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WiederaufbauEltern in Arloff haben die Nase voll und wollen nicht mehr nur vertröstet werden

Lesezeit 5 Minuten
Die Bauarbeiten an der Grundschule Arloff nähern sich dem Ende. Doch das haben die Eltern schon öfter gehört

Die Bauarbeiten an der Grundschule Arloff nähern sich dem Ende. Doch das haben die Eltern schon öfter gehört

Unmut an der Grundschule Arloff: Die Fertigstellung des Wiederaufbaus verzögerte sich zum wiederholten Male. Eltern haben die Nase voll.

Viele Eltern von Schülern der Grundschule Arloff haben die Nase voll: Seit fast einem Jahr werden sie immer wieder vertröstet. Im Mai 2022 hieß es von der Verwaltung noch, dass der Schulbetrieb in der von der Flut stark betroffenen Schule Ende August wieder starten könne. Nach den Sommerferien wurde der Politik kein Termin mitgeteilt, Eltern wurden auf „nach den Herbstferien“ vertröstet. Im Bildungsausschuss kurz vor Weihnachten war dann von Ende Januar die Rede. Kürzlich wurde daraus „nach den Osterferien“.

Dem Grünen-Politiker Steffen Behringer, selbst Vater von Arloffer Grundschülern, platzte im Ausschuss der Kragen. Nun ziehen Vertreter der Schulpflegschaft und weitere Eltern nach. Ausgangspunkt war ein Elternabend der beiden dritten Klassen, die seit den Sommerferien in einem Raum gemeinsam unterrichtet werden. 40 Schüler säßen dort beengt zusammen. „Individuelle Förderung ist kaum möglich. Denn dafür fehlen die Räumlichkeiten“, sagen die Eltern, die namentlich nicht genannt werden wollen. Grundsätzlich werden die 40 Schüler auch von beiden Klassenlehrern unterrichtet. Aber zu oft komme es wegen personeller Engpässe vor, dass dann doch nur ein Lehrer vor der Klasse stehe. Dabei stellen die Eltern klar: „Die Kinder haben tolle Lehrer, die wirklich alles versuchen.“

OGS verteilt sich über mehrere Klassenräume

Solange noch unklar sei, wann die Offene Ganztagsschule (OGS) und die Kurzbetreuung in ihre Räumlichkeiten zurückkehren können, werde sich die räumliche Situation im restlichen Schulgebäude nicht entspannen, vermuten die Eltern. Der Grund: Die OGS hat Material in mehreren Klassenräumen untergebracht, unter anderem in dem, der laut Aussage der Stadt, die sich auf die Stadtschulleiterkonferenz von Donnerstag beruft, morgens von einer dritten Klasse und nach dem Unterricht von der OGS genutzt wird. „Wir wissen nicht: Werden die Klassenräume frei? Zurzeit kommt es zu einer vielfachen Doppelnutzung mehrerer Räume.“

Und dieses Unwissen bemängeln die Eltern. Es fehle an guter Kommunikation vonseiten der Stadt mit Wasserstandsmeldungen über den Sachstand. So sei unklar, wie es um den Schulhof stehe. Muss der auch saniert werden? Bekommen die Kinder eine weitere Baustelle vor die Nase gesetzt? Wurden die Kanäle geprüft? „Wir fühlen uns alleine gelassen“, sagen die Eltern.

Regelmäßige Baubesprechungen

Wie die Stadt mitteilt, gebe es seit Beginn der Sanierung regelmäßige Baubesprechungen, an denen auch die Schulleitung teilnehmen könne. Die Protokolle würden dem Schulamt zur Verfügung gestellt, das mit dem Hochbauamt die Schule und die Elternvertretung mündlich oder per E-Mail auf dem Laufenden halte. Zum Thema Schulhof schreibt die Stadt, dass Teile der Kanalisation durch die Flut beschädigt wurden oder abgesackt sind. Diese würden durch Schlauchliner erneuert. Dafür müssten nur Teilbereiche der Oberfläche geöffnet werden.

