Die Ermittlungen nach dem Tod eines Landwirts in Blankenheim laufen auf Hochtouren.
Im Traktor erschossenStaatsanwaltschaft: Tödlicher Schuss in Blankenheim wohl wegen Treibjagd gefallen
Nach dem Tod eines Landwirts im Bereich der Mülheimer Mühle bei Blankenheim geht die Staatsanwaltschaft Aachen nach bisherigen Erkenntnissen davon aus, dass es am 3. November tatsächlich bei einer Treibjagd zu dem tödlichen Schuss gekommen ist. Dabei ist ein 82 Jahre alter Landwirt auf seinem Traktor von einer Kugel tödlich verletzt worden.
Der Mann sei mit dem Traktor und dem Anhänger, auf dem er Holz geladen hatte, von der Eichergasse aus Fahrtrichtung Talgasse in Richtung Mülheimer Mühle durch das Waldgebiet gefahren. Der Forstweg sei zu diesem Zeitpunkt nicht abgesperrt gewesen.
Polizei hat Waffen der Mülheimer Jäger beschlagnahmt
Derzeit, so teilte die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen, Katja Schlenkermann-Pitts, am Donnerstag, 9. November, mit, werde in alle Richtungen ermittelt. Sie rechnet aber damit, dass es noch dauert, bis Klarheit in dem Fall herrscht. „Bisher lautet der Vorwurf fahrlässige Tötung“, so Schlenkermann-Pitts.
Wie Michael Beyer, Pressesprecher der Bonner Polizei, mitgeteilt hatte, habe man die Waffen der an der Jagd beteiligten Jäger sichergestellt. „Je nachdem muss auch die entsprechende Oberbekleidung der Jäger sichergestellt werden, um weitere Spuren auswerten zu können“, so Beyer.
Ballistische Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen
Wie viele Jäger bei der Drückjagd beteiligt waren, könne er nicht sagen, so der Polizeisprecher. Nach Informationen dieser Zeitung ist ein Projektil sichergestellt worden. Zudem werde eine Waffe konkreter untersucht, hieß es aus Polizeikreisen.
Laut Staatsanwaltschaft Aachen konnte das Projektil bisher aber noch keiner Waffe zugeordnet werden. Das Ergebnis des ballistischen Gutachtens, das vom Landeskriminalamt erstellt werde, stehe noch aus, sagte Schlenkermann-Pitts am Donnerstag der Redaktion.
Bodo Weranek, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, erklärt im Gespräch mit dieser Zeitung, dass im Bundesjagdgesetz verankert sei, dass nur an Orten gejagt werden dürfe, an denen die Jagd nach den Umständen des einzelnen Falles die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit nicht störe. Und das Leben von Menschen nicht gefährdet sein darf.
Eine Mülheimerin sagte im Gespräch, dass am Freitag nirgends Hinweise auf eine Jagd zusehen gewesen seien. Und das, obwohl „dies eine Strecke ist, auf der alle aus Gegend mit ihren Hunden spazieren gehen.“ Die fehlenden Hinweise monieren auch Mitglieder einer Kommission, die bei Beginn der Drückjagd einen Ortstermin an der Grillhütte in Mülheim durchführten. „Es waren, als die Jäger sich versammelten, keine Warnschilder aufgestellt“, teilte Marion Zöller vom Nabu-Kreisverband Euskirchen mit.
Laut Weranek müssen Jagdgesellschaften weder Treib- noch Drückjagden offiziell anmelden. „Es wäre sinnvoll, aber es besteht kein Zwang“, so der Vorsitzende der Kreisjägerschaft. Doch welche Regeln gelten für eine Durchführung der Jagd? Das sei in den Unfallverhütungsvorschriften festgelegt, die von den Landwirtschaftlichen Genossenschaften aufgestellt würden, so Weranek.
Zuständig für deren Umsetzung sei der jeweilige Jagdleiter. „Möglich sind Warnkleidung für die Teilnehmer der Jagd oder die Information von Passanten, aber auch eine eventuelle Geschwindigkeitsbeschränkung auf einer Straße, die durch das Jagdgebiet führt, die bei der Straßenverkehrsbehörde beantragt werden muss“, sagt der Experte: „Welche Regelungen beachtet werden müssen, kommt immer darauf an, wo die Jagd stattfindet. Eine Feldjagd ist eine andere Situation als eine Waldjagd.“
Bei der sogenannten Drückjagd sei der Druck, der auf das Wild ausgeübt werde, höher als bei einer Treibjagd – beispielsweise durch eingesetzte Hunde. „Welche Jagdart angewendet wird und welcher Druck ausgeübt wird, hängt von der Wildart ab, auf die gejagt wird. In der Regel findet eine Treibjagd eher auf Feld und Wiesen statt, während eine Drückjagd eher im Wald angewendet wird“, so Weranek.
Nach Jagdunfall bei Blankenheim: Jägerschaft erläutert Regelungen
In den Nachtstunden und bei Mondschein darf dem Experten zufolge nicht gejagt werden. Wenn eine Jagd angesetzt werde, sollte der Jagdleiter darauf achten, dass das Ende rechtzeitig festgelegt sei. Es dürfe auch nicht an jedem Tag im Jahr gejagt werden, sagt der Chef der Kreisjägerschaft. In NRW darf laut Gesetz an Sonn- und feiertags keine Treibjagd veranstaltet werden. „Für mich gibt es aber auch die ethische Einstellung, an einem Sonntag nicht zu jagen“, so Weranek.
Es gebe zudem unterschiedliche Schonzeiten für die Wildarten, die im Jagdrecht verankert seien. Allerdings unterscheiden sich laut Weranek da teilweise Bundesjagd- und Landesjagdgesetz. So dürfe der Graureiher in NRW nicht bejagt werden, in anderen Bundesländern schon.
Wenn ein Wild von den Jägern gesichtet sei, bestehe keine automatische Schussfreigabe. „Der Jäger muss kontrollieren, ob das vordere und das hintere Schussfeld frei sind und ob ein Kugelfang vorhanden ist“, sagt er. Ein Kugelfang sei beispielsweise gewachsener Boden. „Ein Wald oder ein Gesträuch darf kein Kugelfang sein. Diese Regelung ist in der Unfallverhütungsvorschrift Jagd festgeschrieben“, so Weranek.
Und was passiert, wenn man einen Jagdunfall verursacht hat? Da, so Weranek, gebe es keinen Automatismus. Ein Jagdunfall gehe also nicht einher mit dem direkten Verlust des Jagdscheins. „Da wird die Staatsanwaltschaft die Entscheidungen treffen. In dem Moment, wo Schusswaffen im Spiel sind, wird immer die Polizei mit einbezogen“, so der Vorsitzende.
Nichtjäger dürfen nach Angaben des Experten „als Treiber selbstverständlich an Jagdgesellschaften teilnehmen.“ Allerdings gebe es eine Altersbeschränkung für Kinder und Jugendliche. „Ich würde niemanden unter 18 Jahren mit auf eine Treib- oder Drückjagd nehmen“, sagt Weranek.