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D'r met Abstand schönste ZochDie Blankenheimer treiben den Winter aus – trotz allem

Lesezeit 4 Minuten
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Juh Jah ihr Jecke: Kein Corona dieser Welt kann die Blangemer Geister stoppen. 

Blankenheim – Man gebe dem Blangemer fünf Dinge: Ein Bettlaken, zwei Stückchen Kordel, ein bisschen weiße Schminke und eine Pechfackel. Schon ist er da, der Kribbel en dr Botz. Das genauso simple wie traditionsreiche Geisterkostüm anzulegen, wird den Menschen an der Ahrquelle wohl in die Wiege gelegt.

Dass auch die Kinder das mit dem Kostüm beherrschen und das Juh-Jah-Lied aus dem Effeff drauf haben, beweisen die kleinen Geister, die beim met Abstand schönsten Zoch mitmachen.

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Die Blangemer treiben den Winter aus.

Eins ist für Frank Bertram nach unserem Aufruf sofort klar gewesen: Die wohl traditionsreichste Karnevalsveranstaltung im Kreis darf bei diesem besonderen Corona-Zoch nicht fehlen. „409 Jahre Fastelovend en Blangem“, verkündet er stolz. Ob Lokalhistoriker an der Zahl etwas zu mäkeln haben, interessiert an der Ahr eh keinen.Im zweiten Corona-Jahr ist grade die Vorfreude ohnehin viel zu groß.

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Ein Hauch von Fastelovend, ein Fünkchen Geisterzug-Gefühl entsteht, als der Mini-Zoch sich von der Ahrquelle zum Zuckerberg verlagert.

Klar, ein Dutzend Blangemer sind nicht 2000 Geister, die in normalen, in Nicht-Corona-Zeiten, bei gutem Wetter durch die Gassen springen.

Klar, Prinz Karneval als Obergeist mit den weißen Flügeln auf dem Pferd fehlt. Die jecken Böhnchen springen nicht vorneweg, das Schellebäumche gibt nicht den Rhythmus vor.

De Musik spellt nit. Die geheimnisvoll-schaurige, rote Beleuchtung im Georgstor, wie sie die Jecken vom Karnevalssamstag kennen, ist in diesen Wochen undenkbar. Und natürlich sitzt auch keine Prinzessin am Fenster im Georgstor, um das Treiben von hoch oben anzuschauen.

Ein Dutzend Blankenheimer schafft Geisterzug-Atmosphäre

Aber mal ehrlich: Wie dieses Dutzend Blankenheimer es schafft, Geisterzug-Atmosphäre zu verbreiten und den Winter mit kleiner Mannschaft auszutreiben – davor kann man nur den Hut ziehen. Frank Bertram, der vor 21 Jahren als Prinz Karneval den Obergeist hoch zu Ross geben durfte, schlüpft nun ins Teufelskostüm.

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Klar, ein Dutzend Blangemer sind noch 2000 Geister. Doch die Gruppe schafft es, Geisterzug-Atmosphäre zu verbreiten.

Prinz hat er als Blankenheimerdorfer damals nur sein dürfen, da seine Freundin – und seit 20 Jahren Frau – Anja ein echtes Blangemer Mädchen ist. Seitdem ist Bertram aus dem Geisterzug nicht wegzudenken: Wenig später, als der bisherige Teufel aufgehört hat, hat er diese Traditionsfigur übernommen. Er trägt sein Samtkostüm und die Holzmaske, die Günter Breuer aus Blankenheim hergestellt hat. Und ein einigermaßen frisch operiertes Knie hält ihn im met Abstand schönsten Zoch nicht davon ab, das zu tun, was seit Jahren sein „Job“ im Geisterzug ist.

Jetzt geht’s los

D’r Zoch stellt sich op – mehr als 20 Gruppen und Vereine sind dem Aufruf zum virtuellen Karnevalszug gefolgt. In den kommenden Tagen stellen wir die Jecken vor – Alaaf. Hier finden Sie alle Gruppen, die mitmachen.

Wir beleuchten auch den Karneval in den Dörfern. Wie er sich entwickelt hat und wie er sich trotz Corona-Pandemie und Flutkatastrophe behauptet hat, nicht hat unterkriegen lassen.

Am Schluss der Aktion entsteht ein Video-Karnevalszug, der unsere Jecken in Szene setzt, auch wenn es in dieser Session auf der Straße nicht möglich sein wird. (eb)

Bertrams Bruder Ralf, Ute Blomenkamp und Christian Nelles sind die Hexen – ebenfalls Traditionsfiguren, die mit ihren Reisigbesen zum Winteraustreiben unerlässlich sind. Dahinter formiert sich mit Anja Bertram, Ute und Werner Johnen, Sandra, Thomas, Julia und Jonas Hellenthal sowie Angelika Schlemmer eine kleine, aber fantastisch laute, springfreudige und textsichere Geisterschar.

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Zünd’ de Lampe an: Ein echter Geist hat eine Pechfackel.

Oben am Zuckerberg wartet nicht der Pfarrer mit einem Schnaps, am Hirtentor ist’s ruhig. Bis die Geister kommen. Springen, kreischen, Juh Jah singen – das hat die Truppe einfach im Blut. Am Georgstor verwundert das womöglich den einen oder anderen Autofahrer. Aber wer dafür kein Jeckenherz hat, der soll doch einfach weiterfahren.

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Kribbel en dr Botz: Die Geister springen, singen und kreischen.

Leev Jecke: Corona hat diese Session nochmal gewinnen dürfen. Aber die Blangemer haben trotzdem den Winter ausgetrieben und machen damit Hoffnung auf einen schönen Sommer. Und auf 2023: Dann gibt’s wieder Fastelovend wie seit 400 Jahren an der Ahr, mit allen Geistern, die den Kribbel en dr Botz haben und mitspringen wollen.