Die Eltern nennen noch weitere Mängel. Die Toilettensituation sei unbefriedigend. Der Container dürfe nur mit Aufsichtsperson in der Pause genutzt werden. Waschbecken seien undicht oder defekt, nur eine Toilettentür lasse sich abschließen. Die Reparatur, so die Eltern, müsste laut Hausmeister ausgeschrieben werden. „Diese Aussage bezog sich auf die noch zu sanierenden Pausentoiletten, die derzeit von einem Sanitärcontainer ersetzt werden“, teilt die Stadt mit. Laufende Reparaturarbeiten übernehme der Hausmeister. Mängel, die er nicht beheben könne, leite er an das Fachamt weiter. Das defekte Waschbecken sei repariert, ein neues Türschloss sei bestellt.

Ein Kleiderhaken für zwei Kinder

Und dann gibt es auch noch Kleinigkeiten, die für die Kinder aber Sicherheit bedeuten: So teilen sich zwei Kinder je einen Kleiderhaken. Klingt nach einer Lappalie, doch für die Kinder sei das ein Thema.

Die Eltern wissen, dass die Zerstörung der Schule immens war. Erdgeschoss, Turnhalle, Außengelände, Toiletten und Heizung wurden zerstört oder beschädigt. Und es wurde auch schon einiges geschafft. Das Erdgeschoss sei komplett saniert worden, so die Stadt. Wenige Heizkörper und Waschbecken sowie die elektrotechnische Anlage (ELA) müsste noch fertig montiert werden. Im Treppenhaus muss noch eine Schallschutzdecke angebracht werden, dort fehlen auch noch brandschutztechnische Verkleidungen der Leitungen. Die Küchenmöbelinstallation steht noch aus, neue Elektrogeräte wurden angeschafft.

Trinkwasser wird untersucht

Das Trinkwasser werde aktuell untersucht, die Stadt wartet auf Ergebnisse. Fallen diese positiv aus und ist die ELA bis Ende der Osterferien fertiggestellt, könnte das Erdgeschoss nach den Ferien genutzt werden. „Um den Schulbetrieb nicht weiter zu stören, werden die Osterferien genutzt, um die letzten Arbeiten zu erledigen“, so die Stadt.

Für die Eltern ist das frustrierend: „In der Stadt liegen neue Straßen, aber für unsere Kinder wird zu wenig getan.“ Die Stadt spricht davon, dass sich die Bewältigung der Flutfolgen zu einer umfangreichen Aufgabe entwickele. Die Situation im Bausektor habe sich verändert. Hinzu kämen im Arloffer Fall tragische Ereignisse wie der plötzliche Tod des Geschäftsführers des Fliesengewerks.

Angst, dass die Kinder auf der Strecke bleiben

Die Eltern haben Angst, dass einige Kinder auf der Strecke bleiben. Individuelle Förderung in der dritten Klasse sei nicht möglich. Kinder, die ohnehin ruhiger sind, gingen in der Masse unter. Außerdem litten sie unter der permanenten Geräuschkulisse der 40 Schüler und anschließend in der OGS.

Apropos Ganztag: Die Hausaufgaben- und Kurzbetreuung komme zu kurz. In der OGS könne nur das Minimalprogramm gefahren werden, weil es keinen Platz gebe. Aktuell ist die Kurzbetreuung wegen des Schulschlusses nach der vierten Stunde in den Räumen der ersten Klasse untergebracht, die OGS verteilt sich auf die anderen Räume. Die Doppelbelegung bedeute, so die Eltern, dass nichts, was in der OGS erarbeitet werde, stehen bleiben könne. Diese ganzen Defizite bereiten den Eltern Sorgen: „Wir haben Angst um unsere Kinder und fragen uns, ob man das alles noch mal aufgefangen bekommt.“