der Bezirksregierung ausgefallen.
Welche Schäden danach entstanden sind, zeigen Mailverkehre und Schreiben zwischen dem Zweckverband, Ingenieurbüros und der Talsperrenaufsicht. Bereits am 19. Juli wurden demnach die Abflusssteuerungsanlagen – zwei Betriebsschütze – und etwa Sickerwasserschächte in der Staumauer untersucht. Beide Betriebsschütze sind nicht mehr voll funktionsfähig. Nicht nur zwei Hydraulikzylinder zum Antrieb müssen ersetzt werden, auch die beiden jeweils mehr als zwei Tonnen schweren Stahlschieber, zudem die Flutklappe und die Steuerung mit Schwimmer und Seilzug am Sickerwassermessschacht am Tosbecken. Alleine 35.000 Euro wurden vom Zweckverband schon investiert, um erhebliche Schäden an der Brücke über den Vorstau oberhalb des Staubeckens zu reparieren.
Der Zweckverband hat in seiner jüngsten Sitzung ein Budget von 125.000 Euro beschlossen, um etwa ein Ingenieurbüro mit den begleitenden Arbeiten zu beauftragen. Der Ersatz der Sonderbauteile wie der Betriebsschütze sowie der Kauf von zwei Stahlplatten zur zwischenzeitlichen Wasserabsperrung für die Arbeiten und weitere Bauteile an Abfluss- und Sickerwasserregulierung werde wohl „irgendwas im sechsstelligen Euro-Bereich“ kosten, so Lembach. Es handelt sich um Einzelanfertigungen. Sie müssen geplant, möglicherweise europaweit ausgeschrieben und von einem der wenigen Spezialisten, die es gibt, eingebaut werden.
Enormer Druck durch das Hochwasser
Was das Hochwasser bis gegen Mittag am 15. Juli an der Staumauer angerichtet hat, ist derzeit als ramponiertes Bauteil vor dem Betriebshof am Seeufer zu sehen: Das Betriebsschütz 1 ist ausgebaut und lagert dort bis zur Verschrottung. Der Fachmann erkennt an der leicht verbeulten Stahlplatte und den aufgerauten Stahlrädern, die eigentlich vertikal in einer mit Beton im Staumauerwerk verankerten Führung hängen, welchen Druck das Hochwasser auf den rund 45 Jahre alten Schieber ausgeübt haben muss. „Es wird die Frage sein, ob die aktuellen Bestimmungen und statischen Untersuchungen der Aufhängung überhaupt den Einbau eines neuen Schützes ohne zusätzliche Betonarbeiten möglich machen“, so Lembach.
Loch in der Stauwand kein Grund zur Sorge
Wo das Schütz fehlt, ist derzeit ein Loch in der Stauwand. Mainz gibt Entwarnung: In der Konstruktion sei der Ausbau berücksichtigt, zu einem ungeregelten Ausfluss könne es nicht kommen. Betriebsschütz 2, das ebenfalls ausgetauscht werden muss, ist derzeit geschlossen. Man muss sich das, was normalerweise per Elektronik und Hydraulikzug gesteuert wird, derzeit als schmalen, permanenten Ausfluss wie durch einen engen Filter vorstellen. Es sind nur 2,5 Kubikmeter pro Sekunde, ein Rinnsal. Die Arbeiten in Abstimmung mit der Talsperrenaufsicht werden wohl bis 2024 dauern, so Lembach. Die Kosten werden zu 100 Prozent aus dem Wiederaufbaufonds erstattet.
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Bis dahin ist die Hochwasserschutzanlage betriebssicher, sonst wäre eine entsprechende Erlaubnis nicht erteilt worden. Mit einer Einschränkung: Die Talsperre läuft mit Winterstau und wird das nach derzeitigem Stand auch im Sommer tun. Die Stauhöhe beträgt derzeit nur 481 Meter über Normalnull.Beim Sommerstau liegt das Stauziel bei 483,5 Metern. „Nur diese Höhe erlaubt den Bade- und Freizeitbetrieb auf dem Kronenburger See“, so Lembach. Bleibt es also bei den aktuellen Vorgaben, wäre der Kronenburger See im Sommer für den Badebetrieb gesperrt. Das will Lembach vermeiden: „Wir hoffen, dass wir mit der Bezirksregierung einen Kompromiss finden.“
Wassermassen in der Flutnacht
Der Hochwasserschutz für die Unterlieger wie Kronenburger Hütte, Hammerhütte, Stadtkyll und Jünkerath ist garantiert. Darauf legt Jan Lembach als Vorsitzender des Zweckverbands Kronenburger See großen Wert.
Die Pegelstände zwischen dem Kronenburger See und der Kyllmündung unterhalb von Kordel in die Mosel zwischen dem 14. und 17. Juli zeigt eine Grafik, die im Betriebsbüro der Talsperre an die Wand gepinnt ist. Um Mitternacht vom 14. auf den 15. Juli schnellen sie steil in die Höhe. 120 Kubikmeter pro Sekunde waren es da an der Staumauer, 230 schon im wenige Kilometer entfernten Jünkerath. Unabhängig vom Rekordabfluss aus dem Stausee war fast die gleiche Wassermenge schon auf der kurzen Strecke kyllabwärts von Zuläufen dazugekommen.
Millionenschäden an der Kyll
Gegen Mittag am 15. Juli war daraus bei Kordel ein Durchfluss von rund 450 Kubikmetern pro Sekunde geworden – eine alle bisherigen Rekordwerte sprengende Flutwelle. Aus dem Sitzungsprotokoll der „Hochwasserpartnerschaft Kyll“, an der alle Anliegerkommunen und Gebietskörperschaften, vor allem aus Rheinland-Pfalz, sowie die Aufsichtsbehörde SGD Nord in Koblenz teilnehmen, geht nach Angaben der SGD Nord hervor, dass allein an der öffentlichen Infrastruktur entlang der Kyll Schäden von rund zehn Millionen Euro entstanden sind. (sli)