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Gefahr für MauerHistoriker besorgt über geplante Baumfällungen im Tiergarten Blankenheim

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Die Gruppe beim Vor-Ort-Termin im Tiergarten.

Beim Ortstermin im Tiergarten wurde heftig diskutiert: Martin Ritterbach, Betriebsleiter des Forstbetriebs der Gemeinde Blankenheim (r.), und Wolfgang Doppelfeld (l.) lieferten sich einige Wortgefechte.

Das anstehende Einschlagen von bis zu 1430 Festmetern Holz aus dem historischen Tiergarten löst in Blankenheim Diskussionen aus.

Das anstehende Einschlagen von bis zu 1430 Festmetern Holz aus dem historischen Tiergarten oberhalb von Blankenheim hat wie zu erwarten in der Bevölkerung Diskussionen ausgelöst. Jetzt trafen sich Gegner der auf Jahre geplanten Fällungen, Vertreter des Forstamtes und der Verwaltung zu einem ersten Krisengespräch vor Ort. Dort ging es auch um die Reste einer alten Mauer im Gelände.

„Ich bin kein Krawallmacher. Aber es soll nichts kaputtgemacht werden.“ Wolfgang Doppelfeld, rühriger Ortshistoriker von Blankenheim, Gästeführer und Mitglied im Förderverein Burg Blankenheim, steht im Wald und wird deutlich.

Tiergarten war die „Speisekammer“ der Blankenheimer Grafen

Der Begriff „Wald“ trifft es nicht ganz. Denn hier ist er mitten im 10,25 Hektar großen Tiergarten, einst das Freigehege für die „gräfliche Speisekammer“, wie Doppelfeld es nennt. Hier hat die Grafenfamilie Tiere für ihr Wildbret gehalten, zu großen Banketten und Festen wurde auch mal zur Gemeinschaftsjagd geblasen.

Davon ist heute wenig bekannt. Umso mehr vom Tiergartentunnel aus dem 15. Jahrhundert, einem technischen Meisterwerk des neuzeitlichen Wasserleitungsbaus. Der 10,25 Hektar große Wald drum herum zwischen Burg, dem historischen Ort Blankenheim und dem heutigen Kreisverkehr unterhalb des Mürel-Industrie- und Gewerbegebietes wird nahe der Burg gerne als Waldspielplatz genutzt. Das Gebiet ist von mehreren Wanderwegen durchzogen – und ein Wirtschaftswald.

Im Tiergarten befindet sich eine 400 Meter lange Bruchsteinmauer

Mit den hier wachsenden Bäumen soll Geld verdient werden. In den kommenden Jahren soll es zu massiven Fällungen kommen. Aus unterschiedlichen Gründen.

Als Wolfgang Doppelfeld sich das bei der Lektüre des Berichtes über das Vorhaben in dieser Zeitung vorstellte, habe ihn das „vom Stuhl gekippt“, wie er am Dienstagmittag gegenüber Martin Ritterbach, Betriebsleiter des Forstbetriebs der Gemeinde, Revierförster Tobias Peulen und Vertretern der Verwaltung erklärt.

Auf dem Waldboden sind die Reste der Bruchsteinmauer zu erkennen. Ein Schild verweist auf die Bedeutung der Mauer.

Auf fast 400 Metern am Stück sind Reste der 200 Jahre alten Einfriedungsmauer um den Tiergarten erhalten.

Friedhelm Elsen, Vorstandskollege im Förderverein Burg Blankenheim, erging es offenbar ähnlich. Elsen war vor Jahren einer der Ausgräber des Tiergartentunnels, heute eine der Hauptattraktionen von Blankenheim.

Dabei sind die Fällungen selbst gar nicht der Hauptkritikpunkt der beiden Blankenheimer. Ihnen geht es um den Denkmalschutz. Und zwar um bis zu 400 Meter am Stück erhaltene sowie weitere Teile der 200 Jahre alten Bruchsteinmauer, die bis heute entlang der Nordallee im Wald, die im Volksmund Reitschulweg genannt wird, erhalten sind. Der alte Steindamm ist gut erkennbar, teilweise schon mit alten Bäumen bewachsen. Der Förderverein hat eigens ein Hinweisschild an einer Stelle aufstellen lassen.

