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Notüberlauf soll helfenKanäle in der Ahrstraße sind bei extremem Regen überlastet

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Hier kommt viel zusammen: Am Kreisverkehr am St.-Stevens-Woluwe-Platz oberhalb des Ortszentrums von Blankenheim werden Oberflächen- und Regenwasser in verschiedene Kanalsysteme geleitet.

Blankenheim – Zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren wurde die komplette Ahrstraße in Blankenheim bei einem Starkregen geflutet. Am 12. August liefen ab dem Kreisverkehr am St.-Stevens-Woluwe-Platz einige Hauskeller voll, Wasser stand auch im Keller des Rathauses am unteren Ende der Straße. Jetzt will die Gemeinde prüfen, ob bei solchen Extremereignissen das stark verdünnte Mischwasser über den Oberflächenwasserkanal um den Ortskern herum abgeleitet werden kann.

Blankenheim ist in einem engen Tal gebaut. Das sorgt für schöne Perspektiven der alten Häuschen in der Ahrstraße – und bei Extremregenereignissen wie 2018 und am 12. August für unliebsame Überraschungen: Dann laufen die Hauskeller voll, denn die abfallende Ahrstraße wird bei bis zu 100 Litern Regenwasser pro Quadratmeter in sehr kurzer Zeit zum reißenden Bach.

Am 12. August kam es so zu neun Einsätzen in einer Stunde durch die Feuerwehr: Keller mussten leergepumpt werden, mit Sandsäcken wurden Hauseingänge und Kellerschächte geschützt. Sogar im Wahlbüro der Verwaltung stand Wasser, „das die Putzfrauen aber schnell entfernt haben“, so Maria Nelles.

2007 vier Hochwasserrückhaltebecken gebaut

Doch was tun, um solche Schäden in Zukunft zu vermeiden? Anwohner mutmaßen, dass die Kanäle zu gering dimensioniert sind oder das Kanalnetz schlicht marode ist. Maria Nelles, Fachbereichsleiterin Gemeindeentwicklung, Alfred Huth, Leiter der Kommunalen Betriebe der Gemeinde, und Erwin Nelles, Allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters, schütteln den Kopf. „Auf solche Wassermengen sind die Kanäle natürlich nicht ausgelegt“, stellt Huth entschieden fest.

Auf einem großen Übersichtsplan des Blankenheimer Ortskerns sind alle Kanäle und Bauwerke zum Hochwasserschutz zu sehen: Im Norden und Westen um den Ortskern herum wurden 2007 vier Hochwasserrückhaltebecken gebaut. An der Trierer Straße zum Wohngebiet Lühberg, der Aachener Straße Richtung Blankenheimerdorf, unterhalb des Neubaugebietes Hohental und in der Rhenn sammeln sie das Wasser der Außengebiete und das Regenwasser aus dem Baugebiet Hohental und führen es über ein Kanalsystem zu den Sammlern am St.-Stevens-Woluwe-Platz.

Unterhalb des Wohnmobilstellplatzes enden die Regen- und Oberflächenwasserkanäle an der Ahr.

Von hier wird es über einen südlich um den Ortskern führenden Kanal bis zur Ahr auf Höhe Wohnmobilstellplatz geleitet. Dieses Regenwasser kommt also für eine Überflutung der Ahrstraße nicht in Betracht. „Unser Problem ist das Oberflächenwasser, das sich in großen Mengen über die versiegelten Flächen von Straßen und Wegen oberhalb des Ortskerns den einfachsten Weg sucht“, so Alfred Huth. Dabei gilt Oberflächenwasser der stark befahrenen Straßen als Mischwasser, das schon durch den Pkw-Verkehr auf den Straßen im Sinne der Wassergesetze verunreinigt ist. Es muss vor der Zuleitung in die Ahr im Klärwerk unterhalb des Ortskerns behandelt werden.

Und wenn die Kanalisation entlang der Straßen die Wassermengen nicht mehr aufnehmen kann oder einfach die schiere Masse die Straße hinunterfließt, wie etwa von der ansteigenden Aachener Straße Richtung Blankenheimerdorf, kommt es entlang der gesamten Ahrstraße zu Überflutungen.

Selbst ist der Anwohner: Abmauerungen von Kellerschächten als Hochwasserschutz am St.-Stevens-Woluwe-Platz.

Was aber tun? Auch für Alfred Huth ist klar, „dass vermutlich nicht alle Anwohner an ihren privaten Kanalanschlüssen ans Netz Rückstauklappen eingebaut haben, obwohl sie dazu laut Entwässerungssatzung der Gemeinde verpflichtet sind“. Das wäre schon mal ein erster Schritt, glaubt auch Erwin Nelles. Der zweite Hochwasserschutz in Eigenregie ist die Abmauerung von Kellerschächten, wie sie einige Anwohner am St.-Stevens-Woluwe-Platz schon vorgenommen haben.

Das alles bietet aber keine 100-prozentige Sicherheit. Die Gemeinde plant daher zwei Entlastungsbauwerke (Notüberläufe) am St.-Stevens-Woluwe-Platz, die bei extremen Regenmengen das Wasser ums Ortszentrum herum abführen sollen. Doch dem Projekt muss die Bezirksregierung in Köln zustimmen. Für die Genehmigung muss die Dringlichkeit durch Extremregenereignisse – am besten im 100-Jahre-Vergleich – nachgewiesen sein. Zweimal, 2018 und eben am 12. August dieses Jahres, war das schon der Fall.

Neun Einsätze in einer Stunde

Im Oktober soll daher ein Ingenieurbüro mit der Untersuchung der Auswirkungen von Niederschlägen aufs Blankenheimer Abwassernetz beginnen. „Die Ergebnisse werden Ende des Jahres vorliegen“, hofft Erwin Nelles.

Dass sich das Risiko von Hochwasser in der Ahrstraße langfristig minimieren wird, glauben die drei Verwaltungsmitarbeiter nicht. „Stürme, lange Trockenheit mit Folgen wie dem massiven Borkenkäferbefall in den geschwächten Wäldern, und Starkregenereignisse – das sind Symptome des Klimawandels“, so Alfred Huth.

Schäden am Leitungsnetz als Mitursache des Hochwassers in der Ahrstraße schließt er aus. Man habe bei der letzten Kamerabefahrung des öffentlichen Netzes 2016 nur „partielle Schäden, kleinere Risse und Wurzeln“ gefunden. Die würden mit der anstehenden Umgestaltung der Ahrstraße behoben.