Gemeinde Blankenheim muss auch für die Sicherheit sorgen

„Was hier auf den Mauerresten steht, soll so erhalten werden, außer es sind Bäume, die gefällt werden müssen, weil sie krank sind“, sagt Doppelfeld. Martin Ritterbach beruhigt ihn: Das könne er wohl zusichern. Und da ihm Doppelfeld eine „Messtischkarte“ mit dem genauen Mauerverlauf anbieten kann, scheint die Gefahr für das alte Bodenbauwerk gebannt. Doch Ritterbach verweist auch auf die Verkehrssicherungspflicht: Ist die Standsicherheit eines Baumes gefährdet, kann er eine Gefahr für Wanderer, Passanten und Kinder werden. Dann muss er raus.

Das Schild erklärt den Sinn der Mauer, die den gesamten Tiergarten umzog.

Auf fast 400 Metern am Stück sind Reste der 200 Jahre alten Einfriedungsmauer um den Tiergarten erhalten.

Damit ist das eigentliche Thema des Treffens im Tiergarten gefunden: Ob es überhaupt eine solche Verkehrssicherungspflicht gebe, will Wolfgang Doppelfeld wissen. Ritterbach und Revierförster Peulen verweisen auf die erlaubte Nutzung als Waldspielplatz, und da sei die entsprechende Dienstanweisung des Landes eindeutig.

Martin Ritterbach schlägt Verkauf des Tiergartens an Förderverein vor

Der Wald solle lieber so bleiben, wie er ist, und gar nichts gefällt werden, schlägt stattdessen die Blankenheimer Geschäftsfrau Anke Löfken vor. Man könne ihn ja vielleicht an die Bürger verpachten.

Martin Ritterbach wiederum macht dem Förderverein Burg Blankenheim den Vorschlag, den Tiergarten der Gemeinde abzukaufen, und ihn so aus dem Nutzungskonflikt zwischen Wirtschaftswald und Tourismus zu ziehen.

Der Tiergarten ist seit 2016 in der Denkmalbereichssatzung erfasst

Wolfgang Doppelfeld und Friedhelm Elsen weisen das Ansinnen zurück: „Wir haben eine kleine Hütte an der Römervilla. Mehr wollen wir uns nicht ans Bein binden.“

Dabei ist die Idee der Unterschutzstellung keineswegs abwegig. Erste Schritte sind getan. Der gesamte Tiergarten ist seit 2016 als Außenbereich der Denkmalbereichssatzung der Gemeinde Blankenheim erfasst, so Sabine Reiferscheid von der Gemeindeverwaltung. „Das bedeutet aber nicht, dass der Wald schon deshalb wie unter der Käseglocke konserviert werden soll“, betont sie mehrfach.

Das bedeutet aber nicht, dass der Wald schon deshalb wie unter der Käseglocke konserviert werden soll.
Sabine Reiferscheid, Gemeindeverwaltung Blankenheim

Reiferscheid hat in den vergangenen Tagen einen Antrag des Fördervereins Burg Blankenheim auf Unterschutzstellung der Tiergartenmauer an das Amt für Bodendenkmalpflege beim Landschaftsverband Rheinland in Bonn weitergeleitet. Das Prüfverfahren läuft.

Zahlreiche Bäume, die gefällt werden sollen, wurden schon 1828 gepflanzt. Der Wald ist als gemeindlicher Wirtschaftswald klassifiziert und unterliegt so der nötigen Hege und Pflege. Dazu gehört die permanente Naturverjüngung. 1430 geplante Festmeter sollen in den kommenden Jahren und dann in der laublosen Zeit zwischen Ende November und Ende März geschlagen werden. Allerdings, so bestätigt Ritterbach, werde darüber noch beraten. Der Beschluss im Fachausschuss ist nicht das letzte Wort.

Mindestens 13 Bäume müssen im Spätherbst entnommen werden

Die Frage, ob schon im kommenden Spätherbst die ersten Baumfällungen im Tiergarten beginnen, betrifft das nicht. Mindestens 13 Bäume müssen dann aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht entnommen werden, so Förster Peulen.

Nicht per Harvester werde das geschehen, verspricht Martin Ritterbach, sondern mit der Motorsäge. Zum Herausziehen des Holzes sollen Rückepferde eingesetzt werden. „Alle Seiten werden Kompromissbereitschaft zeigen müssen“, glaubt Ritterbach, wenn er an die Nutzungs- und Interessenkonflikte rund um das grüne „Schmuckstück von Blankenheim“ (Wolfgang Doppelfeld) denkt.

Schon wegen kleinerer Themen wurden in der Gemeinde Bürgerversammlungen veranstaltet.